Der Schutz geistigen Eigentums einerseits und das Recht auf Gesundheitsversorgung andererseits: dies ist das Spannungsfeld, mit dem sich ein Initiativbericht des EP-Gesundheitsausschusses auseinandersetzt.

MS – 12/2016

Um diesen Konflikt zu lösen und die Versorgung auch mit innovativen Arzneien gewährleisten zu können, greift der Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI), unter Federführung von Frau Soledad Cabezòn Ruiz (ES/S&D), dieses Thema auf. Seit September 2016 liegt der Berichtsentwurf zum Thema „Optionen der EU, den Zugang zu Arzneimittel zu verbessern“ vor. Dass das Interesse groß ist und die Meinungen zu dem Thema gleichzeitig auseinandergehen, zeigen die über 600 eingegangen Änderungsanträge der Abgeordneten. 

 

Vor dem Hintergrund explodierender Preise auf EU-Ebene geht es den Abgeordneten bei der Aussprache im Gesundheitsausschuss im Dezember 2016 vor allem darum, die Regulierung der Ausgaben für Arzneimittel neu zu überdenken. Dabei spielen zahlreiche Aspekte eine Rolle, die die Tragfähigkeit der Gesundheitssysteme aber auch das Überleben der Pharmaindustrie sicherstellen sollen.  

 

So wird in der Debatte bemängelt, dass ein Patent auf ein Arzneimittel zurzeit kein Garant dafür sei, dass es tatsächlich ein neues und gutes Medikament ist. Andere Abgeordnete hingegen fordern, dass Hersteller die in ein gutes Medikament investieren auch von guten Patenten profitieren sollen. Urheberrechte müssten zwar beachtet werden und gute Investitionen auch Gewinne ermöglichen, hochpreisige Arzneimittel dürften aber nicht zu einer Gefährdung gesamter Gesundheitssysteme führen.  

Im Bereich Gesundheit sind Forschung und Innovationen wichtig und förderungswürdig, auch um die Konkurrenzfähigkeit europäischer Pharmaunternehmen im internationalen Vergleich zu sichern. Wie kann also die Wettbewerbsfähigkeit des Sektors gestärkt aber gleichzeitig die Preise in der EU insgesamt gesenkt werden? Arzneimittel müssen am Ende einen bezahlbaren Preis haben, sonst haben die Patientinnen und Patienten nichts davon, so die Parlamentarier.  

 

Diskussionsbedarf bietet auch die Gesundheitstechnologiebewertung (Health Technology Assessment, HTA). Keine Einigung gibt es bisher unter den Abgeordneten, ob ein europäischer Ansatz gute Effekte liefern kann und gleichzeitig dazu beiträgt Doppelarbeit zu vermeiden. Fraglich ist auch, ob bei einer europäischen Gesundheitstechnologiebewertung der Fokus ausschließlich auf wissenschaftliche Kriterien oder auch auf ethische und soziale gelegt werden soll.  

Der GKV-Spitzenverband begrüßt die in Brüssel geführte Debatte ausdrücklich. Die laufenden Diskussionen in den EU-Institutionen bestätigten die Sorge um aktuelle Entwicklungen im Arzneimittelbereich. Die Gespräche zwischen wichtigen Stakeholdern über die künftige Arzneimittelversorgung müssten deswegen weiterhin etabliert werden. Dabei gehören die Kostenträger auf jeden Fall mit an den Tisch – und zwar nicht nur als Gäste, sondern als gleichberechtigter Gesprächspartner.  

 

Der Vorschlag des EP-Gesundheitsausschuss beinhaltet die klare Aufforderung an die Kommission, in diesem Feld tätig zu werden und Maßnahmen zu ergreifen. Nicht zuletzt muss jedoch aufgrund der geltenden Kompetenzteilung darüber beraten werden, was auf EU-Ebene und was wiederum auf nationaler Ebene entschieden wird. Die Preisfestsetzung und Kostenerstattung der Arzneimittel liegt in der Kompetenz der Mitgliedstaaten und an dieser Tatsache soll auch nichts geändert werden.  

 

Die Abstimmung im Gesundheitsausschuss ist für den 31. Januar 2017 und die Abstimmung im Plenum des Europäischen Parlaments für Februar 2017 anberaumt.  

 

Entwurf des Berichts: 

http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//NONSGML+COMPARL+PE-587.690+01+DOC+PDF+V0//DE&language=DE