Arbeitskräftemobilität in der EU

ANG/SW – 04/2023

Seit Wochen streiken auf einer Raststätte in der Nähe von Darmstadt vor allem Lkw-Fahrerinnen und -Fahrer aus Usbekistan und Georgien, um gegen schlechte Arbeitsbedingungen, Arbeitszeitverstöße und ausgefallene Lohnzahlungen ihres polnischen Arbeitgebers zu protestieren. Dieses Ereignis wird nun auch auf europäischer Ebene diskutiert. Am 19. April kamen Abgeordneten des Europäischen Parlaments im Rahmen einer Plenartagung in Straßburg zu einer Aussprache mit der Europäischen Kommission und dem Rat zusammen. Der Unmut über die Arbeitsbedingungen der Fahrerinnen und Fahrer war parteiübergreifend groß.

Mobilitätspaket I – auch für Drittstaatsangehörige

EU-Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte, Nicolas Schmit, betonte, dass sich die Europäische Kommission für faire Mobilität einsetze und verwies auf das Mobilitätspaket I aus 2020, das Maßnahmen zur Gewährleistung der Sozialrechte enthalte, die gleichermaßen für Drittstaatsangehörige gelten, wenn sie in der EU beschäftigt sind.

Europäische Säule sozialer Rechte

Zudem führte er aus, dass alle EU-Staaten im Rahmen der Europäischen Säule sozialer Rechte eine gemeinsame Verpflichtung eingegangen seien, dass alle Menschen, die in der EU arbeiten, ein Recht auf gerechte Arbeitsbedingungen und Entlohnung sowie Gewährleistung eines ausreichenden Lebensstandards haben. Es dürfe keine zwei Klassen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der EU geben, so Schmit während der Aussprache in Straßburg vor den Abgeordneten des EU-Parlaments.

Ratsempfehlung zur Stärkung des sozialen Dialogs

Die Richtlinie über angemessene Mindestlöhne sehe zudem eine starke Rolle für Tarifverhandlungen vor. Die Kommission schlägt eine Ratsempfehlung zur Stärkung des sozialen Dialogs vor, die die Tarifverhandlung auf nationaler Ebene erleichtern soll.

Nationalstaaten in der Pflicht

Laut Schmit müssen die bestehenden Gesetze von den Mitgliedstaaten konsequent umgesetzt werden. Sie sollen etwa die Genehmigung für Unternehmen aufheben, wenn sich nicht an die Vorschriften in der EU gehalten wird. Zudem solle ein Informationssystem eingerichtet werden, um den Informationsaustausch zwischen den nationalen Behörden zu erleichtern. Darüber hinaus habe die Europäische Arbeitsbehörde die Befugnis, gemeinsame koordinierte Inspektionen durchzuführen.

Erste Teilerfolge erzielt

Nach Gesprächen mit den Streikenden und dem Unternehmen, sind vereinzelt Löhne gezahlt worden. Zudem hatte auch ein deutsches Unternehmen den Vertrag mit dem polnischen Logistikunternehmen gekündigt. Am 26. April akzeptierte die Spedition die Bedingungen und der Streik in Gräfenhausen endete. Das Thema wird die europäische Politik dennoch weiter beschäftigen.