Plattformarbeiter weisen viele Gemeinsamkeiten mit Kurzzeitbeschäftigten und Leiharbeitern auf.

ST/SW – 11/2017

Die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz hat einen Bericht vorgelegt, der sich mit den gesetzlichen und politischen Entwicklungen zu Plattformarbeit in der Europäischen Union und deren Auswirkungen auf die Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz befasst.  

 

Die Verfasser kommen zu dem Ergebnis, dass Plattformarbeiter viele Gemeinsamkeiten mit Kurzzeitbeschäftigten und Leiharbeitern aufwiesen und denselben Risiken im Hinblick auf Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz unterlägen. Erschwerend hinzu komme die mangelnde Erreichbarkeit für Präventionsmaßnahmen und entsprechende Fortbildung. Plattformarbeiter seien oft junge Menschen, die weniger sensibel für das Thema seien. Präventionsmaßnahmen in Unternehmen mit mehreren Arbeitnehmern seien in der Regel effektiver.  

 

Ein weiteres Risiko von Plattformarbeitern sei, im Hinblick auf die wettbewerbliche Organisation und die entsprechenden Bewertungsmechanismen, das Arbeiten in überhöhtem Tempo ohne Pausen. Zudem handele es sich bei Plattformarbeit um prekäre Beschäftigungsverhältnisse, die eine Organisation in Betriebsräten schwieriger mache und letztendlich dazu führe, dass Arbeiter ihre Rechte und Interessen schwerer durchsetzen könnten.  

Was wird auf nationaler Ebene getan?

Der Bericht gibt einen Überblick über Maßnahmen auf nationaler Ebene. Die Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten ergreifen würden, seien sehr unterschiedlich. In manchen Ländern würden Plattformarbeiter normalen Arbeitnehmern gleichgestellt. In anderen würden sie eher als Selbstständige gelten und in wieder anderen Ländern sei ein spezieller Status für Plattformarbeiter zwischen beiden Gruppen geschaffen worden. Dies habe auch Auswirkungen auf ihre sozialen Rechte, die dann je nach Status unterschiedlich ausfielen. Manche Länder seien daher dazu übergegangen, die Rechte nicht mehr abhängig vom Beschäftigungsstatus zu bestimmen, sondern diese nur davon abhängig zu machen, ob eine Tätigkeit ausgeübt werde. 

Ansätze auf europäischer Ebene

Die Entwicklungen auf europäischer Ebene werden ebenfalls im Bericht betrachtet. Die Europäische Kommission bereite derzeit zwei Gesetzgebungsinitiativen für das kommende Jahr vor, um die Rechte von Plattformarbeitern zu stärken: Eine betreffe den Zugang zum Sozialschutz und ziele darauf ab, dass für die gleiche Arbeit der gleiche Sozialschutz, unabhängig vom Beschäftigungsstatus, gelten solle. Die Europäische Kommission hat hierzu am 20. November 2017 die zweite Phase der Konsultation der Sozialpartner sowie eine Befragung an die breite Öffentlichkeit eingeleitet, an der sich auch die deutsche Sozialversicherung mit einer Stellungnahme beteiligen wird. Die andere betreffe die Richtlinie über schriftliche Erklärungen. Sie solle die Informationsrechte der Arbeitnehmer stärken und die Unternehmen verpflichten, allen Arbeitern Informationen zu ihren Rechten bereitzustellen.  

 

Auch das Europäische Parlament beschäftige sich mit dem Thema und setze sich für faire Arbeitsbedingungen und angemessen Rechts- und Sozialschutz ein. Das Parlament habe ferner darauf hingewiesen, dass das Recht auf gesunde und sichere Arbeitsbedingungen auch den Schutz vor Unfallrisiken sowie Höchstarbeitszeiten und Urlaubsansprüche beinhalte. 

Auf einer Konferenz des estnischen Sozialministeriums und des Ausschusses Hoher Arbeitsaufsichtsbeamter (SLIC) am 8. November in Tallinn stand das Thema ebenfalls im Mittelpunkt. Es wurde festgestellt, dass flexible Arbeitsbedingungen zwar zu einer besseren Vereinbarkeit von Arbeits- und Familienleben führen und so das Wohlergehen der Arbeiter verbessern können. Gleichzeitig berge diese Entwicklung aber auch Gefahren und stelle die Sozialversicherungsträger vor neue Herausforderungen. Die Digitalisierung führe zu Veränderungen der Arbeitswelt. Vor allem junge Arbeitnehmer wollen flexibel arbeiten können. Sie wollen nicht mehr zu einer vorgeschriebenen Zeit an einem bestimmten Arbeitsplatz ihre Arbeit verrichten müssen, sondern beides flexibel wählen können. Die „ständige“ Erreichbarkeit von Arbeitnehmern könne jedoch zu erhöhtem Stress oder Burnout führen. Dies bedeute mehr Eigenverantwortung für den Arbeitnehmer und die Notwendigkeit der Anpassung der Regelungen zum Arbeitsschutz.