EU-Parlament fordert mehr Schutz für Arbeitnehmer.

CP – 10/2025

Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind von Missbrauch und Ausbeutung betroffen – vor allem in der Landwirtschaft, im Transport- und Logistikbereich sowie in der Lebensmittelverarbeitung oder der Pflege. Eine zentrale Ursache liegt oftmals in den langen und komplexen Subunternehmerketten. Dadurch geht häufig die Kontrolle darüber verloren, wer für die Sicherstellung der Gesundheits-, Sicherheits- und Beschäftigungsstandards zuständig ist. Die Folgen sind längere Arbeitszeiten, schlechtere Löhne und Unklarheit über die Verantwortung bei Arbeitsunfällen. Der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL) sieht daher Handlungsbedarf seitens der Europäischen Union (EU). Anfang September hat der zuständige Berichterstatter Johan Danielsson (S&D, SE) seinen Entwurf für einen Initiativbericht (INI) vorgestellt, der Maßnahmen zur Verbesserung der Situation vorschlägt.

Mehr Kontrolle, weniger Ausbeutung

Im Berichtsentwurf wird der Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf drei zentrale Säulen gestützt: Prävention, Kontrolle und Sanktionen. Zur Verhinderung von Ausbeutung fordert der Bericht eine Rahmenrichtlinie, die die Vergabe von Unteraufträgen in Risikosektoren auf maximal zwei Ebenen unter dem Hauptauftragnehmer begrenzt und eine gesamtschuldnerische Haftung über die Unterauftragskette hinweg schafft. Laut Danielsson herrscht unter den Mitgliedstaaten Unsicherheit darüber, ob sie in Bezug auf die Regulierung von Subunternehmerketten überhaupt tätig werden dürfen. Die Europäische Kommission sollte daher klarstellen, dass die Mitgliedstaaten durch die Binnenmarktvorschriften nicht daran gehindert werden, Rechtsvorschriften gegen komplexe Subunternehmerketten zu erlassen.


Für mehr Kontrolle und Durchsetzung wird im Berichtsentwurf unter anderem eine Stärkung der Europäischen Arbeitsbehörde (ELA) gefordert. Weitere Forderungen sind die zügige Einführung des Europäischen Sozialversicherungsausweises (ESSPASS) sowie die digitale Durchsetzung von Sozialversicherungsrechten und einer fairen Arbeitsmobilität, einschließlich einer Echtzeitüberprüfung und eines Informationsaustauschs zwischen den Durchsetzungsbehörden. Des Weiteren möchte der Berichterstatter, dass die Europäische Kommission eine Gesetzgebungsinitiative vorlegt, um sicherzustellen, dass alle Mitgliedstaaten verpflichtet werden, in risikoreichen Wirtschaftszweigen mindestens einen Arbeitsaufsichtsbeamten pro 10 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern einzusetzen.


Im Bereich der Sanktionen schließlich soll von der Europäischen Kommission sichergestellt werden, dass ein verhängtes Handelsverbot automatisch in allen Mitgliedstaaten Anerkennung findet und der Informationsaustausch über Sanktionen zwischen den Mitgliedstaaten zeitnah geschieht.

Breite Zustimmung im EMPL

Die Vorstellung des Berichtentwurfs durch den Berichterstatter stieß im Ausschuss auf unterschiedliche Reaktionen. Die Abgeordneten der Europäischen Volkspartei (EVP) teilten das Ziel, Ausbeutung zu bekämpfen, sahen in der vorgeschlagenen Lösung jedoch das Risiko, Unternehmen übermäßig zu belasten. Abgeordnete der Sozialdemokraten (S&D), der Liberalen (Renew) und der Grünen befürworteten den Vorschlag, wobei sich die Liberalen für ein Gleichgewicht zwischen der Position im Bericht und der EVP aussprachen. Die Linken befürworteten den Berichtsentwurf, fanden jedoch die Begrenzung auf zwei Ebenen nur in Risikobranchen nicht ausreichend. Ihrer Ansicht nach sollte diese Regeln in allen Bereichen Anwendung finden. Bei den Abgeordneten der Rechtsaußen-Fraktion Patrioten für Europa (PfE) hingegen fand der Berichtsentwurf keine Unterstützung.

Weitere Schritte  

Die insgesamt 252 Änderungsanträge der EMPL-Mitglieder liegen bereits vor, die Kompromissfindung läuft bis Mitte November. Der EMPL wird voraussichtlich Anfang Dezember über den INI abstimmen. Die anschließende Abstimmung im Plenum soll im Januar 2026 erfolgen.