Mînzatu und Várhelyi für Soziales und Gesund­heit zuständig.

HS – 11/2024

Ursula von der Leyens neues Kollegium ist am 27. November vom Europäischen Parlament mit 370 von 688 abgegebenen Stimmen gewählt worden. Es besteht – abgesehen von ihr als Präsidentin – aus vier Exekutiv-Vizepräsidentinnen, zwei Exekutiv-Vizepräsidenten sowie 19 ordentlichen Kommissionsmitgliedern.

Parla­men­ta­ri­sche Anhö­rungen

Vom 4. bis 12. November haben im Europäischen Parlament die Anhörungen der designierten Kommissarinnen und Kommissare der neuen Europäischen Kommission stattgefunden. Für die Sozialversicherung waren die Anhörungen des designierten Gesundheitskommissars Olivér Várhelyi und der designierten Exekutiv-Vizepräsidentin Roxana Mînzatu, die für soziale Themen und Beschäftigung zuständig sein soll, von besonderem Interesse.

Várhelyi ist ein bekanntes Gesicht

Várhelyi war bereits die letzten fünf Jahre als Kommissar für Erweiterung Teil der Europäischen Kommission. Als solcher hat er sich schon mit Abgeordneten angelegt, weshalb seine Anhörung mit Spannung erwartet wurde. Die Federführung in seiner Anhörung hatten die Ausschüsse für Umwelt, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) sowie für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (AGRI). Er schlug sich insgesamt solide, zeigte sich fachkundig und bekam nach seinem Schlussstatement sogar Applaus. Kritisch wurde es bei Fragen zur Frauengesundheit, insbesondere zu Abtreibung und zu reproduktiver Medizin. Hier äußerte er sich weniger deutlich, als es sich die Abgeordneten gewünscht hätten, sondern verwies auf die Kompetenz der Mitgliedstaaten.

Themen im Gesund­heits­be­reich

Zur Medizinprodukteverordnung befragt, bestätigte Várhelyi, dass deren Überprüfung darauf zielen wird, die Kosten und Bürokratie für die Hersteller zu senken. Er versprach, Änderungen zur Zertifizierung von Medizinprodukten bis zum ersten Quartal 2025 umzusetzen. Bei der Arzneimittelreform strebt er eine ausgewogene Kompromisslösung an und ergänzte, dass regulatorische Ansätze allein nicht ausreichen. Die Schaffung einer „kritischen Marktgröße“ sei entscheidend. Er unterstütze den Kommissionsvorschlag zur Verkürzung der Datenschutzfristen auf sechs Jahre. Darüber hinaus will er innerhalb der ersten 100 Tage einen Vorschlag für ein Gesetz für kritische Arzneimittel vorlegen, das Versorgungsengpässen in Europa entgegenwirken soll.  

Mînzatu zuständig für Soziales, Beschäf­ti­gung und Bildung

Das Ressort zu sozialen Themen und Beschäftigung sollte zunächst „Fachkräfte, Kompetenzen und Vorsorge“ heißen. Das hatte im Vorfeld bei manchen die Befürchtung ausgelöst, dass soziale Themen in den Hintergrund rücken könnten. Mînzatu machte deshalb früh deutlich, welchen Stellenwert sie der Europäischen Säule sozialer Rechte einräumt. Die Rumänin war vor ihrer Nominierung ein unbekanntes Gesicht in Brüssel, konnte bei ihrer Anhörung aber mit Offenheit, Kooperationswillen und Fachkenntnis überzeugen. Die Federführung bei ihrer Anhörung hatten die Ausschüsse für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL) sowie für Kultur und Bildung (CULT).

Fokus auf hoch­wer­tigen Arbeits­plätzen

Thematisch deckte Mînzatus Anhörung ein breites Spektrum ab. Den geplanten neuen Aktionsplan für die Europäische Säule sozialer Rechte möchte sie in einem EU-weiten sozialpolitischen Dialog entwickeln. Sie will hochwertige Arbeitsplätze durch einen mit den Sozialpartnern entwickelten Fahrplan sichern und die Arbeitskräftemobilität durch die Modernisierung der Koordinierung der sozialen Sicherheit fördern. Um die psychische Gesundheit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu schützen, versprach sie, das Recht auf Nichterreichbarkeit einzuführen sowie Initiativen zu Telearbeit und algorithmischem Management am Arbeitsplatz auf den Weg zu bringen. Auch eine Mandatserweiterung der Europäischen Arbeitsbehörde (ELA) unterstützt sie, um grenzüberschreitende Beschäftigte besser abzusichern.

Bestä­ti­gung von Várhelyi und Mînzatu

Sowohl Várhelyi als auch Mînzatu wurden nicht direkt nach ihrer Anhörung bestätigt. Várhelyi musste zunächst weitere schriftliche Fragen beantworten, während die Bestätigung Mînzatus an der Bestätigung der übrigen fünf Exekutiv-Vizepräsidentinnen und -präsidenten hing. Nach Verhandlungen zwischen den Fraktionen im Europäischen Parlament wurden schließlich alle sechs und Várhelyi bestätigt. Im Zuge dessen wurde Mînzatus Titel angepasst – sie ist nun Exekutiv-Vizepräsidentin für qualitativ hochwertige Arbeitsplätze und soziale Rechte, Bildung, Kompetenzen und Vorsorge. Außerdem wurde Várhelyis Zuständigkeitsbereich beschnitten. Er soll entgegen dem ursprünglichen Vorschlag nicht für Krisenvorsorge und -management, einschließlich der HERA, sowie den Schutz sexueller und reproduktiver Gesundheitsrechte zuständig sein. Diese Bereiche übernimmt die belgische Kommissarin für Krisenmanagement und Gleichstellung, Hadja Lahbib. Die neue Kommission wird ihre Arbeit am 1. Dezember aufnehmen.   

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