Keine Einbeziehung der Rentenversicherung in den Anwendungsbereich

VS – 05/2023

Nach langen Diskussionen haben sich die Mitglieder des Rechtsausschusses des Europäischen Parlaments auf einen Kompromiss zum Europäischen Lieferkettengesetz verständigt und am 25. April 2023 den Berichtsentwurf von Lara Wolters (S&D, NL) angenommen. Darin wird der Bezug zu gesetzlichen Rentenversicherungsträgern im Anwendungsbereich gestrichen.

Die Europäische Kommission hatte am 23. Februar 2022 einen Richtlinienvorschlag (europäisches Lieferkettengesetz) mit dem Ziel vorgelegt, Menschen- und Kinderrechte entlang globaler Lieferketten zu schützen und den Umweltschutz zu stärken. Zu den vom Anwendungsbereich betroffenen Finanzunternehmen sollten nach den Vorstellungen der Europäischen Kommission auch die gesetzlichen Rentenversicherungsträger im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 gehören.

Der Rat hatte sich bereits am 1. Dezember 2022 auf eine Verhandlungs-

position für die geplante EU-Richtlinie verständigt und darin die Einbeziehung der gesetzlichen Rentenversicherungsträger in eine Kann-Bestimmung umformuliert. Danach soll es den Mitgliedstaaten nun freistehen, die gesetzlichen Rentenversicherungsträger als Finanzunternehmen einzubeziehen. Der Rechtsausschuss des Europäischen Parlament ist noch einen Schritt weiter gegangenen und hat eine Einbeziehung der gesetzlichen Rentenversicherungsträger abgelehnt.

Position der deutschen Sozialversicherung

Die deutsche Sozialversicherung (DSV) hatte im Rahmen einer ersten Stellungnahme unterstützt, dass alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer innerhalb und außerhalb der EU einen Zugang zu gesunden Arbeitsbedingungen haben. Auch sollen Kinder- sowie Zwangsarbeit weltweit abgeschafft werden. Die Absicht der Europäischen Kommission in den Anwendungsbereich auch die Rentenversicherungsträger mit einzubeziehen, wurde dagegen kritisch gesehen.

Nach Auffassung der deutschen Sozialversicherung würde dies eine Abkehr vom bisherigen Verständnis des Begriffs „Unternehmen“ auf europäischer Ebene und in der europäischen Rechtsprechung darstellen. Dies gilt auch für die in der Verhandlungsposition des Rates vorgenommene Um-

formulierung in eine Kann-Bestimmung.

Die gesetzlichen Rentenversicherungsträger sind Institutionen des Systems der sozialen Sicherheit und keine wirtschaftlichen Unternehmen im Sinne des EU-Rechts. Daher hatte die DSV in einer weiteren Stellungnahme vorgeschlagen, den Bezug auf die gesetzlichen Rentenversicherungsträger zu streichen. Die vom Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments vorgenommene Streichung wird durch die DSV daher begrüßt.

So geht es weiter

Am 1. Juni wird der Bericht ins Plenum des Europäischen Parlaments eingebracht. Nachdem das Europäische Parlament seinen Standpunkt festgelegt hat, können die Verhandlungen mit dem Rat über den endgültigen Wortlaut der Rechtsvorschriften beginnen. Angestrebt wird eine Einigung bis zum Jahresende, damit die Richtlinie noch während des Mandats der amtierenden Europäischen Kommission in Kraft treten kann.