Analyse für 35 Länder

MB – 03/2023

Das Europäische Netzwerk für Sozialpolitik (ESPN) – eine Initiative der Europäischen Kommission aus 2014 – erstellt unabhängige Informationen zu sozialpolitischen Fragen in der Europäischen Union und den Nachbarländern. In dem aktuellen ESPN-Bericht geht es schwerpunktmäßig darum, wie die einzelnen Länder den Zugang sowie Informationen und die Geltendmachung von Sozialleistungsansprüchen transparent organisieren bzw. vereinfachen.

Ausgangspunkt des Berichts ist die Europäische Säule Sozialer Rechte und dort speziell der Grundsatz 12, das Recht auf angemessenen Sozialschutz. Zur Umsetzung dieses Grundsatzes nahm der Rat 2019 eine Empfehlung über den Zugang von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Selbstständigen zum Sozialschutz an. Der Bericht, der den Zeitraum 2017 bis Frühjahr 2022 umfasst, bezieht sich im Bereich der deutschen Sozialversicherung auf Leistungen bei Krankheit, Invaliditätsleistungen, Leistungen bei Alter und Hinterbliebenenleistungen sowie Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Zudem wird in dem Bericht auf die Eckpunkte nationaler Praktiken und Strategien für einen verbesserten Zugang zu Sozialsystemen, Vereinfachung des Zugangs sowie Verbesserungsvorschläge eingegangen.

Deutsche Sozialversicherung kaum betroffen

Basierend auf dem nationalen ESPN-Bericht für Deutschland werden die Zweige der deutschen Sozialversicherung insgesamt nur selten im zusammenfassenden ESPN-Bericht erwähnt. Dies ist der Fall bei den Themen personalisiertes Portal „SVLFG digital“, DRV-Kampagnen „#foralifetime“ und zur Grundrente und bei dem Gesetz zur Entwicklung und Umsetzung einer digitalen Rentenübersicht. Das erklärt sich u.a. dadurch, dass im deutschen Nationalplan zur vorgenannten Ratsempfehlung kein besonderer Handlungsbedarf seitens der Bundesregierung gesehen wurde und diese Einschätzung von den Berichterstellern des deutschen ESPN-Berichts geteilt wird.

Bessere Informationen für Plattformbeschäftigte und Selbstständige

Doch der Bericht formuliert Verbesserungsvorschläge, die auch in Deutschland Beachtung finden sollten. Das betrifft z.B. eine bessere Informationen für atypische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wie etwa Plattformbeschäftigte und Selbständige über den Zugang zu den Sozialversicherungssystemen sowie eine stärkere Beratung dieser Personengruppen. Der Zugang für Selbständige sollte insgesamt vereinfacht werden; ein wichtiger Punkt gerade im Hinblick auf die aktuelle deutsche Diskussion über die Einbeziehung aller Selbständigen in die gesetzliche Rentenversicherung.

Digitale Angebote der Sozialversicherung ausweiten

In Sachen Digitalisierung sollte das Angebot an Online-Rechnern für die meisten Sozialleistungen ausgedehnt werden und eine leicht zugängliche digitale Identifizierung für Online-Antragsverfahren gegeben sein. Die Straffung von (digitalen) Informationen, Vermeidung von Überschneidungen und Schaffung von einheitlichen Datenbanken sollte forciert werden, damit ein einfacher Zugang zu Informationen möglich ist.

Letztlich sollte die Einbeziehung der Sozialpartner und insbesondere der Zivilgesellschaft – z. B. Gruppen von Rentnern –  verstärkt werden. Somit könnte auch die digitale Kompetenz verbessert werden, so dass alle Bevölkerungsgruppen die digitalen Angebote im Bereich der Sozialversicherung auch tatsächlich nutzen können.