Der Bericht enthält Informationen über die Patientenströme, die finanziellen Aspekte der Patientenmobilität und der nationalen Kontaktstellen.

MS – 10/2018

Fünf Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie weisen grenzüberschreitende Patientenströme ein stabiles Muster auf und sind von geografischer oder kultureller Nähe beeinflusst. Insgesamt bleibt die Patientenmobilität und ihre finanzielle Dimension innerhalb der Union relativ bescheiden und hat keine wesentlichen haushaltsrelevanten Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit der Gesundheitssysteme, schlussßfoglert die Europäische Kommission in ihrem Bericht. 

Worum geht es?

Die allgemeine Zielsetzung der Richtlinie aus dem Jahr 2011 über die Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung (2011/24/EU) ist die Erleichterung des Zugangs zu einer sicheren und hochwertigen Gesundheitsversorgung in einem anderen Mitgliedstaat. Zu diesem Zweck werden den Patienten die Kosten für Gesundheitsdienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat bis zur Höhe, der im Versicherungsstaat für die vergleichbare Leistung anfallenden Kosten erstattet. Gleichzeitig sind die Mitgliedstaaten nach wie vor für die Bereitstellung ausreichender Gesundheitsdienstleistungen in ihrem Hoheitsgebiet verantwortlich.  

 

Die Mitgliedstaaten mussten die Richtlinie bis zum 25. Oktober 2013 umsetzen. Die Kommission legt alle drei Jahre einen Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie vor.  

Kostenerstattung bei grenzüberschreitender Gesundheitsversorgung

Gemäß der Richtlinie erhalten Patienten eine Erstattung für Behandlungen im Ausland, als wäre die Behandlung in ihrem Heimatland bzw. in ihrem Versicherungsmitgliedstaat bereitgestellt worden. Wenn ein deutscher Patient eine ärztliche Behandlung im EU-Ausland in Anspruch nimmt, erstattet die deutsche Krankenkasse die Kosten der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung bis zu den Höchstbeträgen, die sie übernommen hätte, wenn die betreffende Gesundheitsdienstleistungen im Inland als Sachleistung erbracht worden wäre. Jede Krankenkasse in Deutschland hat das Verfahren der Kostenerstattung in ihrer Satzung geregelt. Dabei können Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten, fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfung sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug gebracht werden.  

 

Wenn Personen aus anderen EU-Staaten sich in Deutschland auf Basis der Richtlinie behandeln lassen, verfügen sie weder über eine deutsche Krankenversicherungskarte, noch über eine Anspruchsbescheinigung aus ihrem Mitgliedstaat nach der EG-Verordnung, die eine Kostenübernahme durch den Träger im Heimatstaat zusichert. Sie werden daher, wie deutsche Patienten, die bei Inanspruchnahme der Behandlung über keine entsprechenden Nachweise verfügen, als Privatpatienten behandelt. Für die Abrechnung der Kosten werden daher, wie in den vergleichbaren innerstaatlichen Sachverhalten, die Gebührenordnungen für privatärztliche Leistungen zugrunde gelegt.  

Wechselwirkung zwischen Richtlinie und Verordnung

Darüber hinaus gibt es eine weitere EU-Rechtsgrundlage, die Patientenmobilität in der EU abdeckt. So können Patienten bei ungeplanten Behandlungen im EU-Ausland, z.B. während des Urlaubs, die Leistung im Rahmen der Verordnungen zur Koordinierung der sozialen Sicherungssysteme erhalten.  

 

Der Hauptunterschied zwischen der Richtlinie und der Verordnung in Bezug auf die Erstattungsansprüche besteht darin, dass Patienten gemäß der Verordnung Anspruch auf eine Gesundheitsversorgung im Ausland in dem Umfang und in der Art und Weise haben, als wären sie im Sozialversicherungssystem des Behandlungsmitgliedstaats versichert. In vielen Fällen ist die Höhe der Erstattung gemäß der Verordnung zur Koordinierung der sozialen Sicherungssysteme höher als im Rahmen der Richtlinie und im Regelfall ohne Vorleistung durch den Versicherten zu beziehen.  

 

Die Kommission fasst in ihrem Bericht zusammen, dass die durch die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 im Rahmen der Europäischen Krankenversicherungskarte gewährten Möglichkeiten stärker genutzt werden als die Möglichkeiten im Rahmen der Richtlinie.  

Daten zur Patientenmobilität

Grundsätzlich sollen die Mitgliedstaaten einmal jährlich Zahlen über die Mobilität ihrer Patienten im Rahmen der Patientenrechte-Richtlinie vorlegen. In der Praxis sieht die Datenlage jedoch schwierig aus. Das liegt unter anderem auch daran, dass Mitgliedstaaten Zahlen und Anträge von grenzüberschreitender Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen im Rahmen der Verordnung zur Koordinierung der sozialen Sicherheit und der Richtlinie vermischen bzw. nicht trennen können.  

Finanzielle Auswirkungen

Den Berechnungen der Kommission zufolge lagen die EU-weiten Ausgaben für die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung, die im Rahmen der Richtlinie angefallen sind, bei 0,004% des unionsweiten jährlichen Gesundheitsbudgets. Basierend auf den von den Mitgliedstaaten übermittelten Antworten wurden 2016 über alle Mitgliedstaaten verteilt zusammen genommen etwa 65 Mio. Euro für die Gesundheitsversorgung gemäß der Richtlinie ausgegeben. Dabei wird vom OECD-Richtwert ausgegangen, dass bei den EU-Ländern die Ausgaben für die Gesundheitsversorgung durchschnittlich 10 % des BIP umfassen und laut Eurostat das BIP der Union 2017 bei 15,3 Bio. EUR lag. Die Kosten der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung im Rahmen der Verordnungen zur Koordinierung der sozialen Sicherungssysteme belaufen sich auf etwa 0,1 %. 

 

Beide Werte zusammengenommen, zeigen, dass der überwiegende Anteil des Gesundheitsbudgets im Inland ausgegeben wird. Die Auswirkungen auf die nationalen Gesundheitsbudgets durch Patienten, die Zugang zu grenzüberschreitenden Gesundheitsdienstleistungen wünschten, sind daher im Verhältnis zu den Gesamtausgaben im Inland verschwindend gering und ohne Auswirkung. 

Richtung der Mobilitätsströme von Patienten

Untersucht man Patientenströme zwecks Reisen zur Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen, fanden die größten Patientenströme von Frankreich nach Spanien und Deutschland, von Luxemburg nach Deutschland und von Irland ins Vereinigte Königreich statt. 

 

Die Kommission entnimmt aus den vorliegenden Patientenströmen zwei wichtige Trends: Erstens betrifft der Großteil der Patientenmobilität benachbarte Länder. Rund 50% der Patienten ziehen vor, Gesundheitsdienstleistungen möglichst in ihrer Nähe oder in einem Nachbarland in Anspruch zu nehmen. Neben geografischer Nähe sind auch Kriterien wie die Zusammenarbeit zwischen Klinikärzten in Grenzregionen maßgeblich.  

 

Zweitens: Die andere Hälfte der grenzüberschreitenden Behandlungen umfasst Patienten, die in der gesamten Union Leistungen in Anspruch nehmen. Die Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen an einem Ort ihrer Wahl kann z.B. von dem Wunsch geleitet sein, für Gesundheitsdienstleistungen „nach Hause“, in sein Geburtsland, zurückkehren zu wollen, oder näher an einem Ort zu sein, wo Familienangehörige ansässig sind, oder sie kann von dem Wunsch geleitet sein, Fachwissen in Anspruch zu nehmen, das im eigenen Heimatland nicht verfügbar ist. 

Informationen für die Patienten bei den Nationalen Kontaktstellen

Den nationalen Kontaktstellen in den Mitgliedstaaten, in Deutschland angesiedelt beim GKV-Spitzenverband, Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung - Ausland in Bonn, kommt die wichtige Rolle zu, Bürgerinnen und Bürgern auf Anfrage Informationen bereitzustellen und allgemein das Bewusstsein für Patientenrechte zu stärken. Im Jahr 2017 sind bei den Nationalen Kontaktstellen rund 74.589 Anfragen in 22 Mitgliedstaaten und in Norwegen eingegangen. Bedarf an weiteren Informationen liegen laut Kommission z.B. bei langen Wartezeiten und Beschwerdeverfahren. Die Informationsbereitstellung auf den Webseiten soll noch weiter ausgebaut werden.  

Der Bericht aus dem Jahr 2018 ist hier verfügbar. 

Der Bericht aus dem Jahr 2015 ist unter diesem Link nachzulesen.