iStockphoto/Gil-DesignÖffentliches Beschaffungswesen
IMCO spricht sich gegen verpflichtende qualitative Vergabekriterien aus.
UM – 07/2025
Die
Resolution zur Vergabereform nimmt Kontur an. Der Ausschuss für Binnenmarkt und
Verbraucherschutz (IMCO) hat am 7. Juli mit 34 von 49 Stimmen den Entwurf des EKR-Berichterstatters Piotr Müller
für einen Initiativbericht zur Vergaberechtsform nebst Änderungsanträgen angenommen. Der Bericht soll
nach der Sommerpause im Parlament abgestimmt werden und – nach dem Wunsch der
Abgeordneten - der Kommission als Grundlage für die Erarbeitung ihres
Vorschlags zur Reform der Vergaberichtlinien dienen, welcher für 2026
angekündigt ist. Ein Hauptdiskussionsthema zwischen den Abgeordneten war die
Frage nach der Berücksichtigung von nicht-preislichen Zuschlagskriterien
sozialer, ökologischer und geopolitischer Natur.
S&D will verbindliche Qualitätskriterien
Die
Zustimmung kam mit den Stimmen von EVP, Renew und Grünen zustande. Die 13 sozialdemokratischen
Ausschussmitglieder stimmten geschlossen gegen den Text. Der Grund für die
Ablehnung lag darin, dass sich im Ausschuss keine Mehrheit fand, insbesondere qualitative
Zuschlagskriterien zur Tariftreue verbindlich zu machen. Im Ergebnis findet
sich lediglich eine Aufforderung an die Kommission: Sie soll Leitlinien und
einen Rechtsrahmen entwickeln, der Rechtssicherheit gewährleistet und
öffentlichen Auftraggebern ermöglicht, soziale und ökologische Kriterien innerhalb
ihres Ermessensspielraums, ohne unverhältnismäßige rechtliche Risiken
anzuwenden.
Preis soll weiterhin Hauptrolle spielen
Die
Abgeordneten betonten explizit im Initiativbericht, dass die Hauptfunktion des
Vergaberechts darin liegt, die effiziente und transparente Beschaffung von
Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten. In Anbetracht des wirtschaftlichen
Abschwungs und einer steigenden Staatsverschuldung müssten alle rechtlichen
Änderungen, die die Kaufkraft der öffentlichen Auftraggeber einschränken oder
die Zahl der Anbieter begrenzen könnten, sorgfältig geprüft werden. Mit anderen
Worten: Vorfahrt hat der Preis! Alles andere sollte freiwillig bleiben.
Vergabe strategisch nutzen
Bislang
ist der Anteil der Verfahren, bei denen andere Zuschlagskriterien als der Preis
verwendet werden, sehr gering. Gleichwohl könne das öffentliche
Beschaffungswesen ein nützliches Instrument zur Erreichung strategischer Ziele
sein. Damit qualitative Kriterien abseits des Preises häufiger zur Anwendung
kommen, solle die Kommission entsprechende Best-Practice-Beispiele
veröffentlichen und „gebrauchsfertige“ Umwelt- und Sozialkriterien entwickeln. Es
solle auch geprüft werden, wie das öffentliche Beschaffungswesen als gezieltes
Instrument zur Stimulierung der Nachfrage nach in Europa hergestellten innovativen
und nachhaltigen Produkten dienen kann. Der Ausschuss bleibt hier sehr vage.
Kommission für verbindliche Zuschlagskriterien bei kritischen Arzneimitteln
Die Europäische
Kommission sieht hingegen in ihrem Vorschlag für den Critical Medicines Act
(CMA) bereits eine verpflichtende Berücksichtigung nicht preisbezogener Kriterien für
die Vergabe von kritischen Arzneimitteln vor – etwa Bevorratungspflichten, die
Diversifizierung durch mehrere Lieferanten, die Überwachung der Lieferketten oder
auch die Begünstigung der Produktion in der EU. Es wird spannend sein, zu
sehen, welchen Weg die Kommission einschlagen wird, wenn sie im nächsten Jahr
ihren Vorschlag zur Überarbeitung der Vergaberichtlinien vorlegen wird.