
Koordinierung der Sozialsysteme soll gestärkt werden
EU-Koordinierungsregelungen stellen sicher, dass soziale Ansprüche und Leistungen über Ländergrenzen hinweg Berücksichtigung finden.
KB/AD – 12/2018
Der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten
des EU-Parlaments stimmte am 20. November 2018 modernisierten Koordinierungsregelungen
der Systeme der sozialen Sicherheit zu. Mit den neuen Regelungen sollen die
Rechte der zirka 14 Millionen mobilen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sowie
Arbeitslosen bzw. nicht Erwerbstätigen gestärkt werden. Jedoch folgte der Ausschuss den Vorschlägen der EU-Kommission nur teilweise und brachte stattdessen neue Formulierungen ein, mit denen viele Abgeordnete außerhalb des Ausschusses nicht einverstanden sind.
Den vollständigen Text
des Vorschlages in englischer Sprache finden Sie hier.
Lesen Sie dazu auch die veröffentlichten Stellungnahmen
des GKV-Spitzenverbandes und der DGUV aus dem Jahr 2017.
Die EU-Mitgliedstaaten sind auch weiterhin für ihre
nationalen Sozialsysteme und deren Vorschriften für Leistungsgewährungen und
Beitragszahlungen verantwortlich. Die Koordinierungsregelungen stellen jedoch
sicher, dass die sozialen Ansprüche und Leistungen über die Ländergrenzen
hinweg Berücksichtigung finden und den Betroffenen keine Nachteile in ihren
sozialen Rechten entstehen.
Entsendungen
Generell soll die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten durch
neue Bestimmungen gefördert werden, um den Austausch benötigter Informationen
zu beschleunigen und Fehler und Missbrauch zu verhindern. So
sollen Schlupflöcher beim Sozialbetrug für Briefkastenfirmen, die ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in andere EU-Länder entsenden, geschlossen und die Genehmigung
rechtswidriger Entsendungen verhindert werden.
Entsendungen sollen in einem
maximalen Umfang von 18 Monaten (zwölfmonatige Laufzeit mit einer möglichen Verlängerung
um sechs Monate) möglich sein. Die geänderte Vorschrift sieht vor, dass
entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mindestens drei Monate vor der Entsendefrist der
Gesetzgebung des Herkunftsstaates der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers unterliegen müssen, um
Leistungen in dem Mitgliedstaat, in dem ihre Arbeitgeberin oder Arbeitgeber ansässig ist, zu
beziehen.
Die Nicht-Ersatzklausel der Verordnung 883/2004, die
verhindert, dass eine Person entsandt wird, um eine andere entsandte/selbstständige Arbeitnehmerin oder einen anderen entsandten/selbstständigen Arbeitnehmer zu ersetzen, soll gestrichen werden. Stattdessen
sieht der Vorschlag vor, dass die kumulierte Dauer der Entsendefristen im Falle
eines Ersatzes von entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern berücksichtigt werden soll. Außerdem
sollen Arbeitnehmerinnnen und Arbeitnehmer oder Selbstständige nach Erreichen der Höchstdauer der
Entsendung nicht mehr von denselben Unternehmen in den gleichen Mitgliedstaat
bis drei Monate nach der letzten Entsendezeit entsandt werden können.
Bei den portablen A1-Dokumenten verlängert sich der Übermittlungszeitraum,
der dem ausstellenden Institut eingeräumt wird, um dem antragstellenden
Institut alle nötigen Nachweise vorzulegen, von 20 Tagen, die von der
Kommission vorgeschlagen wurden, auf 25 Tage.
Arbeitslosenversicherung
Im Bereich der Arbeitslosenversicherung sollen Grenzgängerinnen und Grenzgänger
künftig wählen können, ob Sie die Leistungen vom Wohnstaat oder vom
Mitgliedstaat der letzten Erwerbstätigkeit beziehen möchten. Außerdem soll die
Bezugsdauer der transferierten Leistung von bisher drei auf sechs Monate mit
eventueller Verlängerung bis zum Ende der Bezugsdauer erhöht werden. Dies
erleichtert den betroffenen Personenkreisen die Jobsuche im anderen EU-Land.
Familienleistungen
Familienleistungen für Personen, die ihre Arbeit aufgeben,
um ein Kind großzuziehen, sollen von anderen Familienleistungen entkoppelt und
als persönliche Leistungen des jeweiligen Elternteils gelten. Osteuropäische
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die ihre Kinder im Heimatland belassen, sollen außerdem die
gleichen Familienleistungen, wie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten, die ihre Steuern
und Sozialabgaben im jeweiligen EU-Land zahlen.
Langzeitpflegeleistungen
Im Bereich der Langzeitpflegeleistungen stimmte der
Ausschuss Bestimmungen zu, um Schutzlücken für betroffene Personen zu vermeiden
und rechtliche Klarheit und Transparenz zu schaffen. Leistungen der
Langzeitpflege für Versicherte und deren Familienangehörige sollen grundsätzlich
weiterhin nach den für Krankenhilfeleistungen geltenden Regeln koordiniert werden.
Die aktualisierten Vorschriften berücksichtigen die Besonderheiten der Leistungen
der Langzeitpflege und die Bedürfnisse von Erwerbstätigen und
Nichterwerbstätigen.
Wie geht es weiter?
Die Mehrheit der Abgeordneten des Europäischen Parlaments erteilte in der
Plenarsitzung am 11. Dezember 2018 das Mandat, auf der Basis des Ausschussberichts mit dem Rat und der EU-Kommission in die sogenannte Trilog-Verhandlung einzutreten.