Langer Atem bei Regelungen zu Tabak, Nikotin und E-Zigaretten
Mitgliedstaaten erhöhen Druck auf Kommission.
CC – 07/2024
Gleich drei Tagesordnungspunkte des letzten EPSCO-Rates am
21. Juli haben sich mit strengeren Regelungen zum Tabak- und Nikotinkonsum in
der Europäischen Union (EU) befasst. Zwei Tagesordnungspunkte sind dabei von
den Mitgliedstaaten unter „Verschiedenes“ auf die Agenda gesetzt worden. Sie
erhöhen den Druck auf die Europäische Kommission, Maßnahmen zu ergreifen, um
die Bekämpfung des Tabak- und Nikotinkonsums in der EU voranzutreiben.
Neuartige Tabakerzeugnisse
Die lettische Delegation hat mit Unterstützung von zwölf
Mitgliedstaaten einen Aufruf für Maßnahmen auf EU-Ebene zum Schutz junger Menschen vor Schäden durch
neuartige Tabakerzeugnisse und nikotinhaltige Produkte vorgelegt. Das Non-Paper
konzentriert sich auf neuartige Tabakerzeugnisse wie E-Zigaretten. Neue Daten
aus der Studie zum Gesundheitsverhalten von Kindern im Schulalter (HBSC) würden
zeigen, dass E-Zigaretten inzwischen beliebter sind als herkömmliche
Zigaretten: 32 Prozent der befragten 15-Jährigen hätten schon einmal
E-Zigaretten konsumiert, 20 Prozent in den letzten 30 Tagen. Durch gezieltes
Marketing mit schmackhaften Aromen würden Kinder und Jugendliche noch mehr zum
Rauchen verführt. In der Aussprache wiesen die Letten darauf hin, dass gerade
Aromen, Werbung über Social Media und fehlende EU-weite Regelungen, zum
Beispiel ein Verbot von Fernvermarktung verhindern, dass neuartige Tabak- und
Nikotinerzeugnisse in der EU weniger verfügbar und weniger attraktiv werden.
Werbung und Verkauf von Tabak, insbesondere auf digitalen Plattformen
Mit Unterstützung, auch aus Deutschland, haben die Dänen in
einem weiteren Informationsvermerk verstärkte Anstrengungen zum Schutz von Kindern vor Direktwerbung und dem
Verkauf von Tabakerzeugnissen und nikotinhaltigen Produkten, insbesondere über
digitale Plattformen, gefordert. In dem Vermerk wird die Europäische Kommission
aufgefordert, eine Debatte über nikotinhaltige Produkte einzuleiten: „Wir
müssen die Messlatte hoch legen und die Tabakgesetzgebung zukunftssicher
gestalten, um sicherzustellen, dass sowohl neue als auch künftige Produkte in
den Geltungsbereich fallen und dass Anbieter sozialer Medien mehr Verantwortung
für die Vermarktung und den Verkauf von Tabak- und Nikotinerzeugnissen auf
ihren Plattformen übernehmen [...] Die Initiativen sollten ein Verbot von
Aromen in nikotinhaltigen Produkten, eine Begrenzung des Nikotingehalts in
diesen Produkten und gegebenenfalls ein Verbot bestimmter Produkte umfassen“.
Die deutsche Delegation brachte in der Debatte ihre Unterstützung für eine
ehrgeizige Tabakkontrollpolitik der EU zum Ausdruck und forderte die Vorlage
von Empfehlungen des Rates zu rauchfreien Zonen, die auch E-Zigaretten
einschließen sollten.
Rauchfreie Umgebungen
Eigentlich sollte Ende Januar ein Präventionspaket von der
Europäischen Kommission vorgelegt werden, aber nur ein Teil des Pakets, die
Ratsempfehlungen zu durch Impfung vermeidbaren Krebserkrankungen, wurde
veröffentlicht (siehe News 07/2024). Der Vorschlag für die Überarbeitung der
Ratsempfehlungen zu Rauchfreien Umgebungen lassen seit Monaten auf sich warten.
Die neuen Empfehlungen hätten die Mitgliedstaaten aufgefordert, die
Öffentlichkeit vor Passivrauchen zu schützen, sowohl durch Zigaretten als auch
durch Aerosole von neuartigen Produkten wie E-Zigaretten und erhitzten
Tabakgeräten. Bereits auf der Kommissionsveranstaltung zum Europäischen Plan
zur Krebsbekämpfung im Januar wurde Kritik an der mehrmaligen Verzögerung
geäußert. Der belgische Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke – Belgien hatte
zu diesem Zeitpunkt die Ratspräsidentschaft inne - äußerte öffentlich Kritik
und deutete an, dass die Verzögerung auf starke Lobbyarbeit der Tabakindustrie
zurückzuführen sei. „Diese Verschiebungen wurden von mächtigen
Industrieinteressen auf Kosten der Gesundheit der Europäer untergraben”, sagte
er im Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und
Lebensmittelsicherheit (ENVI). Die Empfehlungen für rauchfreie Umgebungen
sollen nun am 17. September von der Kommission vorgelegt werden.