
Biozidverordnung
Neuklassifizierung von Ethanol könnte weitreichende Folgen haben.
SK – 05/2025
Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) überprüft
derzeit den zugelassenen Wirkstoff Ethanol, der unter anderem in Desinfektions-,
Lösungs- und Konservierungsmitteln eingesetzt wird. Bei sachgemäßer Anwendung gelten
Tätigkeiten mit Ethanol bislang als arbeitsschutzrechtlich unbedenklich. Eine mögliche
Neuklassifizierung könnte jedoch Verwendungsbeschränkungen nach sich ziehen –
mit weitreichenden Folgen für viele Sektoren.
Gründe für die Neuklassifizierung
Die Biozidprodukte-Verordnung der Europäischen
Union (EU) regelt unter anderem das Inverkehrbringen und die Verwendung von
Produkten, die zur Bekämpfung von Bakterien, Pilzen, Schädlingen oder Insekten eingesetzt
werden. Aufgrund einer gesetzlichen Änderung im Jahr 2012 müssen alle Wirkstoffe, die
vor 2013 auf den europäischen Markt kamen, neu bewertet werden. Auch Ethanol unterliegt
dieser Neubewertung. Dabei wird geprüft, ob der Stoff als potenziell
krebserregend, erbgutverändernd oder reproduktionsschädigend einzustufen ist.
Untersucht werden drei Biozidproduktarten, in
denen Ethanol verwendet wird:
- Hygieneprodukte für den Menschen,
wie Handdesinfektionsmittel;
- Desinfektionsmittel und Algizide,
die nicht für den direkten Kontakt mit Menschen oder Tieren bestimmt sind; und
- Produkte für den Einsatz in
Lebensmittel- und Futtermitteln.
Auswirkungen einer Neuklassifizierung
Die ausstehende Entscheidung der ECHA gilt als
wegweisend, da sie die zukünftige Verwendung von Ethanol in
Desinfektionsmitteln und anderen Biozidprodukten beeinflussen könnte. Es gibt
kaum Alternativen, daher warnen zahlreiche Fachgesellschaften – wie die
Deutsche Gesellschaft für Allgemeine und Krankenhaus-Hygiene – vor den
möglichen Folgen eines Wegfalls von Ethanol.
Insbesondere in Händedesinfektionsmitteln ist
Ethanol unentbehrlich. Gegen bestimmte Viren, wie Adenoviren, Poliovirus oder
humane Enteroviren, zeigt es eine deutlich höhere Wirksamkeit als andere
Alkohole (zum Beispiel Propanol). Aus diesem Grund zählt die
Weltgesundheitsorganisation Ethanol auch zu den unverzichtbaren Arzneimitteln.
Eine Beschränkung der Nutzung oder gar ein Verbot könnte weitreichende Auswirkungen
auf die Infektionskontrolle in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen haben.
Bewertung durch die ECHA
Bis Ende April hat die ECHA Feedback zu
Alternativen für Ethanol eingeholt. Auch die DSV beteiligte sich. Der
gesammelte Input wird jedoch nicht in die Entscheidung der Agentur einfließen,
kann jedoch bei der anschließenden
Entscheidungsfindung der EU-Mitgliedstaaten eine wichtige Rolle spielen. Zusammen mit der Europäischen Kommission entscheiden diese – auf Grundlage der
ECHA-Bewertungen – darüber, ob ethanolhaltige Biozidprodukte zugelassen werden dürfen.
Bevor dies jedoch geschehen kann, muss die ECHA erst ihre Bewertung zur
Neuklassifizierung abschließen.