OECD stellt Studie zu Rentensystemen vor.

VS – 11/2025

Am 27. November hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) die Studie „Renten auf einen Blick“ vorgestellt. Darin vergleicht sie seit 2005 alle zwei Jahre die Rentensysteme ihrer Mitgliedsländer. In der aktuellen Ausgabe werden die Reformen der letzten Jahre betrachtet und die jüngsten demografischen Trends und Prognosen zur Alterung der Bevölkerung erörtert. Ein besonderer Fokus liegt auf der geschlechtsspezifischen Rentenlücke. Die Analysen der OECD zeigen, dass sich diese im OECD-Durchschnitt von 28 Prozent im Jahr 2007 auf 23 Prozent im Jahr 2024 verringert hat. Deutschland verzeichnet dabei den stärksten Rückgang aller OECD-Länder von 43 Prozent auf 26 Prozent.

Geschlechtsspezifischer Arbeitsmarkt

Die Autorinnen und Autoren der Studie betonen, dass die geschlechtsspezifische Rentenlücke eine Folge der Unterschiede am Arbeitsmarkt ist und prioritär auch dort angegangen werden muss. So tragen Unterschiede bei Beschäftigung, Arbeitszeit und Löhnen zu gleichen Teilen zur Einkommenslücke von durchschnittlich 35 Prozent in den OECD-Ländern bei – und schlagen sich später auf die Rente nieder.

Im OECD-Durchschnitt liegen die Erwerbszeiten von Frauen sechs Jahre unter denen von Männern. Aufgrund des starken Anstiegs der Erwerbszeiten von Frauen, insbesondere in der späteren Erwerbsphase, liegen diese in Deutschland nur noch gut vier Jahre unter denen von Männern. Die geschlechtsspezifische Lohnlücke beträgt im OECD-Durchschnitt elf Prozent. Mit 21 Prozent weist Deutschland eine der höchsten Lohnlücken auf. Erwerbstätige Frauen arbeiten in Deutschland im Durchschnitt zudem 7,5 Stunden weniger pro Woche als Männer. Im OECD-Durchschnitt sind es fünf Stunden. Auch im Rollenverständnis sind Veränderungen notwendig: Ohne eine gerechtere Verteilung unbezahlter Arbeit können Frauen ihre Arbeitszeit kaum erhöhen. Hierzu bedarf es institutioneller Maßnahmen wie einem Ausbau der Kinderbetreuung.

Rentenpolitische Maßnahmen

Auch wenn die Rentenlücke primär Folge der unterschiedlichen Erwerbsbiografien von Frauen und Männern ist, kann diese durch die Ausgestaltung des Rentensystems deutlich reduziert werden. Maßnahmen wie höhere Leistungen für einkommensschwache Rentnerinnen und Rentner, progressive Rentenformeln, Hinterbliebenenrenten oder die bessere Berücksichtigung von Anwartschaften aus Familienzeiten können dazu beitragen, die Rentenlücke zu reduzieren. In der Vorstellung der auf Deutschland bezogenen Ergebnisse der Studie hob Dina Frommert (Deutsche Rentenversicherung Bund) die Bedeutung der Hinterbliebenenrente für die Reduzierung der geschlechtsspezifischen Rentenlücke hervor.

Demografische Alterung

In den nächsten 25 Jahren wird die Bevölkerung deutlich altern. Im Durchschnitt der OECD-Länder steigt die Zahl der über 65-Jährigen pro 100 Personen im Erwerbsalter von heute 33 auf voraussichtlich 52 im Jahr 2050. Im Jahr 2000 lag der Wert noch bei 22. Besonders starke Zuwächse werden für Südkorea (knapp 50 Punkte) sowie für Griechenland, Italien, Polen, die Slowakei und Spanien (jeweils über 25 Punkte) erwartet. Deutschland liegt mit einem Anstieg von 17 Punkten etwas unter dem OECD-Durchschnitt – ähnlich stark wie bereits zwischen 2000 und heute (14,5 Punkte). Während die Bevölkerung altert, schrumpft zugleich die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter. In Deutschland wird sie in den nächsten 40 Jahren um etwa 23 Prozent zurückgehen, im OECD-Durchschnitt um rund 13 Prozent.

Verlängerung der Lebensarbeitszeit – soziale Investitionen

Das Rentenalter steigt im OECD-Durchschnitt von 64,7 auf 66,4 Jahre. Deutschland liegt bereits jetzt (66,2 Jahre) und künftig (67 Jahre) über diesem Wert. Gleichzeitig sinkt die Erwerbsbeteiligung mit dem Alter: Die Erwerbsquote der 55- bis 64-Jährigen liegt im OECD-Durchschnitt bei 66 Prozent (in Deutschland 75 Prozent) und damit deutlich unter den jüngeren Altersgruppen. Bei den 65- bis 69-Jährigen arbeiten im OECD-Durchschnitt 26 Prozent, in Deutschland 20 Prozent – in Ländern wie Neuseeland, Japan und Island sogar rund 50 Prozent. Mark Pearson (OECD) betonte bei der Vorstellung der Studie, dass mehr Gesundheitsprävention nötig sei, damit Menschen länger arbeiten können. 2023 hatten rund 60 Prozent der über 65-Jährigen in der EU mindestens eine chronische Erkrankung; über die Hälfte fühlte sich im Alltag eingeschränkt.

Relevante Themen für Europa

Während der Vorstellung der Studie hob Katarina Ivanković Knežević deren Bedeutung für die kommenden Arbeiten auf EU-Ebene hervor. Die Reduzierung der Rentenlücke sei auch ein zentrales Ziel der Gender Equality Strategy der Europäischen Kommission und werde auch im  Nachfolgebericht des Pension Adquacy Reopt 2024 eine wichtige Rolle spielen. Zudem bleiben soziale Investitionen in Menschen, die ihnen eine längere und erfolgreiche Teilhabe am Erwerbsleben ermöglichen, ein wesentliches Thema auf EU-Ebene.