Belgische Rentenreform in Kraft getreten
Voraussetzung für die Mittelfreigabe aus dem EU-Wiederaufbaufonds.
VS – 01/2024
Am 1.
Januar ist die belgische Rentenreform in Kraft getreten. Damit kommt
Belgien der Forderung der Europäischen Kommission nach, die finanzielle und
soziale Tragfähigkeit des Rentensystems zu verbessern. Die Europäische
Kommission hatte die Freigabe von 300 Millionen Euro aus dem
EU-Wiederaufbaufonds an die Erfüllung dieser Forderung geknüpft.
Mit
der Reform sollen der Anteil der Rentenausgaben am Bruttoinlandsprodukt bis
2070 um 0,5 Prozentpunkte sinken, die Erwerbstätigkeit jenseits des
Regelaltersgrenze steigen und die Frauen besser abgesichert werden.
Zugang zur Mindestrente – bessere Absicherung von Frauen
Im
Rahmen der Rentenreform vom Juli 2022 wurden die Bedingungen für den Bezug der
Mindestrente verschärft. Danach sind neben 30 Anwartschaftsjahren zukünftig 20
Berufsjahre Voraussetzung für den Bezug einer Mindestrente.
Die Anzahl
der notwendigen Berufsjahre wird dabei schrittweise erhöht. Alle, die bei
Inkrafttreten der Reform 61 Jahre oder älter waren, müssen keine Berufsjahre
vorweisen. Für die jüngeren Jahrgänge wird die Anforderung schrittweise erhöht.
Für die Versicherten, die zu diesem Zeitpunkt 53 Jahre oder jünger sind, gelten
die vollen 20 Jahre.
Diese
Erhöhung der Anspruchsvoraussetzungen geht vor allem zu Lasten von Frauen. Deren
Erwerbszeiten sind im Allgemeinen kürzer und weisen öfter Unterbrechungen auf. Mit
der Reform werden nun mehr Pflege- und Familienzeiten als Berufsjahre gewertet.
Auch kurze Phasen der Arbeitslosigkeit werden jetzt als Berufsjahre angerechnet.
Die belgische Ministerin für Pensionen und soziale Eingliederung, Karine
Lalieux, betont in diesem Zusammenhang, das übergeordnete Ziel, den Gender
Pension Gap (zu Deutsch „Geschlechtsspezifisches Rentengefälle") auch durch Anpassungen innerhalb des Rentensystems zu reduzieren.
Gültig
bleibt die bisherige Regelung, dass für den Bezug der vollständigen
Mindestrente von aktuell 1.619 Euro eine nach belgischem Recht vollständige
Erwerbszeit von 45 Jahren benötigt wird. Hat jemand 30 Jahre gearbeitet,
reduziert sich der Anspruch entsprechend auf zwei Drittel dieses Betrags.
Rückkehr des Rentenbonus
Der
Rentenbonus, der noch unter der Regierung des heutigen Präsidenten des
Europäischen Rates, Charles Michel, abgeschafft worden war, wird zum 1. Januar
2025 wieder eingeführt. Versicherte, die die Voraussetzungen für einen
vorzeitigen Rentenbezug erfüllen, sollen dadurch einen Anreiz erhalten, länger
zu arbeiten. Der Bonus richtet sich dabei an Versicherte, die über eine
vollständige Versichertenzeit von 42 Berufsjahren verfügen und damit
abschlagsfrei in Rente gehen können. Bei einem späteren Renteneintritt können
diese nicht nur weitere Rentenansprüche aufbauen, sondern einen Rentenbonus
erhalten. Dieser steigt über einen Zeitraum von drei Jahren schrittweise auf
22.645 Euro netto an und kann auch als Einmalzahlung ausgezahlt werden.
Kürzung bei Beamten und Verdoppelung des Wijninckx-Beitrags
Während
in Belgien die Renten von abhängig Beschäftigten und Selbstständigen
preisindexiert sind, wurden die Beamtenpensionen entsprechend der
Gehaltsentwicklung der aktiven Beamten angepasst. Diese Anpassung wird von nun
an maximal 0,3 Prozentpunkte über der Preisindexierung der Renten liegen.
Auch der
Wijninckx-Beitrag, ein Solidarbeitrag zur Sozialversicherung auf hohe
Arbeitgeberbeiträge zur zusätzlichen Altersvorsorge, wird angehoben. Im Rahmen
der Reform ist dieser von drei Prozent auf sechs Prozent gestiegen.
Weitere Reformschritte geplant
Die
Reformen für ein soziales und finanziell tragfähiges Rentensystem sollen weitergehen.
Zu diesem Zweck hatte die Regierung die Sozialpartner aufgefordert, gemeinsame
Vorschläge bis Ende letzten Jahres zu entwickeln. Die Sozialpartner haben
jedoch mitgeteilt, dass die diese nicht vor Ende der Legislaturperiode im Juni vorliegen werden.