Stellungnahme der Deutschen Sozialversicherung

vom 26. September 2023

Initiative zur Überarbeitung des Rahmens für Änderungen der Zulassungsbedingungen von Arzneimitteln


Die Europäische Kommission will im vierten Quartal dieses Jahres eine delegierte Verordnung erlassen, um den geltenden Rechtsrahmen für Änderungen bei den Zulassungsinhalten von Arzneimitteln, die sich zum Beispiel aus technologischen Entwicklungen ergeben haben, effizienter zu gestalten. Der Rechtsakt würde damit um Jahre früher erfolgen als der Abschluss der Gesetzesinitiativen zur europäischen Arzneimittelgesetzgebung.

Die DSV begrüßt die geplante delegierte Verordnung grundsätzlich. Die beabsichtigten kurzfristigen Änderungen sind aber in den Kontext zur Arzneimittelrevision zu setzen. Im Richtlinienentwurf [KOM(2023)192final] ist unter anderem vorgesehen, das reguläre Zulassungsverfahren von 210 Tagen auf 180 Tage zu verkürzen. Dies darf nach Ansicht der DSV nicht zulasten der Qualität des Zulassungsverfahrens gehen. Der gleiche Anspruch muss auch für die geplante delegierte Verordnung zu Änderungen an der Zulassung des Arzneimittels gelten.

Die derzeit geltenden Regelungen knüpfen die Einstufung von Zulassungsänderungen im Wesentlichen an ihr Risiko für die öffentliche Gesundheit und den Umfang der Auswirkungen auf Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit des betreffenden Arzneimittels. Zudem stellen sie sicher, dass insbesondere die Änderungen zeitnah vorgenommen werden, die die Aktualität der Produktinformationen und damit wiederum die Arzneimitteltherapiesicherheit betreffen. Um das hohe Sicherheitsniveau mit den angestrebten Bürokratieentlastungen und Effizienzsteigerungen zusammenzuführen, sollte das bestehende risikoadaptierte Vorgehen weiter gestärkt werden.

Darüber hinaus sind die Auswirkungen der geplanten delegierten Verordnung auf die nationalen Gesundheitssystemen zu bedenken. So hängen in Deutschland die Verfahren der frühen Nutzenbewertung und Ausnahmeregelungen von Preisregularien davon ab, ob eine Zulassungsänderung mit dem Hinzufügen einer neuen therapeutischen Indikation oder der Änderung einer bestehenden Indikation verbunden ist (größere Änderung des Typs II nach Anhang II Nr. 2 a) der Verordnung (EG) 1234/2008 über die Prüfung von Änderungen der Zulassungen von Human- und Tierarzneimitteln.

Deshalb ist es erstens von großer Wichtigkeit, dass bei der Einstufung der Änderungen konsequent zwischen folgenden Situationen unterschieden wird: Änderungen, die zu einer Ausweitung oder Einschränkung der Indikation führen und solchen, die das nicht tun.

In der Vergangenheit war für einige antivirale Mittel (zum Beispiel für Harvoni®) zu beobachten, dass die Indikation des Arzneimittels, wie sie sich aus Abschnitt 4.1 der Fachinformation ergibt, durch Änderungen des Abschnitts 4.2 und 4.4 relevant – nämlich um den Einsatz für weitere Genotypen – erweitert wurde, ohne dass die maßgebliche Änderung als größere Änderung des Typs II eingestuft worden war. Deshalb sollte zweitens zukünftig sichergestellt werden, dass alle Änderungen der Abschnitte 4.2 und 4.4 der Fachinformation, die zu einer relevanten Änderung der Indikation führen (und daher in der Regel auf neuen Studiendaten beruhen), als größere Änderung des Typs II eingestuft werden und damit auch den entsprechenden Verfahrens- und Transparenzvorschriften unterliegen.

Ein dritter Hinweis betrifft das “Skinny-Labelling” nach Artikel 11 Absatz 2 der Richtlinie 2001/83/EG (Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel), das im Falle noch bestehender Anwendungspatente des Originalmedikaments Ausnahmen von der Kennzeichnungspflicht für Generika vorsieht. Hier sollte die Zulassung der Generika oder Biosimilar nach Wegfall des Anwendungspatents mit möglichst geringem Änderungsaufwand um die zunächst ausgelassenen Anwendungsgebiete des Referenzarzneimittels erweitert werden.

Schließlich wird darauf hingewiesen, dass sofern mehrere Änderungen gemäß Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2008 zusammengefasst werden, in den öffentlichen Dokumenten über diese Änderungen weiterhin klar hervorgeht, welche Einstufung die jeweiligen, einzelnen Änderungen haben.



































Über uns

Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund), die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), der GKV-Spitzenverband, die Verbände der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen auf Bundesebene sowie die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) haben sich mit Blick auf ihre gemeinsamen europapolitischen Interessen zur „Deutschen Sozialversicherung Arbeitsgemeinschaft Europa e.V.“ zusammengeschlossen. Der Verein vertritt die Interessen seiner Mitglieder gegenüber den Organen der Europäischen Union sowie anderen europäischen Institutionen und berät die relevanten Akteure im Rahmen aktueller Gesetzgebungsvorhaben und Initiativen. Die Kranken- und Pflegeversicherung, die Rentenversicherung und die Unfallversicherung bieten als Teil eines gesetzlichen Versicherungssystems wirksamen Schutz vor den Folgen großer Lebensrisiken.

DSV-Feedback Änderungen Zulassung