Fristgerechte Implementierung der EU-Verordnung über Medizinprodukte
Krankenversicherungen mahnen vor Verzögerung des Geltungsbeginns der Verordnung.
MS – 01/2019
Mängel bei Zulassung und Überwachung von Medizinprodukten
Mit den sogenannten „Implant
Files" verdeutlichen die Recherchen des „Internationalen Netzwerks
investigativer Journalisten“ (International Consortium of Investigative
Journalists, ICIJ) im November 2018 erneut das Ausmaß unzureichender Sicherheit
beim Einsatz von Medizinprodukten. Eine zentrale Botschaft der „Implant Files“
ist, dass die derzeit noch geltende Medizinprodukte-Richtlinie aus den 90er
Jahren und die darauf basierenden Bewertungs- und Kontrollreglungen für die
Sicherheit und das Patientenwohl unzureichend sind.
Die
Medien berichten über systematische und strukturell bedingte Defizite bei
vielfältigen Produktklassen wie Brustimplantaten, Hüftendoprothesen,
Herzschrittmachern und künstlichen Bandscheiben aufgrund fehlender Transparenz
oder der Vorlage unzureichender Studien der Medizinprodukte-Hersteller vor dem
Inverkehrbringen. Ein weiterer Kritikpunkt ist die Tatsache, dass es keine
behördliche Zulassung gibt, sondern die Hersteller privatwirtschaftlich
organisierte Benannte Stellen mit der Prüfung beauftragen können.
Neuer Rechtsrahmen für Medizinprodukte gilt ab 2020
Die
beschriebenen Probleme sind allgemein bekannt, sodass die EU-Kommission im
September 2012 den Entwurf einer neuen Medizinprodukte-Verordnung vorlegte mit
dem Ziel, die Qualität der Arbeit der Benannten Stellen zu verbessern und zu
vereinheitlichen. Nach jahrelangen kontroversen Debatten trat die Verordnung im
Mai 2017 in Kraft. Derzeit befinden wir uns in der dreijährigen Übergangszeit,
bevor der neue Rechtsrahmen ab dem 26. Mai 2020 anzuwenden ist.
Die neue EU-Verordnung
für Medizinprodukte beinhaltet zwar nach wie vor keine behördliche Zulassung
für Medizinprodukte, so wie es die Krankenkassen gefordert haben, es sind aber
einige verschärfende Regelungen, z.B. bei den klinischen Prüfungen, zu
finden.
Vertreter
der Industrie kritisieren die Verordnung, indem sie behaupten, sie bremse den
Innovationsstandort Deutschland und fordern eine Aussetzung des
Geltungsbeginns, unter anderem aufgrund zeitlicher Unsicherheiten bei der
Akkreditierung der Benannten Stellen nach neuem Recht.
Demgegenüber mahnt die deutsche gesetzliche
Krankenversicherung und der Verband der europäischen Sozialversicherungen,
die European
Social Insurance Platform (ESIP), die neue europäische Gesetzgebung für
Medizinprodukte konsequent und unmittelbar anzuwenden. Jegliche Verzögerung
diene nicht dem Patientennutzen.