Ein wettbewerbsfähiges Europa muss solidarisch sein!

VS – 04/2024

Gemeinsam mit der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, der Präsidentin des Europäischen Parlaments, Roberta Metsola, sowie den Sozialpartnern und vielen weiteren Akteuren aus der Zivilgesellschaft hat die belgische Ratspräsidentschaft einen Leitfaden für die Weiterentwicklung der europäischen Säule sozialer Rechte formuliert. Die La Hulpe Deklaration ist ein wichtiger Input für die Prioritätensetzung der zukünftigen Europäischen Kommission und skizziert den Weg, wie ein innen gefestigtes Europa nach außen selbstbewusst und wettbewerbsfähig agieren kann.

Wege, um die gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen zu meistern

Mit der La Hulpe Declaration ist die zweitägige Konferenz der belgischen Ratspräsidentschaft abgeschlossen worden. Wissenschaft, Sozialpartner und Politik haben über mögliche Wege diskutiert, die gegenwärtigen und zukünftigen sozial- und arbeitsmarktpolitischen Herausforderungen zu meistern und gemeinsam die in Porto vereinbarten Ziele zu erreichen. Betont wurde dabei die Rolle der Sozialpartner als wesentliche Säule der Demokratie in Europa und die Notwendigkeit, Tarifverhandlungen zu stärken. Des Weiteren wurde angemahnt, das europäische Semester weiterzuentwickeln und soziale Investitionen einzubeziehen. Denn eine zugleich leistungsfähige und zukunftsgewandte Arbeits- und Sozialpolitik benötigt angepasste Governance-Strukturen innerhalb der EU.

Der „European Way of Life"

Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, betonte, dass der europäische Way of Life auf Fairness, Wettbewerbsfähigkeit und sozialer Marktwirtschaft beruht. Europa ist gleichbedeutend mit einer langen Geschichte des sozialen Fortschritts, der Konvergenz und des sozialen Dialogs. Dies mache Europa einzigartig. Gemeinsam mit der Präsidentin des Europäischen Parlaments, Roberta Metsola, hob sie hervor, dass seit der Verabschiedung der europäischen Säule sozialer Rechte die soziale Dimension im Zentrum der gemeinsamen europäischen Politik steht.

Faire grenzüberschreitende Mobilität

Auf der Konferenz erinnerte der deutsche Arbeits- und Sozialminister Heil daran, dass die Mobilität von Beschäftigten eine der wesentlichen Errungenschaften der Europäischen Union (EU) ist. Diese Mobilität brauche "fairen Bedingungen. Niemandem dürfe seine Rechte vorenthalten werden. Daher müssen nach Heil Beratungsdienste und Ansprechstellen für mobile Arbeitnehmer geschaffen werden, die am besten über die Gewerkschaften organisiert werden sollen.

Partizipative Demokratie

Auf der Konferenz wurde mehrfach betont, dass Beschäftigte stärker in die Entscheidungsprozesse der Unternehmen eingebunden werden müssen. Nur so könnten gemeinsame Lösungen für die vielfältigen gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen in der Arbeitswelt gefunden werden. Von solchen Lösungen würden aber alle profitieren; Arbeitgeber, Beschäftigte und die Gesellschaft als Ganzes. Die stellvertretende spanische Ministerpräsidentin und Ministerin für Arbeit und Sozialwirtschaft, Yolanda Díaz Pérez, betonte das Ziel, dass das soziale Europa über soziale Rechte definiert werden müsse. Dies gelte für die aktive Einbeziehung von Beschäftigten, so beispielsweise durch das Setzen von Minimumstandards bei der Mitbestimmung. Dies möge heute vielleicht unerreichbar erscheinen. Aber sowohl Díaz als auch Heil verwiesen hier auf die Mindestlohnrichtlinie. Diese schien zuerst auch nur eine ferne Utopie zu sein.

Nicht alle sind an Bord

In Göteborg hatten im Jahr 2017 alle Mitgliedstaaten, das Europäische Parlament, die Europäische Kommission sowie die Sozialpartner die Proklamation der europäischen Säule sozialer Rechte unterzeichnet. Auch die La Hulpe Deklaration hat breite Unterstützung erfahren. Allerdings haben Schweden und Österreich am Ende nicht unterzeichnet. In Österreich sperrte sich das ÖVP-geführte Wirtschafts- und Arbeitsministerium gegen eine Mitzeichnung. In Schweden ist das Regierungsbündnis des konservativen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson auf die Unterstützung der rechtspopulistischen Schwedendemokraten angewiesen. Auch der europäische Arbeitgeberverband BusinessEurope hat - im Gegensatz zum europäischen Verband der kleinen und mittelständischen Unternehmen SMEunited - die Erklärung nicht mitunterzeichnet. Dies wird allgemein als Zeichen gedeutet, dass die Arbeitgeber den Druck gegenüber der nächsten Kommission für eine industriefreundliche Politik erhöhen wollen.