Gesundheit und die EU
Große Fortschritte bei Gesundheitsdossiers in dieser Legislaturperiode.
CC – 04/2024
Vor einem Jahr hätten viele nicht geglaubt, dass die
Gesetzgebungsprozesse zur europäischen Arzneimittelreform oder zum Europäischen
Gesundheitsdatenraum (EHDS) noch in dieser Legislaturperiode große Fortschritte
machen oder gar abgeschlossen werden könnten. Während der COVID-19 Pandemie war
die Gesundheitspolitik eine zentrale Priorität der Europäischen Kommission.
Angesichts des Angriffskrieges Russlands in der Ukraine und der Eskalation des
Nahostkonfliktes sind die gesundheitspolitischen Aktivitäten der Europäischen
Union jedoch nicht mehr so stark in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Dies
wurde spätestens nach der letzten Rede zur Lage der Union deutlich, als
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen das Thema Gesundheit nicht
erwähnte. Dennoch wurde in der nun zu Ende gehenden Legislaturperiode in diesem
Bereich politisch viel auf den Weg gebracht - und abgeschlossen.
Europäischer Gesundheitsdatenraum
Die Abkürzung EHDS, die für den Europäischen
Gesundheitsdatenraum steht, ist in Brüssel und mittlerweile auch in Berlin und
anderen Hauptstädten ein Begriff. Nicht zuletzt hat die Verordnung zum Aufbau eines
Europäischen Gesundheitsdatenraums direkte Auswirkungen auf die
Mitgliedsstaaten - die Digitalisierung und Datennutzung im Gesundheitswesen
erhält mehr Gewicht und Verbindlichkeit. Ziel des EHDS ist es, den Zugang zu
und die Kontrolle über persönliche elektronische Gesundheitsdaten (primäre
Datennutzung) sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene zu verbessern und die
Weiterverwendung der Daten (sekundäre Datennutzung) für Forschung, Innovation
und politische Entscheidungsfindung in der gesamten EU zu erleichtern. Der
Verordnungsvorschlag wurde von der Europäischen Kommission vor zwei Jahren, im
Mai 2022, vorgelegt. Zwei Jahre später, am 24. April dieses Jahres haben die
Europaabgeordneten die mit den Mitgliedstaaten getroffene politische Einigung
gebilligt. Im
letzten Schritt wird der Rat die politische Einigung billigen. Die Umsetzung
des EHDS wird schrittweise ab 2026 beginnen. Es ist ein großer Erfolg, ein so
komplexes und technisches Dossier innerhalb von zwei Jahren auf europäischer
Ebene abzuschließen und die Regelungen in Kraft zu setzen.
Die DSV hat sich in ihrer Stellungnahme unter anderem dafür eingesetzt, dass die Mitbestimmungsmöglichkeiten der
Mitgliedstaaten gestärkt werden. In Deutschland beginnt mit dem Gesetz zur
Verbesserung der Nutzung von Gesundheitsdaten (GDNG) und dem Gesetz zur
Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (DigiG) bereits die
parallele nationale Umsetzung des EHDS.
Arzneimittelreform
Nach zahlreichen Verschiebungen hatte die Europäische
Kommission im April 2023 ihr Arzneimittelpaket vorgelegt. Dessen zentrale
Bestandteile sind ein Verordnungs- und ein Richtlinienvorschlag. Beide zielen
darauf ab, den Zugang, die Bezahlbarkeit und die Verfügbarkeit von
Arzneimitteln in der Europäischen Union zu sichern und zu verbessern. Darüber
hinaus wird der Modernisierung der Zulassungsverfahren und der Schaffung einer
verbindlichen Umweltverträglichkeitsprüfung mehr Bedeutung beigemessen. Von
Anfang an war klar, dass die rund 400 Artikel nicht innerhalb der
Legislaturperiode abgeschlossen werden können. Dennoch hatte sich das
Europäische Parlament zum Ziel gesetzt, sich zumindest auf eine Position zu
einigen. Dies gelang den Abgeordneten am 10. April, als das Plenum die Berichte
der Berichterstatter mit großer Mehrheit annahm. Angesichts der sehr
unterschiedlichen Standpunkte der Berichterstatter war dies nicht von
vornherein zu erwarten. Nun richtet sich das Augenmerk auf den Rat und dessen
Positionsfindung, damit anschließend der interinstitutionelle Trilog beginnen
kann. Das Dossier ist noch lange nicht abgeschlossen, aber ein gutes Stück
vorangekommen.
Die DSV hatte ihre Position zur
Arzneimittelreform nachdrücklich in vielen Positionspapieren und Statements auf
europäischer Ebene eingebracht. Zuletzt hatte sie vor der Abstimmung ein DSV-Statement zu
den erheblichen Mehrkosten für die GKV in Deutschland durch die Gewährung eines
zusätzlichen Jahres Unterlagenschutzes für Arzneimittel verfasst – rund
1.Milliarden Euro jährlich.