Gute Versorgung, faire Preise: DSV-Statement zur Europäischen Arzneimittelreform
Sichere und bezahlbare Arzneimittelversorgung für Europa sichern
CC – 01/2024
3000 Änderungsanträge im Fokus
Die Arzneimittelreform der Europäischen Union (EU) nimmt im Europäischen
Parlament Fahrt auf, nachdem Abgeordnete des Gesundheitsausschusses ihre
zahlreichen Änderungsanträge zu den Berichtsentwürfen der beiden
Berichterstatter Tiemo Wölken (S&D, DE) und Pernille Weiss (EVP, DK)
eingebracht haben. Insgesamt liegen 3563 Änderungsanträge zum Berichtsentwurf
zum Verordnungsvorschlag und zum Richtlinienvorschlag vor. Grundsätzlich sind die Anzahl und inhaltliche Bandbreite der eingereichten
Änderungsanträge sehr groß. Während die Fraktionen links der Mitte, also S&D,
Grüne und Linke eher einen industriekritischen Blick auf die Berichtsentwürfe
haben, sind die Änderungsanträge von EVP, der liberalen Renew, EKR und ID eher
industriefreundlich.
Die DSV verfolgt die politischen Diskussionen im Parlament und
weist in ihrem Statement nochmals auf wesentliche Punkte zur EU-Arzneimittelreform hin:
Transparenz bei der Finanzierung von Arzneimittelinnovationen
Erfreulicherweise sprechen sich viele Abgeordnete für mehr
Transparenz bei der Finanzierung von Arzneimittelinnovationen aus. Demnach
sollen die Arzneimittelhersteller künftig nicht nur in Datenbanken offenlegen,
ob und wie viel finanzielle Unterstützung sie von öffentlichen Stellen erhalten
haben, sondern darüber hinaus deutlich machen, wie viel Geld sie für die
Erforschung und Entwicklung neuer Arzneimittel aufwenden. Dies ist entscheidend
für Preisfestsetzungs- und Erstattungsverfahren.
Exklusivitätszeiten
Die politischen Differenzen zwischen den Fraktionen zeigen
sich insbesondere bei den Änderungsanträgen zur Länge und der Staffelung von
Schutzfristen sowie bei den zur Diskussion stehenden Anreizen zur Herstellung
von Arzneimitteln. Angesichts dessen warnt die DSV vor längeren
Exklusivitätszeiten für neue Arzneimittel. Die zum Teil vorgeschlagenen
Verlängerungen werden massive Auswirkungen auf die Arzneimittelpreise haben, da
sie die Monopole für Blockbuster-Arzneimittel weit über den derzeitigen
Rechtsrahmen hinaus ausdehnen und erhebliche Auswirkungen auf die
Kostenbelastung der Gesundheitssysteme haben – und damit zulasten einer
bezahlbaren Versorgung der Bürgerinnen und Bürger gehen.
Transparenz über Schutzfristen
Der Erhöhung der Transparenz über den Ablauf von
Schutzfristen wird von den Abgeordneten unterschiedlicher Wert beigemessen.
Während die liberal-konservativen Fraktionen mehr Transparenz über Markt- und
Datenschutz ermöglichen wollen, gehen zum Beispiel die Grünen darüber hinaus
und fordern Transparenz auch über Patenschutzfristen. Die DSV teilt diese
Forderung. Es ist sinnvoll, dass die Schutzfristen von regulatorischem Schutz,
aber auch vom Patentschutz öffentlich einsehbar sein sollten, um den Wettbewerb
von Generika und Biosimilars zu fördern.
Ausbau des Arzneimittelengpassmonitorings über das EMVS
Die Gesundheitsabgeordneten sind sich grundsätzlich einig
über die Notwendigkeit einer verbesserten Überwachung von
Arzneimittelengpässen. Hier fordern alle Fraktionen eine stärkere Überwachung,
zum Beispiel über das European Medicine Verification System (EMVS). Die DSV
unterstützt die Vorschläge, das EMVS für ein umfassendes Arzneimittelmonitoring
zu nutzen, um Liefer- und Versorgungsengpässe frühzeitig zu erkennen. Zudem
sollten die Arzneimittelhersteller verstärkt dazu verpflichtet werden, Engpässe
bei Arzneimitteln zu melden. In Bezug auf die Regelungstiefe gibt es in den
eingegangenen Änderungsanträgen unterschiedliche Forderungen zwischen den
links-grünen und liberal-konservativen Fraktionen.
Das gesamte Statement der DSV ist hier abrufbar.
Wie geht es weiter?
Die Berichterstatter und Schattenberichterstatter der
jeweiligen Fraktionen im Europäischen Parlament verhandeln nun über inhaltliche
Kompromisse. Am 7. März sollen die Berichtsentwürfe dem Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) zur
Abstimmung vorgelegt werden. Das Plenum wird voraussichtlich am 10. April über
die beiden Berichtsentwürfe abstimmen. Dieser Zeitplan kann sich jederzeit
ändern und es ist weiterhin unklar, ob sich das Europäische Parlament noch in
dieser Legislatur auf eine gemeinsame Position einigen kann. Angesichts der
Vielfalt der Meinungen scheint dies eine Herausforderung zu sein. Im Rat haben
die inhaltlichen Beratungen in der Ratsarbeitsgruppe Gesundheit erst kürzlich begonnen.