89Stocker28. Regime
Der JURI konkretisiert seine Vorstellungen für eine neue Unternehmensform.
UM – 09/2025
Kurz vor der
Sommerpause hat der Berichterstatter seine Vorstellungen für einen neuen,
einheitlichen Rechtsstatus für innovative Unternehmen vorgestellt. Er zielt auf
kleine und mittlere Unternehmen, Start-ups und Scale-ups, die in der Union mit
sehr unterschiedlichen Vorschriften in den einzelnen Mitgliedstaaten
konfrontiert sind. Über seine Entschließung will das europäische Parlament einen
Weg zu diesem neuen Rechtsstatus aufzeigen, den die amtierende Kommission bei
ihrem Antritt unter der Bezeichnung „28. Regime“ angekündigt hat.
Eine für alle!
René Repasi
(S&D, DE) empfiehlt in seinem Berichtsentwurf eine Unternehmensform, die auf national bestehenden Unternehmensformen
aufbaut und diese entweder geeignet umwandelt oder aber eine neue nationale
Unternehmensform schafft. Diese muss von allen Mitgliedstaaten anerkannt werden
und dort gleichermaßen gelten. Eine auf dem Verordnungsweg erlassene
eigenständige, paneuropäische Unternehmensform sei – das zeige die Erfahrung -
zum Scheitern verurteilt. Über eine Richtlinie zur maximalen Harmonisierung
hingegen könne die „Supranationalisierung“ wesentlicher Elemente einer
ansonsten nationalen Gesellschaftsform bewirkt werden. Diese Elemente, die
vornehmlich das Gesellschaftsrecht betreffen sollen, werden im
Entschließungsentwurf nicht genauer beschrieben. Genannt wird in der Diskussion
aber immer wieder auch das Insolvenzrecht.
ESSU – Wo sind deine Grenzen?
Die neue
Unternehmensform soll ESSU (Europäische Start-up-Scale-up-Gesellschaft) heißen
und neben die jeweiligen nationalen Unternehmensformen treten. Ihre Gründung und
Registrierung als juristische Person sollen innerhalb von 48 Stunden online
möglich sein. Voraussetzung für die Aufnahme in einem zu diesem Zweck neu
eingerichteten digitalen Unionsregister ist der Sitz in einem der 27 EU-Länder.
Börsennotierte Unternehmen sind ausgeschlossen. Fragen der Mitbestimmung der
Arbeitnehmer entscheiden sich nach dem Recht des Landes, in dem das ESSU seinen
Sitz hat. Mit anderen Worten: die Unternehmensregeln der ESSU sollen das
Unionsrecht und das nationale Recht im Bereich des individuellen und kollektiven
Arbeitsrechts unberührt lassen.
Sozialrecht nicht antasten!
Auch für harmonisierte
Mitarbeiterbeteiligungsprogramme müsse gelten: Solche Regelungen dürfen nicht die
normale Grundvergütung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer antasten. Sie dürfen auch nicht zu Lasten der
Sozialversicherung gehen. Sie können allenfalls eine Ergänzung zu allen
sozialen und vertraglichen Rechten darstellen. Die nationalen Rechte könnten
über Kollisionsnormen geschützt werden. Hier ist der Berichtsentwurf deutlich.
Die DSV begrüßt Repasis
Standpunkt zum Schutz des Sozialrechts ausdrücklich. Nachdem bekannt geworden
ist, dass in der Kommission offen darüber nachgedacht wird, neben dem Gesellschaftsrecht
auch arbeitsrechtliche Inhalte zu regeln – gegebenenfalls in einem
eigenständigen Gesetz – gibt es Befürchtungen, dass über das 28. Regime der
Arbeitnehmerschutz ausgehöhlt werden könnte. Kritiker aus der Start-Up-Szene
werfen machen insbesondere den Kündigungsschutz dafür verantwortlich, Investitionen
in innovative Unternehmen zu hemmen.
Ausblick
Die Abgeordneten
des Rechtsausschusses hatten die Möglichkeit, bis zum 5. September ihre
Änderungswünsche zum Berichtsentwurf zu formulieren. Abgestimmt wird im
Ausschuss nach derzeitigem Stand am 10. oder 11. November. Das Plenum des
Parlaments soll im Dezember erreicht werden. Parallel läuft derzeit eine Konsultation der Europäischen Kommission, in der zum
Zwecke der Folgenabschätzung noch bis zum 30. September Stellung genommen
werden kann. Die Europäische Kommission will im März 2026 einen Vorschlag für
eine Richtlinie vorlegen.