Prävention und Wiedereingliederung im Aufwind
Europaabgeordnete stoßen Debatte für Wiedereingliederung, Prävention und Rehabilitation an.
KL/IW – 06/2018
Der dauerhafte Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit ist für die Erwerbstätigen von existenzieller Bedeutung. Angesichts des demografischen Wandels mit einer zunehmend älter werdenden Belegschaft gewinnt der Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit bis zum Renteneintrittsalter auch wirtschaftlich zunehmend an Bedeutung. Prävention, Rehabilitation und Wiedereingliederung sind deswegen schon lange feste Bestandteile der gesetzlichen Sozialversicherung in Deutschland.
Die Europaabgeordneten des Ausschusses „Beschäftigung und soziale Angelegenheiten“ haben die Bedeutung von Wiedereingliederungsstrategien für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einem aktuellen Bericht hervorgehoben. Darin betonen sie, dass die Wiedereingliederung von Erwerbstätigen nach einer Verletzung oder Erkrankung nicht nur für die Betroffenen selbst wichtig sei. Prävention, Wiedereingliederung und Rehabilitation seien auch wichtige Maßnahmen, wenn Arbeitsplätze sowie die Renten- und Sozialversicherungssysteme nachhaltig bleiben sollen. Die Alterung der Bevölkerung zähle zu den größten gesellschaftlichen Herausforderungen in der EU. Deswegen seien Strategien notwendig, um aktives Altern zu fördern, damit die Menschen bis zum Renteneintrittsalter –oder auf eigenen Wunsch auch länger – aktiv und erwerbstätig bleiben könnten.
In dem Bericht werden auch konkrete Vorschläge und Empfehlungen für Maßnahmen zur Optimierung der Wiedereingliederung von Arbeitnehmern formuliert. Der Parlamentsausschuss hat vor allem drei Gesichtspunkte der Rehabilitation im Blick, die gefördert werden sollen:
- die Vorbeugung und Frühintervention,
- die Rückkehr in das Erwerbsleben und
- der Einstellungswandel in Bezug auf die Wiedereingliederung von Arbeitnehmern.
Die Deutsche Sozialversicherung hatte sich im Dezember 2017 an einer Stellungnahme der European Social Insurance Platform (ESIP) beteiligt und ebenfalls auf die Bedeutung von Strategien zur Wiedereingliederung hingewiesen. Alle Mitglieder der ESIP haben sich in dem Papier für die Förderung von Strategien zur Beschäftigungsfähigkeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern während des gesamten Arbeitslebens und für Präventivmaßnahmen in den nationalen Sozial- und Gesundheitspolitiken der EU-Mitgliedstaaten ausgesprochen (siehe hierzu den Bericht aus 04/2018).
In Deutschland wurden beispielsweise zuletzt Präventionsleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung durch das „Gesetz zur Flexibilisierung des Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand und zur Stärkung von Prävention und Rehabilitation im Erwerbsleben“ (Flexirentengesetz) seit Dezember 2016 als Pflichtleistungen eingeordnet. Darüber hinaus besteht im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung aufgrund des Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsförderung von Juli 2015 an für gesetzliche Krankenkassen die Verpflichtung, ihre Präventionsangebote auszuweiten. Die gesetzliche Unfallversicherung verfolgt bereits seit 2008 die – im Initiativbericht auch besonders hervorgehobene – Präventionsstrategie „Vision Zero“ mit dem Ziel, Arbeits- und Lebenswelten (wie Kita, Schulen und Pflegeheimen) so zu gestalten, dass niemand mehr getötet oder so schwer verletzt wird oder beruflich erkrankt, dass ein Schaden entsteht.
Deutschland hat auch über das Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention die Grundlagen für die Zusammenarbeit von Sozialversicherungsträgern, Länder und Kommunen in den Bereichen Prävention und Gesundheitsöfrderung - für alle Altersgruppen und in vielen Lebensbereichen verbessert.
Wie geht es weiter?
Der auf Initiative der slowakischen Abgeordneten Jana Žitňanská vorgeschlagene „Bericht über die Wiedereingliederung von Arbeitnehmern in hochwertige Beschäftigung nach einer Verletzung oder Erkrankung“ (2017/2277(INI)) hat inzwischen im parlamentarischen Verfahren eine entscheidende Hürde genommen. Die zuständigen Ausschussmitglieder des Europäischen Parlaments haben den Initiativbericht Anfang Juni einstimmig angenommen und zur endgültigen Annahme des Europäischen Parlaments an das Plenum weitergegeben. Das Europäischen Parlament wird voraussichtlich am 10. September 2018 im Rahmen einer Plenarsitzung über die Initiative beraten.
Hintergrund
Die Ausschüsse des Europäischen Parlaments können außerhalb eines Gesetzgebungsverfahrens in dem Rahmen, in dem die europäischen Verträge dem Europäischen Parlament ein Initiativerecht zuweisen, einen Bericht über einen in ihre jeweilige Zuständigkeit fallenden Gegenstand ausarbeiten und im Plenum des Parlaments einen entsprechenden Entschließungsantrag einbringen.