TÜV Rheinland ist seiner Kontroll- und Sorgfaltspflicht nicht ausreichend nachgekommen

CC – 06/2023

Der oberste französische Gerichtshof bestätigte am 25. Mai die Verantwortung des TÜV Rheinland in der Affäre um die fehlerhaften Brustimplantate des französischen Herstellers Poly Implant Prothèse (PIP). Die Richter des französischer Kassationsgerichtshof erklärten in ihrem Urteil, dass der TÜV Rheinland bei der Prüfung der Implantate seinen Kontroll-, Sorgfalts- und Wachsamkeitspflichten nicht nachgekommen sei.

Der Kassationsgerichtshof befasste sich mit vier Urteilen französischen Berufungsgerichten zur Entschädigung von Opfern des Skandals. Unter anderem wurde ein Urteil des Berufungsgerichts Versailles, das keine Haftung des TÜV Rheinlands gesehen hatte, aufgehoben. Ein anderes wird teilweise wieder aufgerollt. Die Fälle wurden an das Berufungsgericht Lyon zurückgewiesen. Das letztinstanzliche Urteil ist ein Schritt auf dem Weg zu Schadensersatz für Zehntausende von betroffenen Frauen.

Rückblick

Der Gesundheitsskandal um mangelhafte Brustimplantate ist im März 2010 von den französischen Gesundheitsbehörden aufgedeckt worden. Die Implantate des inzwischen insolventen Herstellers PIP wurden mit billigem Industrie-Silikon statt mit einem vorgeschriebenen Silikongel gefüllt. Die Implantate sind reißanfälliger und das Silikongel flüssiger, sodass es leichter austreten und in das umliegende Gewebe eindringen kann. Tausende Frauen mussten erneut operiert werden.

Als Produktzertifizierer war der TÜV Rheinland verantwortlich für die Zertifizierung des Qualitätssicherungsverfahren von PIP. Die Zahl der Frauen mit PIP-Implantaten wird weltweit auf 400.000 geschätzt. Tausende von Frauen auf der ganzen Welt sind von dem Betrug durch das Unternehmen PIP betroffen.

Medizinprodukteverordnung

Als Reaktion auf den Skandal um die mangelhaften Brustimplantate wurde 2017 die Medizinprodukteverordnung (MDR) erlassen. Sie stellt grundlegende Änderungen im Zulassungsprozess von Medizinprodukten dar. Ziel ist es, die Qualität, Sicherheit und Leistungsfähigkeit der Medizinprodukte zu verbessern. Rund 20.000 Instrumente, Geräte und Hilfen müssen (re-)zertifiziert werden. Im Frühjahr 2023 wurden die Übergangsfristen der MDR verlängert, um Engpässe zu vermeiden.