Aliquotierung ja oder nein?

MB – 04/2023

In Österreich wird auf der politischen Ebene über die Rentenanpassung – besser Pensionsanpassung wie es dort heißt – diskutiert. Um genau zu sein, geht es um die sogenannte Aliquotierung.

Aliquotierung – was ist das?

Der Begriff ist für deutsche Leser kein gängiger Ausdruck, so dass einleitend kurz erläutert werden soll, was damit in Österreich gemeint ist. Aliquotierung wird betriebswirtschaftlich als anteilige Berechnung von Ansprüchen für Personen für einen bestimmten Abrechnungszeitraum definiert. In Bezug auf die österreichische Rentenversicherung bedeutet dies, dass rentenberechtigte Personen, deren Rentenbeginn im Vorjahr der Rentenanpassung lag, grundsätzlich nur eine anteilige erste Rentenanpassung erhalten sollen. Dies ist entsprechend im § 108h Abs. 1a Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) geregelt: Person, die ihren Rentenbeginn im Vorjahr hatten, erhalten bei einem Beginn zwischen Februar und November zur Rentenanpassung zum 01.01. des Nachfolgejahres nur eine bestimmte Anpassung (90 bis 10 Prozent). Liegt der Rentenbeginn im November oder im Dezember, erfolgt zum 1. Januar des Folgejahres keine Anpassung, sondern die erste Erhöhung erfolgt erst mit dem zweitfolgenden Kalenderjahr. 

Inflationsausgleich oder Anpassung nach Gesetz

In Zeiten stark steigender Preise und einer hohen Inflation ist dies natürlich Gegenstand der politischen Auseinandersetzung. Die Regierungskoalition aus ÖVP und Grünen wollte daher eine zeitweise Aussetzung der Aliquotierung auf den Weg bringen, nachdem diese für 2023 bereits abgemildert wurde. Grundsätzlich betrug der Anpassungswert für österreichische Pensionen zum 1. Januar 2023 5,8 Prozent. Mit dem Anpassungsgesetz wurde aber ergänzend geregelt, dass die Anpassung für alle Rentenberechtigten im Ergebnis mindestens im Umfang von 2,9 Prozent erfolgt.

Im Sozialausschuss des österreichischen Parlaments – dem Nationalrat – konnte dazu am 23. März keine Einigung erfolgen, da die politischen Parteien in ihren Vorstellungen zu weit auseinander liegen. Während ÖVP/ Grüne eine zeitweise Aussetzung bevorzugen, fordert die SPÖ eine gänzliche Abschaffung, während die FPÖ eine außerordentliche Pensionsanpassung und einen „vollen Inflationsschutz“ per Antrag einfordert. Die NEOS – also die österreichischen Liberalen – fordern hingegen die Wiedereinführung einer einjährigen Wartefrist für die erste Pensionsanpassung. Vor diesem Hintergrund wurden alle Anträge vertagt.

Vergleich Österreich – Deutschland

Eine vergleichbare Diskussion wie in Österreich gibt es in Deutschland nicht; hier werden alle Renten – unabhängig vom Rentenbeginn – am 01. Juli 2023 mit 4,39 Prozent in den alten beziehungsweise 5,86 Prozent  in den neuen Bundesländern angepasst.