Opfer arbeiten oft unter gesetzlich inakzeptablen Bedingungen.

FL/SW – 09/2018

Die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) hat in englischer Sprache einen Bericht zum Schutz von Arbeitnehmern vor Ausbeutung und zur Verbesserung von Kontrollen vorgelegt. Der Schwerpunkt der Forschungsarbeit liegt auf der Ausbeutung am Arbeitsplatz und den damit verbundenen Risiken. Die Arbeit beruht auf der Umfrage unter rund 250 Betroffenen und enthält im Wesentlichen Aussagen zu den Fragen, ob (staatliche) Kontrollen während ihrer Arbeitszeit stattfanden und inwiefern diese halfen, der Ausbeutung durch Arbeitgeber entgegen zu wirken. 

Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass mangelnde oder wirkungslose Arbeitsplatzkontrollen es skrupellosen Arbeitgebern ermögliche, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auszubeuten.  

 

Die „Arbeitsausbeutung“ betreffe sowohl EU-Bürgerinnen und Bürger als auch Drittstaatsangehörige. Das in Artikel 31 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerte Recht auf gerechte und angemessene Arbeitsbedingungen werde sowohl EU-Bürgerninnen und Bürgern als auch Drittstaatsangehörigen gewährt, und zwar unabhängig davon, ob sie sich rechtmäßig oder irregulär in der EU aufhielten. Dabei sei die Arbeitsausbeutung nicht immer eine Folge von Menschenhandel oder Zwang zu einer Arbeit. Betroffene könnten auch Opfer von Ausbeutung werden, weil sie unter Bedingungen arbeiten müssten, die weit hinter dem zurückblieben, was vor dem Gesetz als akzeptabel gelten könne. 

 

Mehr als die Hälfte der Betroffenen habe nie Kontrollen erlebt oder davon gehört. In einigen Mitgliedstaaten, so z.B. in Deutschland, Polen und Großbritannien, hätten über 70% keine Erfahrung mit arbeitsrechtlichen Inspektionen. Insbesondere in der Bau- und Nahrungsmittelbranche seien Kontrollen selten, im Bereich der Hausangestellten fehle eine Überwachung vollständig. 

Dort, wo Kontrollen stattgefunden hätten, seien meistens die Arbeitgeber anwesend gewesen, währenddessen die Arbeitnehmer befragt worden seien. Kontrollen seien folglich ineffizient gewesen, da sich die Betroffenen nicht getraut hätten, offen zu sprechen. Oft habe es auch sprachliche Probleme gegeben, wodurch es zu Missverständnissen mit den Inspekteuren gekommen sei. 

 

Arbeitgebern sei es durch vorangekündigte Kontrollen möglich gewesen, Arbeitnehmer zu verstecken oder Arbeitsverträge und Arbeitszeitnachweise zu fälschen. So berichtete einer der Befragten, es habe zwei Formulare gegeben; in einem habe gestanden, dass offizielle acht Stunden gearbeitet werde, im anderen habe die tatsächliche Arbeitszeit von vierzehn Stunden gestanden. Arbeitsmittel, wie Schutzkleidung, sei nur zeitweise zur Verfügung gestellt worden.  

 

Ein weiteres Problem bestehe darin, dass Arbeitnehmer die möglichen Folgen einer Kontrolle und ihre Rechte nicht kennen würden, was zu Unsicherheit und Skepsis führe. Sie hätten Angst, ihren Job zu verlieren. Da ihre Arbeitgeber häufig ungestraft davonkämen, verstärke dies den Eindruck ineffizienter Kontrolle. 

Vorschläge für Lösungsansätze

Die FRA erarbeitete im Zuge ihres Berichts auch einige Lösungsansätze, um Kontrollen gegen Ausbeutung am Arbeitsplatz wirksamer zu machen.  

 

Mitgliedstaaten sollten dem Bau- und Nahrungsmittelgewerbe mehr Aufmerksamkeit widmen und Kontrollmöglichkeiten für die Tätigkeiten von Hausangestellten entwickeln. 

 

Inspekteure müssten mehr und besser geschult werden, damit sie Risikofaktoren rasch erkennen können. Während der Kontrollen sollte mehr mit den Arbeitnehmern gesprochen werden, und zwar ohne die Anwesenheit der Vorgesetzten. Inspekteure sollten sich mehr Zeit nehmen, um den Arbeitnehmern das Ziel der Kontrolle, ihre Rechte und das weitere Vorgehen deutlich zu machen. Den Betroffenen sollte erläutert werden, wo sie gegebenenfalls Hilfe erhalten können. Das Bereitstellen von Informationsmaterialien zum Arbeitsrecht in verschiedenen Sprachen könnte helfen, Sprachhindernisse zu überwinden. In Gewerbezweigen, in denen die Ausbeutungsrate hoch ist, sollen Kontrollen nicht vorangekündigt werden. 

 

Zur Pressemitteilung der FRA.