Trilog nutzen, um Sozialsysteme zu schützen.

UM – 09/2025

Nachdem kurz vor der parlamentarischen Sommerpause in einem „Auftakttrilog“ die Positionen von Rat und Europäischem Parlament zur Harmonisierung des Insolvenzrechts vorgestellt worden sind, ist am 4. September mit den technischen Trilogen die Arbeit aufgenommen worden. Rat und Europäisches Parlament haben nun die Aufgabe, eine Verständigung über Mindestvorgaben zur Harmonisierung der national sehr unterschiedlichen Insolvenzregelungen herbeizuführen. Das wird nicht einfach. Das Parlament drängt auf eine tiefere Harmonisierung mit Fokus auf Arbeitnehmerrechte, Finanzmarktstabilität und einer breiten Beteiligung. Für den Rat stehen Effizienz, möglichst wenig Harmonisierung und der Schutz der Insolvenzmasse im Vordergrund.

Arbeitnehmer als Gläubiger

Insbesondere im Parlament hatte es eine vertiefte Auseinandersetzung über die Ansprüche der Arbeitnehmer als Gläubiger gegeben. Geht es nach dem Willen der Mehrheit der Abgeordneten, sollen deren Ansprüche über die Lohn- und Gehaltsansprüche hinaus als echte Gläubigerforderungen anerkannt werden. Dies gelte etwa bei Pensionsrückständen. Insbesondere auch beim Unternehmensverkauf vor Insolvenzeröffnung (dem sogenannten Pre-Pack-Verfahren) sollten unbezahlte Pensionsverpflichtungen geschützt und übertragen werden.

Sozialversicherung braucht Schutz

In die gleiche Richtung zielt auch die DSV. Sie wirbt seit Aufnahme der politischen Befassung mit dem Kommissionsvorschlag zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Insolvenzrechts vom 7. Dezember 2022 dafür, die Beitragszahlungen zur Sozialversicherung besonders zu schützen. Andere EU-Mitgliedstaaten wie Frankreich oder Spanien machen es vor. Hier sind die Beiträge zur Sozialversicherung privilegiert. In Deutschland hingegen ist dieser besondere Schutz in den 90er Jahren entfallen. Die Sozialversicherung in Österreich beklagt ebenfalls eine Schlechterstellung. Angesichts der großen finanziellen Herausforderungen, vor denen die Gesundheits- und Sozialsysteme aufgrund von Demografie und technischem Fortschritt stehen, ist dieser Umstand nicht akzeptabel.

Sozialversicherungsbeiträge nicht anfechten

Aus diesem Grund hat die DSV vorgeschlagen, den Richtlinienentwurf der Europäischen Kommission dahingehend zu modifizieren, dass die Forderungen der Sozialversicherungsträger von der Möglichkeit der Anfechtung ausgenommen werden. Indem diese von der Möglichkeit der Anfechtungsklage ausgenommen werden, soll eine Zweckentfremdung von Beitragsmitteln zur Sozialversicherung verhindert werden. Diese sollen auch in Deutschland wieder einen besonderen Schutz genießen, um ihre bereits im Jahr 2005 bundesverfassungsgerichtlich festgestellte Zweckbindung zu gewährleisten (2 BvF 2/01). Hierfür kann die EU den nötigen Impuls geben.

Trilog nutzen, um Sozialsysteme zu stärken

Dieser Ansicht hatte sich auch das Europäische Parlament angeschlossen und in ihrem Standpunkt den Vorschlag gemacht, in Artikel 6 Absatz 3 einen entsprechenden Ausnahmetatbestand aufzunehmen, wonach die gesetzlichen Sozialversicherungsträger durch nationales Recht von der Möglichkeit der Anfechtung bereits geleisteter Sozialversicherungsbeiträge ausgenommen werden können. Die DSV blickt nun mit Spannung auf den Verlauf der Trilogverhandlungen und appelliert an die Verhandlungsparteien, dem Vorschlag des Europäischen Parlaments zum Durchbruch zu verhelfen und die finanzielle Nachhaltigkeit der sozialen Sicherungssysteme zu stärken.