Stellungnahme der Deutschen Sozialversicherung vom 19. September 2023


Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission über das einheitliche ergänzende Zertifikat für Arzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1001, der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 und der Verordnung (EU) Nr. 608/2013


Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel (Neufassung)


Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission über die Vergabe von Zwangslizenzen für das Krisenmanagement sowie zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 816/2006



Inhalt



Vorbemerkung

Am 27. April 2023 hat die Europäische Kommission Vorschläge zur Reform der Rechte des geistigen Eigentums an Arzneimitteln unterbreitet. Diese umfassen Verordnungsvorschläge über standardessenzielle Patente, die verpflichtende Lizenzierung von Patenten in Krisensituationen sowie die Überarbeitung der Rechtsvorschriften über ergänzende Schutzzertifikate (Supplementary Protection Certificates, SPCs). So soll ein einheitliches europäisches ergänzendes Zertifikat etabliert werden und das bereits mit den Verordnungen (EU) Nr. 1257/2012 und (EU) Nr. 1260/2012 eingeführte und 2023 anlaufende einheitliche europäische Patent ergänzen. Daneben soll ein zentralisiertes Verfahren auf EU-Ebene etabliert werden, um ergänzende Schutzzertifikate in allen bezeichneten Mitgliedstaaten zu erwirken. Die Neuregelungen sollen das einheitliche europäische Patentsystem ergänzen, das ab dem 1. Juni 2023 angewendet wird, für mehr Transparenz sorgen und einen fairen Zugang zu Innovationen auch in Notsituationen gewährleisten.

Eine von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebene Studie zeigt, dass bei 61 Prozent der betrachteten Arzneimittel der längste effektive Schutz neuer Arzneimittel vor generischem Wettbewerb durch den Patentschutz bzw. ein SPC gewährt wird.1 Der regulatorische Marktschutz des Arzneimittelrechts greift folglich nur in einem guten Drittel aller Fälle. Dies unterstreicht die Bedeutung patentrechtlicher Regelungen für die Stellung von Arzneimitteln auf dem Markt und ist an anderer Stelle, nämlich bei der von der Europäischen Kommission am 26. April 2023 vorgeschlagenen Revision des europäischen Arzneimittelrechts, zu berücksichtigen. Dort beeinflusst die gesetzliche Ausgestaltung des Patentschutzes maßgeblich die Balance zwischen Anreizen für die Entwicklung neuer Arzneimittel einerseits und wegen ihrer wettbewerblichen Implikationen die langfristige finanzielle Stabilität der Gesundheitssysteme andererseits. Sollen die von der Europäischen Kommission mit dem Arzneimittelpaket gesteckten Ziele hinsichtlich des Zugangs, der Verfügbarkeit und der Bezahlbarkeit von Arzneimitteln erreicht werden, muss sowohl im Arzneimittelrecht wie im Patentrecht auf eine Verkürzung der Exklusivitätszeiten hingewirkt werden.

Die DSV unterstützt die angestrebte einheitliche europäische Erteilung von SPCs, wenn sie den Wettbewerb fördert, zu mehr Transparenz, Effektivität und Rechtssicherheit führt und damit zu einer effizienteren Versorgung beiträgt. Es muss jedoch sichergestellt werden, dass Patentinhaber in allen Fällen, die für ein zentralisiertes Verfahren in Frage kommen, ein zentralisiertes Verfahren zur Erteilung von SPCs auch nutzen müssen. Insofern muss ausgeschlossen werden, dass nationale Antragsverfahren im Einzelfall gezielt genutzt werden können, um die Hürden für einen rechtlichen Angriff auf das SPC durch Anbieter von Generika oder Biosimilars zu erhöhen. Darüber hinaus sollte die Erteilung des SPCs auf das Primärpatent (Original-Wirkstoffpatent unabhängig von Hinweisen auf Darreichungsformen, Indikationen usw.) beschränkt werden. Einem "Patentdickicht" aus einer Vielzahl von Sekundärpatenten, das dazu dient, ein Produkt vor Wettbewerb abzuschirmen, muss entgegengewirkt werden.

Aus Sicht der DSV wird das einfachere und kostengünstigere Beantragen von SPCs absehbar zu einer stärkeren Inanspruchnahme führen. Um die Ziele der Europäischen Kommission im Rahmen der Arzneimittelgesetzgebung und insbesondere auch die Bezahlbarkeit und Verfügbarkeit neuer Arzneimittel zu gewährleisten, wäre als Ausgleich eine Verkürzung der Schutzdauer von SPCs erforderlich. Diesen Zielen dient auch die Stärkung der Transparenz durch den Aufbau einer digitalen Datenbank für arzneimittelbezogene Schutzrechte, die für Anbieter von Generika und Biosimilars ebenso wie für Gesundheitsbehörden und Kostenträger verfügbar gemacht werden muss.

Mit dem Entwurf der Verordnung über die Vergabe von Zwangslizenzen für das Krisenmanagement soll die Möglichkeit geschaffen werden, im Falle einer festgestellten Krisen- oder Notfallsituation der Union europäisch einheitlich verpflichtende Lizenzen für krisenrelevante Produkte zu erteilen. Zu den relevanten Notfallsituationen soll auch eine gesundheitliche Notlage auf Unionsebene gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) 2022/2371 zählen. Die DSV befürwortet auch die Erweiterung der nationalen um europäisch einheitliche Regelungen für verpflichtende Lizenzen. Das Verfahren für europäisch einheitliche verpflichtende Lizenzen im Rahmen des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) sollte auf alle Fälle erweitert werden, in denen unionsweit ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht.

In den folgenden Abschnitten werden konkrete Vorschläge zur Umsetzung der ergänzenden Schutzzertifikate und der Zwangslizenz gemacht.



Stellungnahme

Vorschläge zur Änderung des Entwurfs der Verordnung über das einheitliche ergänzende Zertifikat für Arzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1001, der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 sowie der Verordnung (EU) Nr. 608/2013

Der Verordnungsentwurf [KOM(2023) 222 final] zielt darauf ab, das EU-System der ergänzenden Schutzzertifikate zu vereinfachen und transparenter und effizienter zu gestalten, indem ein einziges Zertifikat für Arzneimittel geschaffen wird.

Artikel 2 – Begriffsbestimmungen

Beabsichtigte Neuregelung

Artikel 2 enthält die notwendigen Definitionen. Absatz 1 enthält die Definition eines "Arzneimittels".

Artikel

Kommissionsvorschlag

wird zu

Änderungsvorschlag

Art. 2

Abs. 1

(1) „Arzneimittel“ bezeichnet einen Stoff oder eine Stoffzusammensetzung, der bzw. die als Mittel zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten bezeichnet wird, sowie einen Stoff oder eine Stoffzusammensetzung, der bzw. die dazu bestimmt ist, im oder am menschlichen oder tierischen Körper zur Erstellung einer ärztlichen Diagnose oder zur Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflussung der menschlichen oder tierischen Körperfunktionen angewandt zu werden;

(1) „Arzneimittel“ bezeichnet einen Stoff oder eine Stoffzusammensetzung, der bzw. die als Mittel zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten bezeichnet wird, sowie einen Stoff oder eine Stoffzusammensetzung, der bzw. die dazu bestimmt ist, im oder am menschlichen oder tierischen Körper zur Erstellung einer ärztlichen Diagnose oder zur Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflussung der menschlichen oder tierischen Körperfunktionen angewandt zu werden, die mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllt:


(a) Stoff oder Stoffzusammensetzung, der Eigenschaften zur Behandlung oder Verhütung von Krankheiten beim Menschen zugeschrieben wird, oder


(b) Stoff oder Stoffzusammensetzung, die beim Menschen verwendet oder ihm verabreicht werden kann, um entweder physiologische Funktionen durch Ausübung einer pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu verändern oder um eine medizinische Diagnose zu erstellen;

Begründung

Aus Sicht der DSV bleibt unklar, warum die hier von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Definition von der im Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Unionskodexes für Humanarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/83/EG und der Richtlinie 2009/35/EG verwendeten Definition abweicht. Aufgrund des engen Zusammenhangs zwischen den beiden Vorschlägen im Bereich des Patentrechts und des Arzneimittelsektors und aus Gründen der Rechtsklarheit sollte hier nach Auffassung der DSV die Definition des Begriffs aus dem Arzneimittelrecht wortgleich übernommen werden.

Die vorgeschlagene Änderung spiegelt den Wortlaut des Entwurfs der Richtlinie über Humanarzneimittel wider. Sie ist gleichlautend auch in Artikel 2 Absatz 1 der Neufassung der Verordnung über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel [KOM(2023) 231 final] zu übernehmen.


Artikel 3Bedingungen für die Erlangung des einheitlichen Zertifikats

Beabsichtigte Neuregelung

Artikel 3 regelt die Voraussetzungen für die Erteilung des einheitlichen Zertifikates und stellt klar, dass für ein Erzeugnis nur ein Zertifikat ausgestellt werden kann. Als Ausnahme wird vorgesehen, dass zwei Anbietern desselben Produkts, die jeweils ein Patent auf dieses Produkt besitzen, unabhängig voneinander ein SPC erteilt werden kann, sofern sie nicht wirtschaftlich miteinander verbunden sind.

Änderungsvorschlag

Artikel

Kommissionsvorschlag

wird zu

Änderungsvorschlag

Art. 3

Abs. 1

UAbs. 2 neu

Das einheitliche Zertifikat wird auf der Grundlage eines Grundpatents vom Amt erteilt, wenn in allen Mitgliedstaaten, in den dieses Grundpatent einheitliche Wirkung hat, zum Zeitpunkt der Anmeldung die folgenden Bedingungen ausnahmslos erfüllt sind:

(a) das Erzeugnis ist durch dieses in Kraft befindliche Grundpatent geschützt;

(b) eine gültige Zulassung des Erzeugnisses als Arzneimittel wurde gemäß der Verordnung (EU) 2019/6 oder gemäß dem zentralisierten Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt;

(c) für das Erzeugnis wurde weder bereits ein Zertifikat noch ein einheitliches Zertifikat erteilt;

(d) die unter Buchstabe b genannte Zulassung ist die erste Zulassung dieses Erzeugnisses als Arzneimittel.

Das einheitliche Zertifikat wird auf der Grundlage eines Grundpatents vom Amt erteilt, wenn in allen Mitgliedstaaten, in den dieses Grundpatent einheitliche Wirkung hat, zum Zeitpunkt der Anmeldung die folgenden Bedingungen ausnahmslos erfüllt sind:

(a) das Erzeugnis ist durch dieses in Kraft befindliche Grundpatent geschützt;

(b) eine gültige Zulassung des Erzeugnisses als Arzneimittel wurde gemäß der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EU) 2019/6 oder gemäß dem zentralisierten Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt;

(c) für das Erzeugnis wurde weder bereits ein Zertifikat noch ein einheitliches Zertifikat erteilt;

(d) die unter Buchstabe b genannte Zulassung ist die erste Zulassung dieses Erzeugnisses als Arzneimittel.


Sind die in Unterabsatz 1 genannten Bedingungen erfüllt, so ist das zentralisierte Antragsverfahren gemäß Artikel 20 der Verordnung [KOM(2023) 231] obligatorisch und es wird eine "Einheitszertifikat" ausgestellt.


Art. 3

Abs. 2

Verfügt ein Inhaber über mehrere Patente für dasselbe Erzeugnis, so dürfen ihm nicht mehrere Zertifikate oder einheitliche Zertifikate für dieses Erzeugnis für einen bestimmten Mitgliedstaat erteilt werden.

Sind zwei oder mehr – nationale oder zentralisierte – Anmeldungen von Zertifikaten oder Anmeldungen von einheitlichen Zertifikaten für dasselbe Erzeugnis, die von zwei oder mehr Inhabern unterschiedlicher Patente in einem bestimmten Mitgliedstaat eingereicht werden, anhängig, kann eine zuständige nationale Behörde bzw. das Amt jedem dieser Inhaber ein Zertifikat oder einheitliches Zertifikat erteilen, sofern sie nicht wirtschaftlich verbunden sind.

Verfügt ein Inhaber über mehrere Patente für dasselbe Erzeugnis, so dürfen ihm nicht mehrere Zertifikate oder einheitliche Zertifikate für dieses Erzeugnis für einen bestimmten Mitgliedstaat erteilt werden. Die Erteilung des Zertifikats oder des Einheitspatents ist auf das primäre Patent zu beschränken.

Sind zwei oder mehr – nationale oder zentralisierte – Anmeldungen von Zertifikaten oder Anmeldungen von einheitlichen Zertifikaten für dasselbe Erzeugnis, die von zwei oder mehr Inhabern unterschiedlicher Patente in einem bestimmten Mitgliedstaat eingereicht werden, anhängig, kann eine zuständige nationale Behörde bzw. das Amt jedem dieser Inhaber ein Zertifikat oder einheitliches Zertifikat erteilen, sofern sie nicht wirtschaftlich verbunden sind.

Begründung

Der Vorschlag gewährt in Artikel 3 Absatz 1 dem Anmelder - auch im Falle eines einheitlichen europäischen Grundpatents – ein gewisses Wahlrecht. Wenn ein durch ein europäisches Patent geschütztes Arzneimittel nicht im zentralisierten Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugelassen wurde, kann er wahlweise ein europäisches einheitliches SPC oder SPCs im nationalen Verfahren beantragen. Dies könnte jedoch dazu führen, dass Patentinhaber in Fällen, die für ein zentralisiertes Verfahren in Frage kommen, nationale Antragsverfahren im Einzelfall gezielt nutzen, um die Hürden für einen rechtlichen Angriff auf das SPC durch Anbieter von Generika oder Biosimilars zu erhöhen. Dies würde dem Anliegen des Gesetzgebers zuwiderlaufen, die Fragmentierung des Systems zugunsten von mehr Effizienz und Transparenz zu überwinden. Es sollte daher erwogen werden, analog zum zentralisierten Zulassungsverfahren für Humanarzneimittel das Einheitspatent und das zentralisierte Antragsverfahren unter den Bedingungen von Artikel 3 Absatz 1 zwingend vorzuschreiben.

Die vorgeschlagene Änderung für einen Unterabsatz 2 legt eine Verpflichtung für das einheitliche Zertifikat und das zentralisierte Antragsverfahren unter den oben genannten Bedingungen fest.

Die Klarstellung in Artikel 3 Absatz 2, dass einem Patentinhaber nur einmal - wie bisher - ein ergänzendes Schutzzertifikat für ein Erzeugnis erteilt werden kann, ist grundsätzlich zu begrüßen. Dennoch lässt die Regelung noch zu viel Spielräume. Die Erteilung des SPC sollte zudem auch auf das primäre Patent beschränkt werden.

Sekundärpatente werden häufig für Arzneimittel über das Primärpatent hinaus auf die Verwendung eines chemischen Stoffes (Klasse) als Wirkstoff angemeldet und erteilt. Sekundärpatente betreffen Teilentwicklungen in Bezug auf das Produkt, wie z. B. seine Herstellung, seine pharmazeutische Zusammensetzung oder seine Verwendung für bestimmte Indikationen. Im Durchschnitt werden sieben Sekundärpatente für ein Produkt erteilt, für einzelne Produkte jedoch deutlich mehr. Die Strategie, ein Produkt durch eine Vielzahl von Sekundärpatenten vor dem Wettbewerb abzuschirmen, wird als "Patentdickicht" bezeichnet. Eine entsprechende Erteilung von Sekundärpatenten schafft insoweit Rechtsunsicherheit und eine künstliche Barriere für den Markteintritt von Generika und Biosimilars, da sie die Monopolstellung eines Produkts zuweilen weit über die Schutzdauer des Hauptpatents hinaus ausdehnt. Wenn der Patentinhaber die Möglichkeit hat, ein ergänzendes Schutzzertifikat auch für ein Sekundärpatent zu beantragen, kann dies auch dazu genutzt werden, die in Artikel 20 festgelegte Dauer der Schutzwirkung des SPC zu umgehen.

Schließlich ist auch die Ausnahme in Absatz 2 nicht nachvollziehbar. Sie beschreibt, dass zwei Anbietern desselben Produkts, die jeweils ein Patent auf dieses Produkt besitzen, unabhängig voneinander ein SPC erteilt werden kann, sofern sie nicht wirtschaftlich miteinander verbunden sind. Zunächst ist anzumerken, dass in diesem Fall ohnehin immer ein Lizenzvertrag zwischen den Unternehmen besteht, da das Produkt in der Regel durch ein Wirkstoffpatent geschützt ist. Dies stellt jedoch bereits eine wirtschaftliche Verbindung dar. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, warum der Umstand des parallelen Vertriebs eines Produkts durch mehrere Anbieter eine effektiv längere Monopolstellung für eines der Produkte (abhängig vom Zeitpunkt der Erteilung der jeweiligen Basispatente) rechtfertigen soll als im Falle eines einzelnen Anbieters. Denn damit ist keine schutzwürdige Innovation verbunden. Im Gegenteil, es ist zu befürchten, dass diese Regelung strategisch ausgenutzt wird. Die Regelung sollte daher aus Sicht der DSV ersatzlos gestrichen werden.

Die Vorschläge zu Artikel 3 Absatz 2 sind wortgleich auch in Artikel 3 Absatz 3 der Neufassung der Verordnung über das ergänzende Schutzzertifikat [KOM(2023) 231 final] zu übernehmen.


Artikel 5Wirkungen des einheitlichen Zertifikats

Beabsichtigte Neuregelung

Artikel 5 regelt die Wirkungen des Einheitszertifikats mit dem Ziel, klare Ausnahmen von der Schutzwirkung festzulegen.

Änderungsvorschlag

Artikel

Kommissionsvorschlag

wird zu

Änderungsvorschlag

Art. 5

Abs. 3

UAbs. 2 neu


Dieser Artikel, insbesondere in Bezug auf die Ziffern iii) und iv), gilt unbeschadet der Bedingungen von Artikel 10 Absatz 6 der Richtlinie 2001/83/EG.

Begründung

Die DSV befürwortet ausdrücklich Ausnahmen vom Schutz des SPC zum Zwecke eines schnelleren Markteintritts von Generika und Biosimilars nach Ablauf der Schutzfrist. Im Hinblick auf Artikel 5 Absatz 3 ff. ist jedoch das Zusammenspiel mit Artikel 85 des Richtlinienentwurfs der Kommission über Humanarzneimittel [KOM(2023) 192 final] zu beachten. Die in Artikel 5 Absatz 3 Buchstabe a), iii) und iv) beschriebenen Ausnahmen sind bereits durch Artikel 85 des Richtlinienentwurfs über das Arzneimittelrecht abgedeckt. Insofern muss in Artikel 5 Absatz 2 ff. für die Anbieter von Generika oder Biosimilars sichergestellt werden, dass sie im Vergleich zu Artikel 85 der revidierten Richtlinie 2001/83/EG keinen weiteren Verpflichtungen oder Beschränkungen unterworfen werden.

Die DSV schlägt deswegen vor, mit dem ergänzenden Unterabsatz sicherzustellen, dass die Verpflichtungen der angesprochenen Arzneimittelhersteller nicht über den Anwendungsbereich von Artikel 85 der überarbeiteten Richtlinie 2001/83/EG hinausgehen.

Die entsprechenden Ergänzungen sind auch in Artikel 5 Absatz 2 Unterabsatz 2 neu der Neufassung der Verordnung über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel [KOM(2023) 231 final] vorzunehmen.


Artikel 20Laufzeit des einheitlichen Zertifikats

Beabsichtigte Neuregelung

Artikel 20 regelt die Geltungsdauer der Einheitsbescheinigung. Absatz 2 besagt, dass diese maximal fünf Jahre ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens betragen darf.

Änderungsvorschlag

Artikel

Kommissionsvorschlag

wird zu

Änderungsvorschlag

Art. 20

Abs. 2


Die Laufzeit des einheitlichen Zertifikats beträgt höchstens fünf Jahre vom Zeitpunkt seines Wirksamwerdens an.

Die Laufzeit des einheitlichen Zertifikats beträgt höchstens vier fünf Jahre vom Zeitpunkt seines Wirksamwerdens an.

Begründung

Um die mit der Arzneimittelrevision verfolgten Ziele, insbesondere eine bessere Erschwinglichkeit und Verfügbarkeit neuer Arzneimittel, zu erreichen, muss nach Auffassung der DSV eine Verkürzung der Ausschließlichkeitsfristen im Arzneimittelrecht und im Patentrecht in gleicher Weise herbeigeführt werden. Im Hinblick auf ergänzende Schutzzertifikate bedeutet dies konkret, dass im Gegenzug zur Erleichterung der Nutzung von SPCs und der angestrebten Verkürzung der Bearbeitungszeiten der Zulassung notwendigerweise auch eine Verkürzung ihrer Schutzdauer einhergehen sollte. Ein SPC verlängert den effektiven Patentschutz ab dem Zeitpunkt der Zulassung auf maximal 15 Jahre, jedoch nicht um mehr als fünf Jahre. Das bedeutet, dass in bestimmten Fällen – so zum Beispiel, wenn das Arzneimittel zwischen dem Jahr 10 und dem Jahr 20 des Patentschutzes zugelassen wird - eine schnellere Zulassung zu effektiv längeren Schutzfristen führen kann. Dies steht im Widerspruch zu der oben erwähnten Absicht, die Exklusivitätsfristen zu verkürzen.

Um den genannten Folgen Rechnung zu tragen und eine Verlängerung des effektiven Exklusivitätsschutzes durch ein SPC zu verhindern, schlägt die DSV eine Verkürzung auf eine maximale Dauer von vier statt fünf Jahren vor.

Eine entsprechende Regelung ist auch in Artikel 13 Absatz 2 der Neufassung der Verordnung über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel [KOM(2023) 231 final] aufzunehmen.


Artikel 36Datenbank

Beabsichtigte Neuregelung

Artikel 36 verpflichtet das Amt, zusätzlich zur Führung eines Registers der erteilten einheitlichen Schutzzertifikate eine Datenbank zu führen. Diese Datenbank soll für die Kommunikation mit Antragstellern und Dritten sowie für die Verwaltung von Anträgen auf Erteilung eines Schutzzertifikats verwendet werden.

Änderungsvorschlag

Artikel

Kommissionsvorschlag

wird zu

Änderungsvorschlag

Art. 36

Abs. 6

neu


Das Amt arbeitet eng mit der Europäischen Arzneimittel-Agentur zusammen, um auf der Grundlage der bestehenden Register und der Verpflichtung zur Führung einer Datenbank gemäß Absatz 1 eine produktbezogene zentrale Datenbank einzurichten und zu unterhalten, in der alle nach dem Arzneimittelrecht erteilten europäischen und nationalen Patent- und Zulassungsschutzrechte erfasst werden.

Begründung

Generika und Biosimilars kommen auf den Markt, wenn das Patent oder das SPC für das Referenzprodukt abläuft. Der Aufbau einer digitalen Datenbank für arzneimittelbezogene Schutzrechte verbessert somit auch die Planungssicherheit und die Wettbewerbschancen für Anbieter von Generika und Biosimilars. Die entsprechenden Informationen sollten auch den Gesundheitsbehörden und Kostenträgern zur Verfügung gestellt werden, damit diese sie in ihren nationalen Versorgungsplanungs- und Beschaffungsverfahren berücksichtigen können. Die so zu erreichende bessere Planbarkeit der Vertragsbeziehungen der Krankenkassen mit Generika- und Biosimilar-Lieferanten trägt ebenfalls zur Verbesserung der Versorgungssicherheit bei.

Das vorgeschlagene Register und die Datenbank sollten daher zusammen mit dem Europäischen Patentregister zu einer zentralen, digitalen Informationsplattform auf EU-Ebene ausgebaut werden, in der alle (auch nationale) Patent- und Zulassungsschutzrechte für Arzneimittel produktbezogen aufgelistet sind und in der auch auf anhängige Verfahren diesbezüglich hingewiesen wird. Auf diese Weise könnte die für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes und der jeweiligen nationalen Gesundheitssysteme notwendige Transparenz effizient gewährleistet werden.

Eine entsprechende Sicherstellung, dass die Informationen aus den Registern und der neuen Datenbank für einheitliche Schutzzertifikate für die Einrichtung einer Datenbank für Informationen über Regelungs- und Patentschutzfristen gemäß Artikel 138 des Verordnungsentwurfs [KOM(2023) 193 final] und Artikel 82a neu des Richtlinienentwurfs [KOM(2023) 192 final] verfügbar sind, sollte deswegen ausdrücklich in Absatz 6 aufgenommen werden.

Eine entsprechende Regelung ist auch in Artikel 36 Absatz 6 neu der Verordnung über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel [KOM(2023) 231 final] vorzusehen.


Artikel 42 Beweisaufnahme

Beabsichtigte Neuregelung

Artikel 42 regelt das Verfahren der Beweisaufnahme in Rechtsmittelverfahren.


Änderungsvorschlag


Artikel

Kommissionsvorschlag

wird zu

Änderungsvorschlag

Art. 42

Par. 3


Hält das Amt oder das einschlägige Gremium die mündliche Vernehmung eines Beteiligten, Zeugen oder Sachverständigen für erforderlich, so wird der Betroffene zu einer Vernehmung vor dem Amt geladen. Die Frist für die Ladung beträgt mindestens 1 Monat, sofern diese nicht mit einer kürzeren Frist einverstanden sind.

Hält das Amt oder das einschlägige Gremium die mündliche Vernehmung eines Beteiligten, Zeugen oder Sachverständigen für erforderlich, so wird der Betroffene zu einer Vernehmung vor dem Amt geladen. Wird ein Sachverständiger hinzugezogen, so vergewissert sich das Amt, dass die betreffende Person in der Lage ist, ein unabhängiges Gutachten abzugeben, und dass kein Interessenkonflikt besteht. Die Frist für die Ladung beträgt mindestens 1 Monat, sofern diese nicht mit einer kürzeren Frist einverstanden sind.

Begründung

Nach Auffassung der DSV sollte die Vorschrift ergänzt werden, um die Unabhängigkeit der Sachverständigen und die Berücksichtigung von Interessenkonflikten bei ihrer Beiziehung sicherzustellen.

Durch die Einfügung in Absatz 3 soll das Amt – vorgesehen ist, dass das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) die zentrale, von den nationalen Ämtern unterstützte Prüfstelle wird – verpflichtet werden, bei der Einladung von Sachverständigen deren Unabhängigkeit zu überprüfen und Interessenkonflikte auszuschließen.

Eine korrespondierende Einfügung ist auch in Artikel 45 Absatz 3 der Neufassung der Verordnung über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel [KOM(2023) 231 final] vorzunehmen.




Vorschläge zur Änderung des Verordnungsentwurfs über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel (Neufassung)

Der Verordnungsentwurf [KOM(2023) 231 final] zielt darauf ab, auf EU-Ebene ein zentralisiertes Verfahren zur Erlangung nationaler ergänzender Schutzzertifikate in allen benannten Mitgliedstaaten einzuführen.


Kapitel 3, Artikel 20 – Zentralisiertes Verfahren für Zertifikate

Beabsichtigte Neuregelung

Der aktuelle Vorschlag der Europäischen Kommission sieht in Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 20 des Verordnungsentwurfs vor, dass der Antragsteller wählen kann, ob er ein SPC in einem zentralisierten Verfahren nach dem vorliegenden Verordnungsentwurf oder in einem nationalen Verfahren beantragt, wenn ein durch ein europäisches Patent geschütztes Arzneimittel nicht im zentralisierten Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugelassen wurde.

Artikel

Kommissionsvorschlag

wird zu

Änderungsvorschlag

Art. 20

Abs. 1


Handelt es sich bei dem Grundpatent um ein Europäisches Patent, einschließlich eines einheitlichen Patents, und wurde die Zulassung im Rahmen des zentralisierten Verfahrens gemäß der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 oder der Verordnung (EU) 2019/6 erteilt, so findet das Verfahren dieses Kapitels Anwendung.

Handelt es sich bei dem Grundpatent um ein Europäisches Patent, einschließlich eines einheitlichen Patents, und wurde die Zulassung gemäß der Richtlinie 2001/83/EG, im Rahmen des zentralisierten Verfahrens gemäß der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 oder der Verordnung (EU) 2019/6 erteilt, so findet das Verfahren dieses Kapitels Anwendung.

Begründung

Diese Regelung würde nach Auffassung der DSV Patentinhabern in Fällen, die aufgrund eines europäischen Grundpatents grundsätzlich für ein zentralisiertes Verfahren nach Artikel 20 in Betracht kommen, die Möglichkeit eröffnen, im Einzelfall nationale Antragsverfahren gezielt zu nutzen, um die Hürden für einen rechtlichen Angriff auf das SPC durch Generika- oder Biosimilaranbieter zu erhöhen. Dies würde dem Anliegen des Gesetzgebers zuwiderlaufen, die Fragmentierung des Systems zu Gunsten von mehr Effizienz und Transparenz zu überwinden.

Daher sollte nach Auffassung der DSV das zentralisierte Antragsverfahren für Arzneimittel, die durch ein europäisches Patent geschützt sind, zwingend vorgeschrieben werden.

Diesbezüglich wird vorgeschlagen in Absatz 1 einen Verweis auf die Richtlinie 2001/83/EG einzufügen.


Änderungen aufgrund von DSV-Vorschlägen zum Verordnungsentwurf über das einheitliche ergänzende Zertifikat für Arzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1001, der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 sowie der Verordnung (EU) Nr. 608/2013 [KOM(2023) 222 final]

Als Folge der Kommentierung der DSV zum Verordnungsentwurf [KOM(2023) 222 final] im Stellungnahmeteil II. 1 sind einige Änderungsvorschläge in den Entwurf der Verordnung über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel (Neufassung) [KOM(2023) 231 final] zu übernehmen:

In Artikel 2 Absatz 1 die Definition Arzneimittel aus Artikel 2 Absatz 1 [KOM(2023) 222],

in Artikel 3 Absatz 3 die Beschränkung auf das primäre Patent als Grundpatent und die Streichung der Regel für mehrere separate SPCs im Falle von Mehrfachanträgen aus Artikel 3 Absatz 2 [KOM(2023) 222],

in Artikel 5 Absatz 2 Unterabsatz 2 neu die Wechselwirkung mit der Bolar-Ausnahme aus Artikel 5 Absatz 3 Unterabsatz 2 neu [KOM(2023) 222],

in Artikel 13 Absatz 2 die Dauer des Zertifikats aus Artikel 20 Absatz 2 [KOM(2023) 222],

in Artikel 36 Abs. 6 neu die Datenbank zu Exklusivitätsrechten aus Artikel 36 Absatz 6 [KOM(2023) 222],

in Artikel 45 Absatz 3 die Interessenkonflikte von Experten aus Artikel 42 Absatz 3 [KOM(2023) 222].



Vorschlag für eine Änderung des Entwurfs einer Verordnung über Zwangslizenzen für das Krisenmanagement und zur Änderung der Verordnung (EG) 816/2006

Mit dem Verordnungsentwurf [KOM(2023) 224 final] soll sichergestellt werden, dass einerseits das Gleichgewicht und die Innovationsanreize in Krisenzeiten erhalten bleiben und andererseits ein schneller Zugang zu kritischen Produkten und Technologien gewährleistet ist, auch wenn es keine freiwilligen Lizenzvereinbarungen gibt.


Artikel 4 – Unionsweite Zwangslizenz

Beabsichtigte Neuregelung

Artikel 4 bildet die Rechtsgrundlage für die Erteilung von Unions-Zwangslizenzen in Krisen- oder Notsituationen.

Artikel

Kommissionsvorschlag

wird zu

Änderungsvorschlag

Art. 4

Die Kommission kann eine unionsweite Zwangslizenz erteilen, wenn ein im Anhang dieser Verordnung aufgeführter Krisen- oder Notfallmodus gemäß einem der in diesem Anhang aufgeführten Rechtsakte der Union aktiviert oder ausgerufen wurde.

Die Kommission kann eine unionsweite Zwangslizenz erteilen, wenn ein im Anhang dieser Verordnung aufgeführter Krisen- oder Notfallmodus gemäß einem der in diesem Anhang aufgeführten Rechtsakte der Union aktiviert oder ausgerufen wurde oder wenn die Kommission im Wege eines Durchführungsrechtsakts ein übergeordnetes öffentliches Interesse in der gesamten Union förmlich anerkannt hat.

Begründung

Die DSV spricht sich dafür aus, die nationalen Regelungen um einheitliche europäische Regelungen für Zwangslizenzen zu erweitern. Das Verfahren für europaweit einheitliche Zwangslizenzen nach dem Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) sollte auf alle Fälle ausgedehnt werden, in denen ein übergeordnetes öffentliches Interesse in der gesamten Union besteht.




























Über uns


Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund), die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), der GKV-Spitzenverband, die Verbände der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen auf Bundesebene sowie die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) haben sich mit Blick auf ihre gemeinsamen europapolitischen Interessen zur „Deutschen Sozialversicherung Arbeitsgemeinschaft Europa e.V.“ zusammengeschlossen. Der Verein vertritt die Interessen seiner Mitglieder gegenüber den Organen der Europäischen Union sowie anderen europäischen Institutionen und berät die relevanten Akteure im Rahmen aktueller Gesetzgebungsvorhaben und Initiativen. Die Kranken- und Pflegeversicherung, die Rentenversicherung und die Unfallversicherung bieten als Teil eines gesetzlichen Versicherungssystems wirksamen Schutz vor den Folgen großer Lebensrisiken.

Stellungnahme Ergänzendes Schutzzertifikat