Plattformbeschäftigung
Schweden unterbreitet Kompromissvorschlag
VS – 05/2023
Die EU-Kommission hat am 9. Dezember 2021 einen Richtlinienentwurf
zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit vorgelegt. Hintergrund
ist, dass Plattformarbeitskräfte häufig als Selbstständige eingestuft werden
und in den meisten europäischen Rechtssystemen daher keinen oder nur einen begrenzten
Zugang zu Sozialversicherungssystemen haben. Mit Hilfe der Richtlinie (RL)
sollen einheitliche Kriterien für eine bessere Abgrenzung der Plattformen als
etwaige Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden.
Während das Europäische Parlament am 2. Februar seinen
Standpunkt verabschiedet hat, ist es unter der tschechischen Präsidentschaft nicht
gelungen, im Rat einen Kompromiss zu finden. Die schwedische
Ratspräsidentschaft hat nun einen neuen Kompromissvorschlag vorgelegt.
Gesetzliche Beschäftigungsvermutung
Zwischen den Mitgliedstaaten sind vor allem die Regelungen
zur Vermutung des Arbeitnehmerstatus strittig; die Europäische Kommission
benennt in dem RL-Entwurf Kriterien
anhand derer der Arbeitnehmerstatus geprüft werden kann. Wenn zwei der
Kriterien vorliegen, liegt eine Beschäftigung vor und die
„Beschäftigungsvermutung“ muss durch ein Verwaltungsverfahren, inkl.
rechtlicher Überprüfungsmöglichkeit, abgesichert werden. Die schwedische
Präsidentschaft versucht einen Kompromiss zwischen den Befürwortern des
Richtlinienvorschlags und den Ländern zu finden, aus deren Sicht die Optionen
für eine Selbständigkeit zu stark begrenzt werden.
Schweden hat im Kompromissvorschlag die Anwendung der
Kriterien für die Vermutung des Arbeitnehmerstatus weiter konkretisiert. Im
aktuellen Kompromiss wird daher klargestellt, dass die Einräumung eines
Ermessensspielraums lediglich eine Option und keine Verpflichtung sein muss.
Auch wird der Anwendungsbereich dieser Ausnahmeregelung eingegrenzt und an zwei
Bedingungen geknüpft: Die zuständigen Behörden handeln auf eigene Initiative
und es ist für sie offensichtlich, dass es sich um kein Arbeitsverhältnis im
Sinne der nationalen Rechtsvorschriften oder Tarifverträge handelt.
Tschechien hatte dagegen im vergangenen Jahr eine allgemeine
Ausnahmeregelung für die Anwendung der Vermutung vorgeschlagen: Die zuständigen
nationalen Behörden sollten danach „nach eigenem Ermessen“ von der Vermutung
absehen können, wenn diese nicht gerichtssicher belegt werden kann. Die
Niederlande, Belgien und Spanien sahen dies kritisch, da sie hierin zu große
Spielräume sehen.
Gleiche Rechte für alle Arbeitnehmer
Die schwedische Präsidentschaft hat ferner eine
Konkretisierung aufgenommen, so dass jeder neu eingestufte Plattform-Beschäftigte
die ihm zustehenden, allgemeinen Arbeitnehmerrechte in Anspruch nehmen kann. Wichtig
ist der schwedischen Ratspräsidentschaft auch, dass die Europäische Kommission
der Problematik der Arbeitnehmerüberlassung in ihrem RL-Vorschlag Rechnung
trägt und es eine klare Verpflichtung geben sollte, Vermittler in den
Anwendungsbereich der Richtlinie einzubeziehen.
Wie geht es weiter
Die schwedische Ratspräsidentschaft möchte, dass der Rat im
Juni eine gemeinsame Position der Mitgliedstaaten verabschiedet. Gelingt dies
nicht, kann der Trilog eventuell nicht mehr in dieser Legislaturperiode
abgeschlossen werden.