Nach wie vor dominieren die aktuell diskutierten Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TiSA die Schlagzeilen.

09/2016

Während die Zukunft von TTIP mittlerweile ungewiss ist, laufen die Arbeiten an der Vorbereitung der Ratifizierung des kanadisch-europäischen Freihandelsabkommens (CETA) auf Hochtouren. Daneben gehen die Verhandlungen an dem multilateralen Abkommen zur Liberalisierung von Dienstleistungen still und heimlich weiter. Seit 2012 diskutieren 23 Vertragspartner, einschließlich der EU und den USA über Möglichkeiten, den Dienstleistungs-handel zu vereinfachen. 

 

Um noch auf weiterhin bestehende Unklarheiten mit Blick auf soziale Sicherheit hinzuweisen, haben die Arbeitsgemeinschaft der Europäischen Sozialversicherungen (ESIP) und die Internationale Vereinigung der Krankenversicherer auf Gegenseitigkeit (AIM) einen offenen Brief an Handelskommissarin Cecilia Malmström geschrieben, der im Internet verfügbar ist: 

 

http://www.esip.eu/files/2016-07-01%20ESIP_AIM%20letter%20to%20Commissioner%20Malmström_0.pdf 

 

Neben unklaren Begriffen und verschiedener Interpretationsmöglichkeiten zu Dienstleistungsregeln sprechen ESIP und AIM auch mögliche Folgewirkungen für die soziale Sicherheit von Klagen an, die Investoren gegen Staaten richten. Ganz ähnliche Einwände haben im Übrigen auch die deutschen kommunalen Dachverbände. Es bleibt abzuwarten, ob und inwieweit die Verhandlungsführer die Bedenken in die Verhandlungen mit aufnehmen.  

 

Eine Änderung des bereits ausgehandelten CETA Vertragstextes dürfte aufgrund des anstehenden Ratifizierungsprozesses schwierig sein. Schon im Oktober soll der ausgehandelte Vertragstext von den Verhandlungspartnern unterzeichnet werden und den Start für den Ratifizierungsprozess frei machen. Die EU-Kommission hat ihre Vorstellungen über den Ablauf bereits im Juli bekannt gegeben. Sie hat CETA dem Ministerrat als „gemischtes Abkommen“ vorgelegt und nicht wie zuvor beabsichtigt als „reines EU-Abkommen“. „Gemischt“ bedeutet hier, dass einige im Vertrag enthaltene Regelungen in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen und deswegen einer Bestätigung durch die nationalen Parlamente bedürfen. Diese Rechtsauffassung haben bislang auch die Mitgliedstaaten im Rat vertreten, nicht jedoch die EU-Kommission. Und auch mit ihrem Beschluss, den Vertrag mit Blick auf die Ratifizierung als gemischtes Abkommen zu ratifizieren, hat die Brüsseler Behörde ihre Rechtsauffassung nicht geändert und dies auch den Mitgliedstaaten und der Öffentlichkeit mitgeteilt. Ihre Entscheidung hat sie vielmehr mit politischen Motiven begründet. Es soll eine zügige Beratung im Rat sichergestellt werden, deswegen habe sie CETA als gemischtes Abkommen vorgelegt. Damit hat sie den Weg für eine zusätzliche Ratifizierung der nationalen Parlamente frei gemacht. Daneben bedarf es auch einer Zustimmung des Europäischen Parlaments und dem Rat der Europäischen Union, in dem die Mitgliedstaaten vertreten sind. Nur dann kann CETA insgesamt und endgültig in Kraft treten.  

 

Um jedoch bereits frühzeitig von verschiedenen ausgehandelten Regelungen zu profitieren, strebt die EU-Kommission eine vorläufige Anwendbarkeit der Regelungsbereiche an, die unbestritten in alleiniger EU-Zuständigkeit liegen. Welche Teile dies sind, wird derzeit geprüft.  

 

Mit Blick auf TTIP wird die EU-Kommission nicht müde, für einen Abschluss zu werben. Auch wenn das Ziel, vor Ende des Jahres eine Einigung über den wesentlichen Vertragsinhalt zu erreichen, aussichtslos ist, werden die Verhandlungsführer von Kommissarin Malmström und dem amerikanischen Handelsbeauftragten Froman dazu aufgefordert, während der Anfang Oktober stattfindenden 15. Verhandlungsrunde große Fortschritte zu erreichen.  

 

Während in der Öffentlichkeit weiterhin CETA und TTIP die Schlagzeilen dominieren, gehen die Verhandlungen an TiSA, dem multilateralen Abkommen zur Liberalisierung von Dienstleistungen, still und heimlich weiter. Seit 2012 haben sich 23 WTO-Mitgliedsländer, darunter die EU und Kanada, zusammengeschlossen, um über Möglichkeiten den Dienstleistungshandel zu vereinfachen, zu diskutieren. Auch hier scheinen die Vertragspartner nun Gas zu geben und streben bis Ende des Jahres, spätestens aber bis Januar 2017, den Abschluss der Verhandlungen an. Grund dafür ist ebenso wie bei TTIP der anstehende Wechsel in der US-Administration.