Autonome Entscheidungen von Maschinen wirken auf die Gesellschaftsordnung des Menschen ein. Wie bereiten wir uns darauf vor?

AD – 10/2018

Künstliche Intelligenz (KI) ist ein Teilbereich der Informatik, der sich daran versucht, das menschliche Denken und Erkennen nachzubilden, um es für Problemlösungen zu nutzen, die Intelligenzleistungen voraussetzen. Maschinen, etwa Roboter, analysieren ihre Umwelt selbständig und ziehen daraus Schlüsse, die zu autonomen Entscheidungen führen können. Wie so oft im Lauf der Geschichte kann der Mensch Werkzeuge zum Guten, aber auch zum Bösen gebrauchen. Wird der Mensch zum bloßen „Befehlsempfänger“ von Maschinen und was würde das für Arbeitsbedingungen, Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz sowie die Produkthaftung bedeuten? 

Mitteilung der EU-Kommission

In ihrer Mitteilung „Künstliche Intelligenz für Europa“ vom 25. April 2018 (KOM/2018/237) und dem dazugehörigen Arbeitspapier in englischer Sprache (SWD/137) wirft die EU-Kommsssion zahlreiche Fragen ethischer und sozioökonomischer Art auf. Gleichzeitig erläutert sie die bisherigen Aktivitäten der EU-Ebene im Bereich der KI, insbesondere auf dem Gebiet der Forschungsförderung, wobei beispielhaft Projekte vorgestellt werden. Die Mitteilung beschreibt eine europäische KI-Initiative mit folgenden Zielen: 

  • Förderung der technologischen und industriellen Leistungsfähigkeit der EU sowie der Verbreitung von KI in der gesamten Wirtschaft, sowohl im privaten als auch im öffentlichen Sektor, und ein besserer Zugang zu Daten. 

 

  • Vorbereitung auf die mit KI verbundenen sozioökonomischen Veränderungen durch Unterstützung der Modernisierung von Bildungs- und Ausbildungssystemen, um Talente zu fördern, Änderungen auf dem Arbeitsmarkt zu antizipieren und unterstützend zu begleiten und die Sozialsysteme entsprechend anzupassen. 

 

  • Gewährleistung eines geeigneten ethischen und rechtlichen Rahmens, der auf den Werten der Union basiert und mit der Charta der Grundrechte der EU im Einklang steht. Dies soll durch Leitlinien zu bestehenden Produkthaftungsvorschriften, eine detaillierte Analyse neu entstehender Herausforderungen und die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Interessenträgern im Rahmen einer Europäischen KI-Allianz zur Entwicklung ethischer Leitlinien für die KI geschehen. 

KI kann öffentliche Dienstleistungen wesentlich verbessern und zur Erreichung der Ziele der Ministererklärung (Erklärung von Tallinn) zum Thema elektronische Behördendienste beitragen. So wird die Kommission beispielsweise Möglichkeiten prüfen, mithilfe der KI große Datenmengen zu analysieren und die Anwendung der Binnenmarktvorschriften zu bewerten. 

Stellungnahme des EWSA

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) hat zur Thematik seine Stellungnahme INT/845, Berichterstatterin Franka Salis-Madinier, Gruppe der Arbeitnehmer (Frankreich), am 19. September 2018 im Plenum beschlossen. 

Der EWSA verweist auf das Potenzial der KI und ihrer Anwendungen, insbesondere in den Bereichen Gesundheitsversorgung, Verkehrs- und Energiesicherheit, Bekämpfung des Klimawandels oder Antizipation von Cybersicherheitsbedrohungen. Der Europäischen Union, den Regierungen und den Organisationen der Zivilgesellschaft komme eine wichtige Rolle zu, wenn es darum gehe, die potenziellen Vorteile der KI insbesondere für Menschen mit Behinderungen oder eingeschränkter Mobilität und ältere Menschen sowie chronisch Kranke in vollem Umfang zu nutzen. 

Jedoch mangele es der EU an Daten zur digitalen Wirtschaft und zum sozialen Wandel, den sie auslöse. Der EWSA empfiehlt eine Verbesserung der statistischen Instrumente und der Forschung, insbesondere zur KI, dem Einsatz von Industrie- und Dienstleistungsrobotern, dem Internet der Dinge sowie der neuen Geschäftsmodelle (Plattformwirtschaft, neue Beschäftigungs- und Arbeitsformen). 

Der EWSA fordert die Europäische Kommission auf, Studien über die sektoralen Auswirkungen von KI und Robotik – und der Digitalisierung der Wirtschaft im Allgemeinen – auf der Ebene der europäischen Gremien des branchenspezifischen sozialen Dialogs zu fördern und zu unterstützen. 

Es sei davon auszugehen, dass KI und Robotik zu einer Verlagerung und Veränderung von Arbeitsplätzen führten; einige Arbeitsplätze fielen weg, während andere geschaffen würden. In jedem Fall müsse die EU im Einklang mit der europäischen Säule sozialer Rechte den Zugang aller Arbeitskräfte – Arbeitnehmer, Selbstständige oder Scheinselbstständige – zum Sozialschutz gewährleisten. 

Der EWSA fordert eine Klärung des Grundsatzes der gesetzlichen Haftung. In der Beziehung zwischen Mensch und Maschine neu auftretende Risiken für die Gesundheit und Sicherheit müssten mit einem ehrgeizigeren Ansatz im Rahmen der Richtlinie über Produkthaftung angegangen werden. 

Wie geht es auf der europäischen Ebene weiter?

Auf der Grundlage des in der Kommissionsmitteilung dargelegten Konzepts und der von 24 Mitgliedstaaten unterzeichneten Kooperationserklärung sowie im Rahmen der europäischen Plattform nationaler Initiativen zur Digitalisierung der Industrie wird die Kommission bis Ende 2018 gemeinsam mit den Mitgliedstaaten an einem koordinierten Plan für die KI arbeiten. 

 

Dessen Ziele werden vor allem darin bestehen, die Wirkung der Investitionen auf EU- und nationaler Ebene zu maximieren, Synergien und die Zusammenarbeit in der gesamten EU zu fördern, empfehlenswerte Verfahren zu verbreiten und gemeinsam die weitere Vorgehensweise zu bestimmen, um sicherzustellen, dass die EU insgesamt weltweit wettbewerbsfähig bleibt. 

Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages

Am 27. September 2018 konstituierte sich die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages „Künstliche Intelligenz – Gesellschaftliche Verantwortung und wirtschaftliche, soziale und ökologische Potenziale“. Die Kommission, die sich zu gleichen Teilen aus Mitgliedern des Deutschen Bundestages und externen Sachverständigen zusammensetzt, soll den zukünftigen Einfluss der KI auf unser (Zusammen-)Leben, die deutsche Wirtschaft und die zukünftige Arbeitswelt untersuchen. Erörtert werden sowohl die Chancen als auch die Herausforderungen der KI für Gesellschaft, Staat und Wirtschaft. Zur Diskussion stehen eine Vielzahl technischer, rechtlicher und ethischer Fragen. 

 

Zum Auftrag der Enquete-Kommission gehört, auf Basis ihrer Untersuchungsergebnisse den staatlichen Handlungsbedarf auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene zu identifizieren und zu beschreiben, um einerseits die Chancen der KI wirtschaftlich und gesellschaftlich nutzbar zu machen und ihre Risiken zu minimieren. 

Anwendungsforschung

Das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) informiert auf seinen Webseiten über Anwendungsforschung, z.B. auf den Gebieten „Gesundheit & Medizin“ und „Assisted Living“.