Getty-Images-marchmeena29Künstliche Intelligenz
Deutscher Umsetzungsprozess zum AI Act ist gestartet.
HS – 09/2025
Die Vorschriften zu künstlicher Intelligenz (KI) der Verordnung
(EU) 2024/1689 (AI Act) gelten ab dem 2.
August 2026. Zur Durchführung der Verordnung musste jeder Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) bis zum 2. August 2025 mindestens eine
notifizierende Behörde und eine Marktüberwachungsbehörde benennen. Deutschland
konnte diesen Termin wegen der vorgezogenen Bundestagswahl nicht einhalten. Im August hat in Deutschland das Verfahren für ein nationales Umsetzungsgesetz – dem KI-Marktüberwachungs- und Innovationsförderungsgesetz
(KI-MIG) – begonnen, in dessen
Rahmen auch die zuständigen Behörden bestimmt werden.
Bundesnetzagentur als zentrale Anlaufstelle
Der Entwurf des Durchführungsgesetzes sieht die Bundesnetzagentur (BNetzA) als Marktüberwachungsbehörde, notifizierende Behörde, zentrale Anlaufstelle für die Europäische Kommission sowie Betreiberin einer Beschwerde- und
Meldestelle vor.
Außerdem soll bei der BNetzA das Koordinierungs- und
Kompetenzzentrum KI-Verordnung (KoKIVO) eingerichtet werden, um die
einheitliche Auslegung der horizontalen Rechtsfragen sicherzustellen und die Arbeit
der zuständigen Behörden zu unterstützen. Dazu
kann das KoKIVO im Einzelfall in ihrer Zuständigkeit betroffene Bundesbehörden einbinden und
externen Sachverstand hinzuziehen, insbesondere das Bundesamt für Sicherheit in der
Informationstechnik (BSI), das Bundeskartellamt und die Bundesdatenschutzbeauftragte.
Dezentrale KI-bezogene Marktüberwachung
Abgesehen
davon setzt der Gesetzentwurf aus dem Bundesministerium für Digitales und
Staatsmodernisierung (BMDS) auf eine dezentrale Aufsichtsstruktur. So sollen
die bestehenden Fachaufsichten erhalten bleiben, indem die bereits zuständigen Behörden zusätzlich die
KI-bezogene Marktüberwachung in den jeweiligen regulierten Bereichen übernehmen. Dies bedeutet, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und
Medizinprodukte (BfArM) bei Medizinprodukten und In-vitro-Diagnostika oder die
Marktüberwachungsbehörden der Länder im Bereich der Produktsicherheit zuständig blieben.
Neue Überwachungskammer für sensible Hochrisiko-KI
Ferner
soll innerhalb der BNetzA eine Unabhängige Marktüberwachungskammer (UKIM) eingerichtet werden, die sensible
Hochrisiko-KI-Anwendungen überwacht und dem Bundestag jährlich darüber Bericht erstattet.
Dazu zählen KI-Systeme in den
Bereichen Strafverfolgung, Migration, Asyl,
Grenzkontrolle, Justiz und
Demokratie. Diese besondere Vorsicht ist geboten, um sicherzustellen, dass zum
Beispiel Polizeibehörden oder Justizministerien KI-Systeme nur unter Wahrung der
Grundrechte einsetzen. Die vorgesehene Zuständigkeit
der UKIM als Teil der BNetzA wird
allerdings von den deutschen Landesdatenschutzbehörden kritisiert. Nach deren Ansicht widerspricht dies den Vorgaben des AI Act, wonach gerade die Datenschutzbehörden die Aufsicht über
Hochrisiko-KI-Anwendungen in diesen sensiblen Bereichen haben sollten.
KI-Reallabore
Gemäß dem AI Act sollenKI‑Reallabore („regulatory sandboxes“) eine kontrollierte Umgebung bieten, um Innovation zu fördern und die
Entwicklung, das Training, das Testen und die Validierung innovativer KI‑Systeme
für einen begrenzten Zeitraum vor ihrem Inverkehrbringen oder ihrer
Inbetriebnahme zu erleichtern. Die Mitgliedstaaten sollen
bis zum 2. August 2026 mindestens ein solches
KI-Reallabor einrichten. Im Gesetzentwurf ist die Einrichtung solcher
KI-Reallabore unter anderem durch die BNetzA vorgesehen. Um Unternehmen und
Behörden bei der Umsetzung des AI Act zu unterstützen, sieht der Gesetzentwurf
außerdem einen KI-Service-Desk bei der BNetzA vor, der bereits seit Juli 2025
läuft.
Ausblick
Am 12. September hat das BMDS die Länder- und Verbändeanhörung zum
nationalen Durchführungsgesetz des AI Act gestartet. Für das BMDS hat die Umsetzung des AI Act
neben ersten Maßnahmen zum Bürokratieabbau in der Verwaltung sowie dem
Deutschland-Stack und einer europäischen Brieftasche für die digitale Identität
(EUDI Wallet) derzeit einen hohen Stellenwert. Diese Initiativen gelten als
unumstritten und sollen zentrale Themen bei der Regierungsklausur Ende
September sein.