Getty Images - ValengildaEU-Bevorratungsstrategie
EU-weiter strategischer Rahmen ohne verbindliche Vorratspflichten.
CC – 07/2025
Am 9. Juli hat Hadja Lahbib, EU-Kommissarin für Krisenvorsorge, die neue EU-Bevorratungsstrategie vorgestellt. Ziel ist es, die Versorgung mit essenziellen Gütern in Krisensituationen wie Naturkatastrophen, bewaffneten Konflikten, Pandemien oder Cyberangriffen sicherzustellen und die Resilienz der Europäischen Union (EU) insgesamt zu stärken. Im Zentrum steht der Aufbau eines strategischen Rahmens zur besseren Koordination und Interoperabilität bestehender Vorratssysteme auf nationaler und europäischer Ebene. Die Strategie setzt auf freiwillige Zusammenarbeit, sektorübergreifende Standards und gemeinsame Planungsinstrumente – eine verbindliche Vorratspflicht ist nicht vorgesehen.
Breiter Versorgungsansatz
Die Strategie verfolgt einen umfassenden Ansatz entlang des gesamten Bevorratungszyklus – von der Risikoantizipation über die Beschaffung und Lagerung bis hin zur Verteilung und zivil-militärischen Kooperation. Sie erfasst essenzielle Güter, die für zentrale gesellschaftliche Funktionen erforderlich sind. Dazu zählen nicht nur medizinische Gegenmaßnahmen wie Impfstoffe, Arzneimittel und Schutzkleidung, sondern auch kritische Rohstoffe (z. B. Seltene Erden), Notfallausstattung (z. B. Zelte, Generatoren), Energiekomponenten sowie Versorgungsgüter für die Agrar- und Wasserinfrastruktur.
Sieben Handlungsfelder
Die Kommission benennt sieben zentrale Bereiche: Die Koordination zwischen den Mitgliedstaaten und der EU soll durch ein neues Stockpiling-Netzwerk gestärkt werden, das Empfehlungen zu Mindestanforderungen und Mengen entwickelt. Risikoanalysen und Bedarfsabschätzungen sollen verbessert und ein neues „Crisis Coordination Hub“ aufgebaut werden. Darüber hinaus sollen bestehende EU-Reserven wie “rescEU” gezielt ausgebaut werden, um Lücken zu schließen.
Zudem sollen Transport- und Logistiksysteme robuster und dual nutzbar gemacht werden. Die zivil-militärische Zusammenarbeit soll vertieft werden, unter anderem durch eine engere Kooperation mit der NATO. Auch die Zusammenarbeit mit der Industrie soll durch Anreize gestärkt werden. Schließlich strebt die EU mehr internationale Partnerschaften an, etwa durch gemeinsame Lagerhaltung mit Drittstaaten.
Kein Budget, keine Verpflichtungen
Die Umsetzung erfolgt über das neue EU-Stockpiling-Netzwerk sowie eine „Preparedness Task Force“. Eine erste Überprüfung ist für 2026 geplant. Eine konkrete Finanzierung ist derzeit nicht vorgesehen; entsprechende Maßnahmen sollen in den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen einfließen.
Die Strategie ist eine Antwort auf aktuelle geopolitische und klimatische Herausforderungen sowie die Erfahrungen aus der COVID-19-Pandemie. Sie zielt weniger auf zentralisierte Vorräte, sondern auf die bessere Abstimmung bestehender Strukturen. Die EU übernimmt dabei eine koordinierende Rolle.
Perspektive der DSV
Die Deutsche Sozialversicherung (DSV) hatte sich in ihrem Feedback für eine verpflichtende EU-weite Vorratshaltung für kritische Arzneimittel ausgesprochen. Diese findet sich in der Strategie nicht wieder. Allerdings kündigt die Kommission an, zentrale EU-Reserven wie rescEU ausweiten zu wollen. Mit Blick auf den Vorschlag für einen Critical Medicines Act (CMA), der ebenfalls Regelungen zur Arzneimittelbevorratung enthält, bleibt abzuwarten, wie die Abgrenzung erfolgen wird. Aus dem Europäischen Parlament werden bereits Forderungen laut, die sehr unterschiedlichen nationalen Vorgaben zu vereinheitlichen.