Mehr Flexibilisierung oder mehr Regulierung?

IF – 09/2023

Die Europäische Kommission hat vor der Sommerpause einen Vorschlag zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 hinsichtlich der Mindestanforderungen an Mindestfahrtunterbrechungen sowie die täglichen und
wöchentlichen
Mindestruhezeiten im Sektor des Personengelegenheitsverkehrs vorgelegt. Dieser sieht eine Flexibilisierung der festgelegten Ruhezeiten der Fahrerinnen und Fahrer von Touristenbussen vor.

Unterwegs quer durch Europa

Die Berufsgruppe der Fahrerinnen und Fahrern von Reisebussen ist nicht vergleichbar mit LKW- oder Linienbusfahrerinnen und -fahrern. Vor allem in saisonbedingten Hochzeiten, wie den Sommer- und Wintermonaten, müssen längere Strecken gefahren werden. Zum Schutz der Fahrerinnen und Fahrer sind Arbeitsbedingungen, Mindestfahrtunterbrechungen und Ruhezeiten unerlässlich, die dem Rechnung tragen. Um den körperlichen Bedürfnissen flexibler nachzukommen sowie die Lebensqualität und die Sicherheit im Straßenverkehr zu steigern, fordert die Europäische Kommission eine Flexibilisierung der Ruhezeiten.

Stopp der Überregulierung

Das Europäische Parlament  hat das Dossier im federführenden Verkehrsausschuss (TRAN) und im mitberatenden Ausschuss für Soziales und Beschäftigung (EMPL) Mitte September diskutiert. Die Berichterstatterinnen Henna Virkkunen (EVP/FIN) für den TRAN-Ausschuss und Marianne Vind (S&D/DK) für den EMPL-Ausschuss, haben eine erste Einschätzung abgegeben. Die Abgeordneten sahen während der Diskussion grundsätzlich keinen Bedarf, mehr Regularien einzuführen, sondern befinden die bisher geltenden harmonisierten Regeln für den Straßen und Güterverkehr, auf den sich die Verordnung (EG) Nr. 561/2006 bezieht, für gut. Jedoch sollte aufgrund des belastenden Arbeitsalltags, vielen Nachtfahrten und einem erhöhtem Ermüdungsgrad auch das fehlende Gleichgewicht zwischen Arbeit und Familie und einem geregelten Arbeitsalltag laut den Berichterstatterinnen berücksichtigt werden. Daher sollen die Fahrerinnen und Fahrer ihren Pausen nachgehen, ohne überreglementiert zu sein. Viele Abgeordnete sehen eine Flexibilisierung kritisch, da die fixen Pausen sonst nicht eingehalten werden oder im schlimmsten Fall gar nicht konsumiert werden würden.

Noch Diskussionsbedarf zwischen den Institutionen

Der fertige Bericht des Europäischen Parlaments wird noch in diesem Jahr final abgeschlossen, jedoch gehen die Abgeordneten von keiner raschen Einigung mit der Europäischen Kommission aus. Diese zeigte sich bereits in der Debatte im EMPL-Ausschuss „enttäuscht“ von den Inhalten des vorgelegten Berichtsentwurfs.