GregorBisterKlimawandel
Zu heiß zum Arbeiten – Rekordtemperaturen als wachsende Herausforderung in der EU.
SK – 09/2025
Ob im Freien oder in Büroräumen: Immer mehr
Beschäftigte in Europa sind von Hitzewellen betroffen. Temperaturen von über 30
Grad machen selbst Maßnahmen wie Sonnenschutz, ausreichendes Trinken und regelmäßige
Pausen in vielen Sektoren – insbesondere bei Tätigkeiten im Freien –
unzureichend. Vor diesem Hintergrund werden in der Europäischen Union (EU) zunehmend
Forderungen laut, verstärkte Maßnahmen im Arbeits- und Gesundheitsschutz, im
Städtebau sowie im Bereich der öffentlichen Gesundheit zu ergreifen.
Hitze – nicht nur ein europäisches Problem
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die
Weltmeteorologische Organisation (WMO) haben im August einen gemeinsamen
Bericht veröffentlicht, der die wachsenden Gesundheitsrisiken durch
zunehmende Hitze hervorhebt. Extreme Temperaturen beeinträchtigen nicht nur die
Produktivität, sondern verursachen auch ernsthafte Gesundheitsprobleme wie
Hitzschlag, Dehydrierung und Nierenschäden. Etwa die Hälfte der Weltbevölkerung
ist betroffen. Besonders gefährdet sind Beschäftigte in der Landwirtschaft, im
Baugewerbe und in der Fischerei sowie vulnerable Gruppen in
Entwicklungsländern.
Der Bericht fordert branchenspezifische
Aktionspläne, die gemeinsam mit Arbeitgebern, Gewerkschaften und
Gesundheitsexperten entwickelt werden sollen. Empfohlen werden Aufklärung,
gezielte Gesundheitsstrategien, technische Innovationen und ein verstärkter
Schutz besonders gefährdeter Arbeitnehmer.
Datenlage in der EU
Um die Auswirkungen von Hitze am Arbeitsplatz
systematisch zu erfassen, greift die Europäische Kommission auf verschiedene
Datenquellen zurück. Eurostat dokumentiert im Rahmen der Europäischen Statistik
über Arbeitsunfälle (ESAW) jährlich gemeldete Fälle von Hitze- oder
Sonnenstich. Ergänzend liefert eine freiwillige Pilotdatenerhebung zur
Europäischen Statistik über Berufskrankheiten (EODS) Informationen über
anerkannte Berufskrankheiten infolge von Hitze – mit Ausnahme von Deutschland,
Griechenland und Portugal, die nicht teilnehmen.
Darüber hinaus tragen auch die Europäische
Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) sowie
die Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen
(Eurofound) wichtige Erkenntnisse bei. Während die EU-OSHA in
Unternehmensbefragungen zu neuen Risiken Angaben zu „Hitze, Kälte oder Zugluft“
erhebt, konzentriert sich Eurofound in der Europäischen Erhebung über
Arbeitsbedingungen auf das Vorkommen „hoher Temperaturen“.
Europäische Initiative
Die Europäische Kommission ist sich der
Risiken bewusst, die Hitzewellen für Bürgerinnen, Bürger und die Wirtschaft
darstellen. In einer Debatte mit Mitgliedern des Europäischen Parlaments
betonte Kommissar Piotr Serafin, dass die EU dringend ihre Anpassungsmaßnahmen
verstärken müsse – mit einem integrierten Rahmen für Klimaanpassung und
Risikomanagement. Schwerpunkte sollen auf Risikoerkennung, Vorsorge, Innovation
und Finanzierung gelegt werden. Der Bereich Arbeitsschutz spielte dabei jedoch
keine Rolle.
Denn die derzeitige Arbeitsschutzstrategie der
Kommission überlässt es nach wie vor den Mitgliedstaaten, Maßnahmen
festzulegen. Verbindliche Vorgaben zum Schutz von Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmern, die extremer Hitze ausgesetzt sind, fehlen. Gewerkschaften
fordern daher eine spezifische Richtlinie zur Prävention von Hitzebelastungen
am Arbeitsplatz. Auch einige Europaabgeordnete haben das Thema in der
Vergangenheit aufgegriffen – in der Debatte mit Kommissar Serafin Mitte
September dominierten jedoch die Fragen der öffentlichen Gesundheit und des
Wohnens.