Mitgliedstaaten sollen in ihren Grenzgebieten das Recht benachbarter Mitgliedstaaten anwenden dürfen, z.B. für grenzübergreifende Strukturen gesundheitlicher Versorgung.

AD – 06/2018

In der grenzüberschreitenden Überprüfung „Cross-border Review“ hatte die Europäische Kommission beschrieben, dass die Grenzregionen in einem Mitgliedstaat in der Regel wirtschaftlich weniger gut funktionieren würden als andere Regionen. So sei der Zugang zu öffentlichen Diensten wie Krankenhäusern und Universitäten im Großen und Ganzen schlechter. Das Lavieren zwischen verschiedenen Verwaltungs- und Rechtssystemen sei oft immer noch komplex und kostspielig. Die Menschen, Unternehmen, Behörden und nichtstaatliche Organisationen hätten der Europäischen Kommission ihre zuweilen negativen Erfahrungen mit der Interaktion über Binnengrenzen hinweg mitgeteilt. 

Daraufhin legte die Europäische Kommission am 20. September 2017 ihre Mitteilung „Förderung von Wachstum und Zusammenhalt in den EU-Grenzregionen“ vor. Eine der darin genannten spezifischen Maßnahmen, um die Situation in den Grenzgebieten entscheidend verbessern zu können, hat die Europäische Kommission jetzt aufgegriffen:  

Mechanismus zur „Überwindung“ nationalen Rechts

Die Europäische Kommission schlägt einen Mechanismus vor, der in einem bestimmten Mitgliedstaat für eine gemeinsame grenzübergreifende Region (EUREGIO) die rechtlichen Bestimmungen des benachbarten Mitgliedstaats zur Anwendung bringen würde, wenn die Anwendung seines eigenen Rechts ein rechtliches Hindernis für die Durchführung eines gemeinsamen Projekts (das eine Infrastrukturmaßnahme oder eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse sein könnte) darstellen würde.  

 

Der Mechanismus besteht im Abschluss einer Europäischen grenzübergreifenden Verpflichtung („Verpflichtung“)‚ die unmittelbar anwendbar ist, oder einer Europäischen grenzübergreifenden Erklärung („Erklärung“), die ein weiteres Gesetzgebungsverfahren in dem Mitgliedstaat erfordert. 

Verordnung statt Richtlinie

Die Kommission hat als Legalisierungsinstrument den „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlamentes und des Rates über einen Mechanismus zur Überwindung rechtlicher und administrativer Hindernisse in einem grenzübergreifenden Kontext“ (KOM/2018/373 vom 29. Mai 2018) vorgelegt. 

Die Wahl des Instruments „Verordnung“ begründet sie damit, dass einerseits eine „Empfehlung“ nur unverbindlich und deshalb zu schwach sei. Andererseits wäre eine „Richtlinie“ auch nicht das wirksamste Instrument, da sie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet sei, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels zwar verbindlich sei, aber es den innerstaatlichen Stellen überlasse, Form und Mittel zu wählen. 

 

Wie in Abschnitt 3.2 der Mitteilung über Grenzregionen dargelegt worden sei, könne die Umsetzung einer EU-Richtlinie in zwei benachbarten Mitgliedstaaten zwei unterschiedliche Systeme schaffen, die dann entlang der Binnengrenzen zusammenträfen. Dies könne zu Komplexität – und manchmal sogar zu Rechtsunsicherheit – sowie zu einem Anstieg der Kosten führen. 

Wie geht es weiter?

Der Verordnungsentwurf ist inzwischen an die nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten weitergeleitet worden. Sie prüfen jetzt, ob ihrer Meinung nach die für die Schaffung neuen EU-Rechts geltenden Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Subsidiarität eingehalten werden; eventuelle Einwände können sie noch bis Anfang September 2018 geltend machen.