LKW-Fahrerinnen und -fahrer streiken für Lohn

IF – 10/2023

Es kommt nicht oft vor, dass Arbeitnehmerstreiks auf europäischer Ebene eine so große mediale und politische Aufmerksamkeit erhalten, wie die streikenden Gruppen von LKW-Fahrerinnen und -fahrer auf der deutschen hessischen Raststation Gräfenhausen. Man könne gar von filmreifen Szenen sprechen, denn die Spedition ließ eigens Schlägertrupps senden, die die LKW-Fahrerinnen und-fahrer massiv bedrohten und einschüchterten. Dieses Verhalten führte nicht nur zu Entsetzen in der Politik, sondern auch in der eigenen Branche. Die Praktiken einiger weniger Unternehmen gelten als undurchsichtig und wenig arbeitnehmerfreundlich.

Auslöser des Streiks

Öffentlich wurde der Missstand über eine in Europa ansässige Spedition, die ihren LKW- Fahrerinnen und -fahrern den Lohn verweigerten. Nicht nur die betreffende Spedition habe sich schuldig gemacht, sondern auch belieferte Unternehmen sowie Subunternehmen, die Teil der Lieferkette in der Europäischen Union waren. Der Streik dauert fast zwei Monate und beschäftigte sozialpolitische Europapolitiker um und in Brüssel. 110 LKW´s standen auf einem Rastplatz und weigerten sich ihre Waren auszuliefern. Auch ehemalige Fahrerinnen und Fahrer der betreffenden Spedition ohne LKW´s waren gekommen, um sich dem Protest anzuschließen und die Löhne zu fordern, welche das Unternehmen ihnen monatelang schuldete.

Einigung erzielt durch europäische Zusammenarbeit

Der politische Druck gegen die arbeitnehmerfeindlichen Zustände zeigte Wirkung und der noch ausstehende Lohn wurde von einem betroffenen Unternehmen in der Lieferkette ausbezahlt. Das Europäische Lieferkettengesetz ist ein guter Anfang um für faire und transparente Behandlung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern einzustehen. In enger Kooperation mit dem deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und der niederländischen Gewerkschaft für Transportarbeiter (itf) haben die Geschädigten nach zähen Verhandlungen Lohnnachzahlungen erhalten und die betreffende Spedition hat zugesagt nicht rechtlich gegen die Streikenden vorzugehen.

Erleichterung groß, aber Konsequenzen notwendig

Viele Europaabgeordnete besuchten die Streikenden und es ergaben sich nicht nur Probleme bei den Löhnen, sondern auch andere Missstände wurden thematisiert wie fehlende sanitäre Anlagen als auch sichere und ausreichende Parkplätze entlang der europäischen Routen. Die beiden Europaabgeordneten Gaby Bischoff (S&D/DE) und Agnes Jongerius (S&D, NL) forderten eine Sicherstellung, dass solche Missstände nicht wieder auftreten. Europa sollte politische Konsequenzen daraus ziehen, um alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor derartigen Ausbeutungen in Europa weiterhin zu schützten.

Reaktion der Europäischen Kommission

Die Europäische Kommission verweist auf den europäischen Mobilitätspakt. Die Arbeitsbedingungen der Fahrerinnen und Fahrer und der Kampf gegen unfaire Praktiken in diesem Sektor stehen im Mittelpunkt des beschlossenen Mobilitätspakts und sind eine Priorität für die Europäische Kommission. Nach Konsultation der Mitgliedstaaten und Interessengruppen wurden Leitlinien mit der Europäischen Arbeitsbehörde erarbeitet. Im Bereich der Entsendung gibt es bereits eine öffentliche Schnittstelle zum Binnenmarktinformationssystem (IMI) für entsendende Fahrerinnen und Fahrer im Straßenverkehrssektor. Die Unternehmen können Entsendungserklärungen einreichen und den zuständigen Behörden, zur Überprüfung übermitteln. Derzeit laufen Vertragsverletzungsverfahren gegen 16 Mitgliedstaaten.

Besserung erforderlich

Die Transportbranche leistet einen wichtigen Job für das Funktionieren der Gesellschaft, des freien Warenverkehrs und dadurch einen großen Beitrag zum europäischen gemeinsamen Binnenmarkt. Bestehende Schutzregeln sollen verbessert werden, beispielsweise durch die Verbesserung von Kontrollen und Regelungen, um den Arbeitnehmerschutz langfristig zu gewährleisten.