Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland.

SK – 06/2024

Am 24. Mai hat die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eröffnet. Das Verfahren betrifft die vierte Änderung der Richtlinie über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Exposition gegenüber Karzinogenen, Mutagenen oder reproduktionstoxischen Stoffen bei der Arbeit (Änderungsrichtlinie (EU) 2022/431).


Die Regelungen zur Festlegung von Grenzwerten für Acrylnitril und Nickelverbindungen, zur Senkung des Grenzwertes für Benzol sowie die Erweiterung des Geltungsbereiches der Richtlinie auf reproduktionstoxische Stoffe sollten bis zum 5. April 2024 von allen Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Nach der Auffassung der Europäischen Kommission sind Deutschland und zehn weitere Mitgliedstaaten (Dänemark, Griechenland, Italien, Luxemburg, Österreich, Polen, Portugal, die Slowakei, Spanien und Tschechien) ihrer Verpflichtung einer vollständigen und ordnungsgemäßen Umsetzung in der vierten Änderung der sogenannten Krebsrichtlinie in nationales Recht umzusetzen nicht nachgekommen.

Umsetzung in Deutschland

In Deutschland wurde die Krebsrichtlinie durch die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) und TRGS umgesetzt. Die GefStoffV, legt Maßnahmen fest, die Arbeitgeber zum Schutz ihrer Beschäftigten bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen zu treffen haben. Vorschriften der GefStoffV werden durch Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) ergänzt.


Die Grenzwerte, die durch die vierte Änderung der Krebsrichtlinie für Acrylnitril, Nickelverbindungen und Benzol festgelegt beziehungsweise verändert wurden, sind in TRGS 900 „Arbeitsplatzgrenzwerte“ und TRGS 910 „Risikobezogenes Maßnahmenkonzept für Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen“ verankert. Allerdings steht die Anpassung der GefStoffV bezüglich der Änderungen zu reproduktionstoxischen Stoffen noch aus. Deswegen konnte Deutschland die Umsetzungsfrist für die vierte Anpassung der Krebsrichtlinie nicht einhalten, die Europäische Kommission hat daher das Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.

Schritte des Verfahrens

Zu Beginn eines jeden Vertragsverletzungsverfahrens steht das Aufforderungsschreiben, das die Europäische Kommission mit der Bitte um weitere Informationen dem betreffenden Mitgliedstaat zukommen lässt. Im vorliegenden Verfahren bleiben den elf Mitgliedstaaten nach Erhalt des Aufforderungsschreibens zwei Monate für eine Antwort und die vollständige Umsetzung der Richtlinie. Falls dies nicht geschieht, übermittelt die Europäische Kommission in der nächsten Phase des Verfahrens eine mit Gründen versehene Stellungnahme. Kommt der Mitgliedstaat auch dieser Aufforderung nicht nach, kann die Europäische Kommission beschließen, den Europäischen Gerichtshof anzurufen. Die meisten Fälle werden beigelegt, bevor der Gerichtshof angerufen wird.


Im vorliegenden Verfahren müssen nur noch die Anpassungen zum Expositionsverzeichnis reproduktionstoxische Stoffe in der GefStoffV umgesetzt werden. Dies konnte noch nicht in Angriff genommen werden, da sich diese Anpassung zusammen mit weiteren Änderungen der GefStoffV in der Ressortbefassung befinden. Da die nötigen Maßnahmen zur Umsetzung schon eingeleitet sind, bleibt abzuwarten, ob es nach dem Aufforderungsschreiben noch weitere Schritte seitens der Europäischen Kommission geben wird.