Kommission möchte das Bewusstsein öffentlicher Auftraggeber für die Einbeziehung sozialer Belange bei öffentlichen Vergabeverfahren fördern.

SW – 09/2018

Nach der letzten Änderung der Vergabevorschriften im Jahr 2014 können alle öffentlichen Behörden in ganz Europa öffentliche Aufträge nutzen, um soziale Ziele zu verfolgen. In der Praxis hätten jedoch viele öffentliche Auftraggeber Bedenken oder wüssten nicht, wie sie vorgehen sollen. Das öffentliche Auftragswesen bleibe daher für Unternehmen der Sozialwirtschaft eine weitgehend unerschlossene Quelle des wirtschaftlichen Wachstums. 

 

Daher hat die Europäische Kommission im Rahmen des COSME-Programms für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und für kleine und mittlere Unternehmen ein neues Projekt gestartet, mit dem sie Behörden und Industrie in 15 EU - Ländern über soziale Aspekte in der öffentlichen Auftragsvergabe informieren möchte. Im Laufe des Jahres 2019 sollen in folgenden Mitgliedstaaten Workshops zum Thema veranstaltet werden: Kroatien, Tschechische Republik, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Ungarn, Italien, Irland, Lettland, Niederlande, Polen, Rumänien, Slowakei und Schweden. 

Auch in einer von der Social Economy Intergroup zum Thema „Responsible public procurement and the Social Economy“ veranstalteten Anhörung am 5. September 2018 wurde die Notwendigkeit, das Bewusstsein für die Berücksichtigung sozialer Belange bei der öffentlichen Auftragsvergabe zu fördern, hervorgehoben. 

 

Die für Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU zuständige Kommissarin Elżbieta Bieńkowska wies darauf hin, dass die Gesamtkaufkraft der öffentlichen Hand 14% des BIP betrage. Die Kommission habe in ihrer neuen Strategie vom Oktober 2017 auf die Notwendigkeit einer professionalisierten öffentlichen Auftragsvergabe hingewiesen. Viele öffentliche Auftraggeber trauten sich nicht, soziale Belange in ihre Auftragsvergabe einzubeziehen oder es fehtlen die Kenntnisse hierfür. Es mangele an entsprechenden Schulungen. Eine Initiative, dem zu begegnen, seien die in den Mitgliedstaaten mit Hilfe des COSME-Programms geplanten Veranstaltungen.  

Hintergrund

Die Kommission hatte im Februar 2018 einen Leitfaden für Ausschreibungsverfahren zu EU-finanzierten Projekten herausgegeben zur Vermeidung der häufigsten Fehler bei Projekten, die aus den europäischen Struktur- und Investitionsfonds finanziert werden. Einen speziellen Leitfaden für die Berücksichtigung sozialer Belange im öffentlichen Beschaffungswesen hatte die Kommission bereits 2011 veröffentlicht und in ihrer Mitteilung vom Oktober 2017 zu einer funktionierenden öffentliche Auftragsvergabe in und für Europa angekündigt, diesen zu überarbeiten (siehe auch Bericht der DSV 2/2018). 

Ebenfalls im Oktober 2017 veröffentlichte die Kommission begleitend zu ihrer Empfehlung zur Professionalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens den Leitfaden „Bibliothek bewährter Verfahren und Instrumente“, der in zwei Kategorien unterteilt ist: 1) Gute Praktiken aus den Mitgliedstaaten und 2) Instrumente und Unterstützung durch die Kommission oder internationale Organisationen. Der Leitfaden soll den Mitgliedstaaten und insbesondere den Entscheidungsträgern und öffentlichen Auftraggebern eine Reihe bewährter Verfahren, die den Empfehlungen zur Förderung der Professionalisierung im öffentlichen Beschaffungswesen entsprechen, an die Hand geben. Die Sammlung soll – unter Mitwirkung der Mitgliedstaaten und öffentlichen Auftraggeber - regelmäßig aktualisiert werden. Zu diesem Zweck möchte die Kommission ein Online-Tool entwickeln, das eine dynamische Verwaltung und Aktualisierung ermöglicht.