Probleme ähnlich wie bei Heim- und Haushaltsarbeit.

Dr.WSW – 01/2018

In einem noch laufenden Projekt analysieren Experten des europäischen Netzwerks „European Social Insurance Platform“ (ESIP) die Auswirkungen der Digitalisierung der Arbeitswelt auf die soziale Sicherheit und Sozialversicherung. Dabei geraten auch längst bekannte Arbeitsformen in den Blick, die wegen ihrer Nähe zu manchen neuen Entwicklungen (Wegfall des klassischen „Betriebs“, kurzzeitige Einsätze für wechselnde Abnehmer) Lösungsansätze bieten könnten. In einem ersten Schritt hat die von Niko Väänänen vom Finnischen Rentenversicherungsinstitut ETK erstellte, noch nicht veröffentlichte Studie die Felder „Heim/Telearbeit“ sowie „Haushaltshilfen“ ins Visier genommen. Die strukturierten Antworten der ESIP-Mitglieder auf einen Fragebogen erlauben eine vergleichenden Einblick in die sozial- und arbeitsrechtliche Einordung von Arbeiten, die in privaten Haushalten Dritter verrichtet werden, sowie Arbeitsinspektion und Gesundheitsschutz in Fällen von Heim- und Telearbeit. Die Studie vermittelt ferner erste Einsichten in das quantitative Gewicht des Phänomens von Arbeiten, die über Online-Plattformen vermittelt werden. 

Gesundheitsschutz und Arbeitsinspektion

Das Bild beim Thema „Arbeitsinspektion und Gesundheitsschutz im Fall von Heimarbeit“ ist gemischt. Insgesamt herrscht der Eindruck vor, dass – anders als in Deutschland – solche Inspektionen überhaupt nicht oder nur in sehr reduziertem Umfang zum Einsatz kommen und vor allem das Einverständnis des Wohnungsbesitzers voraussetzen. Was die Gesundheitsrisiken am Heimarbeitsplatz angeht, so trägt hierfür zwar der Arbeitgeber typischerweise eine (Mit-) Verantwortung, allerdings ebenfalls angepasst an den Umstand, dass er die Verhältnisse außerhalb seines Betriebs nur bedingt beeinflussen kann. 

Der Haushalt als „Arbeitgeber“

Arbeitgeberähnliche Pflichten des Auftraggebers gegenüber Haushaltshilfen kommen durchaus zum Einsatz, vor allem mit Blick auf die Abführung von Sozialabgaben. Gleichzeitig wurde jedoch deutlich, dass es neben dem „Arbeitgeber-Modell“ durchaus auch andere legale Konstrukte gibt, die eine Arbeitgeberstellung des Haushalts vermeiden, ohne dass sich die Substanz der zu verrichtenden Arbeiten merklich verändert. Zu erwähnen ist vor allem die Möglichkeit, Haushaltshilfsarbeiten unter dem Statut der Selbständigkeit zu verrichten. Es fällt auf, dass selbst die Wahl des Beschäftigungsstatuts je nach Einzelfall mit zahlreichen Sonderregeln verbunden sein kann, was Inhalt und Ausübung der Arbeitgeberpflichten angeht, bis hin zu steuerrechtlichen Sonderregeln. Vor allem bestehen Ansätze, den Haushalten die Erfüllung der Arbeitgeberpflichten durch besondere öffentliche Dienste gezielt zu erleichtern – bis hin zur quasi „stellvertretenden“ Übernahme von Arbeitgeberpflichten, zum Beispiel bei der Abführung von Sozialabgaben, vgl. die Minijob-Börse und -Zentrale in Deutschland oder den Chèque emploi Sercice Universel in Frankreich. Diese Praktiken könnten sich als gute Vorbilder im Umgang mit Plattformarbeit erweisen.  

Umfang des Phänomens „Plattformarbeit“

Konkrete Zahlen über dem Umfang von Plattformarbeit sind eher selten. Die französische Statistikbehörde INSEE schätzt das Volumen auf ca. sieben Milliarden Euro jährlich. Hierin einbezogen ist allerding auch der Handel mit Gütern über Plattformen. Beschränkt man sich auf das Phänomen „Arbeit“ im engeren Sinne, so sind es nur noch 1,5 Milliarden, und auch hier ist der Umsatz über Airbnb einbezogen, der eher durch Kapitalverwertung als durch Arbeit erzeugt wird.  

 

Polen und Frankreich versuchen, durch den Einsatz neuer statistischer Module ab dem Jahr 2018 einen besseren Einblick in die quantitativen Aspekte des Phänomens zu gewinnen. Auch eine Eurostat-Arbeitsgruppe (LAMAS WG) diskutiert zur Zeit im Rahmen des Labour Force Survey (LFS) Vorschläge zur Einführung eines Moduls zur gig/collaborative economy, welches aber erst im Jahr 2022 zum Einsatz kommen würde.  

 

Mit Spannung darf nun der in einigen Monaten erscheinende zweite Teil der ESIP-Untersuchung erwartet werden, der in wesentlichen Teilen von der Europavertretung der Deutschen Sozialversicherung erstellt wird. Er soll sich vor allem mit drei Formen von Plattformarbeit befassen: virtuelle Arbeit („click-worker“), Personentransport (z.B. Uber) und Warentransport (z.B. Foodora).