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Kommission will in diesem Jahr noch drei Gesetzesinitiativen vorlegen.
CC – 11/2025
Besinnlich wird
die Vorweihnachtszeit in Brüssel in diesem Jahr nicht ausfallen, denn es steht
noch einiges an Arbeit an. Insbesondere die Europäische Kommission und die
Generaldirektion SANTE sind derzeit stark gefordert. Am 16. Dezember wird
EU-Gesundheitskommissar Olivér Várhelyi sein Gesundheitspaket vorlegen, das
voraussichtlich drei Initiativen umfassen wird. Mit diesen vorgezogenen
Legislativvorschlägen dürfte die Winterpause entsprechend kürzer ausfallen.
Cardiovascular Health Plan
Der neue EU
Cardiovascular Health Plan soll die erste umfassende EU-Strategie gegen
Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden und damit auf deutlich steigende Fallzahlen
und Kosten in der Europäischen Union (EU) reagieren. Der Plan soll in Aufbau
und Logik dem EU-Krebsplan folgen und voraussichtlich drei Säulen enthalten:
Prävention, Früherkennung und Screening sowie Behandlung und Versorgung.
Ergänzend dazu sind drei horizontale Schwerpunkte vorgesehen: Digitalisierung,
Forschung und soziale Ungleichheiten. Der Herz-Kreislauf-Plan soll wie der
Krebsplan konkrete Ziele setzen und strukturelle Defizite adressieren,
beispielsweise geringe Investitionen in Prävention, fehlende Standards für
Früherkennung, fragmentierte Versorgung, Datenlücken, schwache Forschung sowie
große soziale und geschlechtsspezifische Unterschiede.
Auch wenn es
sich zunächst nur um einen Plan handelt, werden daraus politische Initiativen
folgen – darunter verbindliche Rechtsakte, unverbindliche Empfehlungen und
zusätzliche finanzielle Förderung. Ein vorab geleakter Entwurf gibt bereits
einen ersten Einblick in die Inhalte. Demnach plant die Kommission ein Food
Processing Assessment System, das hochverarbeitete sowie besonders zucker-,
fett- oder salzreiche Lebensmittel wissenschaftsbasiert bewertet. Auf dieser
Grundlage sollen 2026 erstmals EU-weite Abgaben auf solche Produkte sowie auf
sogenannte Alcopops eingeführt werden.
Biotech I
EU-Kommissar
Várhelyi plant zwei Biotech Acts. Der erste Act soll sich sektorspezifisch auf
den Gesundheitsbereich konzentrieren und biotechnologische Innovationen sowie
Vereinfachungen vorsehen – insbesondere bei klinischen Prüfungen, aber auch im
Lebensmittel-und Futtermittelbereich. Der zweite Act soll sich anschließend dem
breiteren europäischen Biotech Ökosystem widmen. Der im Dezember erwartete
Biotech Act I soll die europäische Biotechnologie stärken und steht klar unter
dem Leitmotiv Bürokratieabbau und Vereinfachung. Geplant sind unter anderem
Änderungen an der Verordnung über klinische Prüfungen. Darüber hinaus soll der
Act gezielte EU-Fördermittel bereitstellen, um insbesondere kleinere
Unternehmen zu unterstützen, die Therapien für seltene Erkrankungen oder
fortgeschrittene biotechnologische Verfahren entwickeln. Erwartet werden
außerdem Vorschläge für eine schnellere Zulassung biotechnologischer Produkte. Trotz
der umfangreichen Anpassungen plant die Kommission keine Folgenabschätzung. Die
Auswirkungen und die Reichweite der Vorschläge sind daher fachlich und
wissenschaftlich nicht untermauert.
Anpassungen für Medizinprodukte und In-vitro Diagnostika
Unter dem
Stichwort Vereinfachung und Bürokratieabbau plant die Europäische Kommission
auch vorgezogene Anpassungen an der Medizinprodukteverordnung (MDR) sowie der In-vitro
Diagnostika Verordnung (IVDR). Vorgesehen ist ein Vereinfachungspaket, das
zentrale Verfahren überarbeiten, Zertifizierungen vereinfachen, bürokratische Hürden
und Kosten reduzieren sowie die Regelungen für Gesundheitseinrichtungen
verbessern soll. Voraussichtlich soll das Paket Ausnahmen für die
Zertifizierung für Bestandsprodukte und Fast-Track-Procedure für
Nischenprodukte, sog. Orphan-Devices für kleine Patientenpopulationen, enthalten.
Eine Folgenabschätzung wird nicht vorgelegt. Gesundheitskommissar Várhelyi
betonte die Zielsetzung der Anpassungen ausdrücklich: „Wir müssen die
Bürokratie deutlich reduzieren, die Komplexität verringern, die Zeit bis zur
Markteinführung neuer Produkte verkürzen und die Kosten senken.“
Mit den drei
Initiativen setzt die Kommission zum Jahresende noch einmal deutliche
gesundheitspolitische Akzente, die den politischen Rahmen für 2026 prägen
dürften.