Volkswirtschaftliche Wachstumrate um zwei Prozent bietet Option auf verbesserten Arbeitsmarkt.

GD/AD – 01/2019

„Brüssel“ freut sich über Signale einer langsamen Aufwärtsentwicklung in „Athen“: Ein für 2019 angestrebtes Wachstum soll um die zwei Prozent liegen, die griechische Regierung veranschlagt es etwas höher. Dies bietet immerhin volkswirtschaftlich die Option auf tatsächliche Verbesserungen am Arbeitsmarkt. Das Land muss sich seit August 2018 selbst an den Märkten refinanzieren. Vor dem Hintergrund der italienisch-europäischen Haushaltsstreitigkeiten waren die am Privatmarkt fälligen Zinssätze unerwartet gestiegen; prompt wurde der erste Versuch, sich nach Jahren der Hilfspakete den Märkten zu nähern, zunächst aufgeschoben. Das noch vorhandene Finanzpolster aus den EU-Mitteln und staatlichem Kapital beläuft sich auf rund 24 Mrd. EUR und ermöglichte es der Athener Regierung, nicht sofort den Markt zu testen.

Auch in 2019 dürfte sich am schwachen privaten Verbrauch nicht viel ändern, was seine Rolle als Armutsindikator unterstreicht. Die griechische Politik führte zu massiven Steuererhöhungen, die kleine und mittlere Einkommen sowie Familienkleinstbetriebe disproportional hoch belasten. Anhebungen der Mehrwertsteuer wirken sich zusätzlich kaufkraftabschöpfend auf Endverbraucherinnen und Endverbraucher aus. Die Verwendung „staatsersetzender“ Privatmittel, etwa die unumgänglichen Privatzahlungen – z.B.  im Gesundheitsbereich – infolge der Leistungsunfähigkeit des öffentlichen Sozialsystems wirken sich eben auch verelendungsbegünstigend aus.

China investiert als Mehrheitseigner des Hafens von Piräus über die chinesische Staatsreederei in die „Neue Seidenstraße“. Seit 2016 hat sich der Warenumschlag bereits verdreifacht. Würde der US-Markt für China teilweise versperrt, könnte eine Produktumleitung nach Europa rascher gelingen als früher. Ob und wie viele Griechinnen und Griechen hier zu welchen Bedingungen die dringend benötigten Arbeitsplätze bekommen, könnte nach Meinung von Beobachterinnen und Beobachtern auch davon abhängen, wie sich die traditionelle Arbeits- und Streikkultur der Helleninnen und Hellenen mit der eisernen Disziplin der chinesischen Eigentümerinnen und Eigentümer verträgt.

Die sozialen Fragen Griechenlands bleiben brennend, wären aber ohne neue Arbeitsplätze und Investitionen von außen niemals zu lösen. Arbeitskonflikte, Streiks und Sozialproteste erscheinen vielen verständlich, gefährden aber nicht nur im Tourismus die wirtschaftliche und damit auch die soziale Zukunft des Landes. Am 20. Oktober 2019 wählt Griechenland ein neues Parlament und nach Ansicht von Landeskennerinnen und Landeskennern sind Überraschungen aller Art nicht eben unwahrscheinlich.