Konferenz von EAPSPI und ESIP zur „übergreifenden Renteninformation“.

Dr. S-W – 02/2019

Die global in jüngerer Zeit durchgeführten Rentenreformen vergrößern den Bedarf an individueller Renteninformation und einschlägigem Finanzwissen. Überall stehen die Vorsorgeträger vor der Aufgabe, ihren Versicherten einen Eindruck über die später einmal zu erwartende Rente sowie die mit der Prognose verbundenen Unsicherheiten zu vermitteln.


Vor diesem Hintergrund haben die Europäischen Dachorganisationen EAPSPI (European Association of Public Sector Pension Institutions), ESIP (European Social Insurance Platform) und die Informations-Plattform „Find Your Pension“ eine gemeinsame Konferenz zum Thema „Übergreifende Renteninformation“ ausgerichtet. Sie fand am 5. Februar in der Universität Leuven statt, einer Nachbarstadt von Brüssel.


Sie widmete sich insbesondere guten Praktiken bei der Information der Versicherten sowie einer säulenübergreifenden Auskunft. Hierzu kamen vor allem Experten von Belgien, den Niederlanden und Schweden zu Wort, wo eine säulenübergreifende Information schon heute weit fortgeschritten ist.


Einen guten Einblick in Erfahrungen mit grenzüberschreitender Information gab die Vorstellung der bisher vom Bundesforschungsministerium geförderten Plattform „Find Your Pension“ für mobile Forscher.


Den Weg in die Zukunft weist ein seit einem Monat laufendes und von der Kommission gefördertes Projekt unter dem Titel „European Tracking Service“ (ETS). Es beteiligen sich neben Trägern der zweiten Säule auch nationale Träger der ersten Säule, entweder direkt oder über ihren nationalen säulenübergreifenden Aufzeichnungsdienst. Der ETS wird mobilen Arbeitskräften, die sich einmal registriert haben, eine individuelle grenzüberschreitende Rentenauskunft bieten.


Projektleiterin Claudia Wegner-Wahnschaffe von der deutschen Versorgungsanstalt VBL kündigte an, der Dienst könne binnen zwei Jahren seine praktische Arbeit aufnehmen, wenn auch zunächst nur wenige Länder erfasst seien.


Steven Janssens, Direktor der belgischen Sozialdatenbank „Sigedis“, ergänzte, die belgischen und niederländischen Nachverfolgungssysteme könnten sich binnen 18-24 Monaten verlinken. Dänemark, Schweden und Norwegen könnten bald folgen. Begonnen wird mit Informationen über Träger der ersten und zweiten Säule, bei denen Anwartschaften erworben wurden, sowie ihre Höhe. Bis alle Mitgliedstaaten verlinkt sind und das System komplettiert ist, können allerdings noch gut und gerne 12 Jahre vergehen, ergänzte Wegner-Wahnschaffe.


Im September werde das Projekt Interessierten vorgestellt; dann würden ausgesuchte auch bestimmte Themen in „offenen Arbeitsgruppen“ bearbeitet, wie etwa Fragen der IT und des Datenaustausches mit nationalen Quellen und ihre Standardisierung.


Alle Beteiligten waren sich einig, dass das Projekt nur Schritt für Schritt verwirklicht werden kann und zumindest in der Anfangsphase so einfach wie möglich gehalten werden muss, nationale Besonderheiten zu berücksichtigen sind und detaillierte Auskünfte erst einmal den nationalen Auskunftssystemen vorbehalten bleiben. Ferner sprachen sich die Mehrheit der Beteiligten gegen eine rechtliche Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Teilnahme am ETS aus.


Auch auf dieses Projekt wirft der Brexit seine Schatten. Es sei wohl kaum damit zu rechnen, dass das Vereinigte Königreich nach seinem Austritt aus der EU dem ETS Daten zur Verfügung stellen werde. Nutzer aus dem Vereinigten Königreich würden jedoch weiterhin Zugriff auf das System haben, so Janssens.


Ein besonderes Augenmerk lag schließlich auf der Rolle der Sozialen Medien bei der Aufklärung und Information der Versicherten. Die Veranstaltung verstand sich als erster Schritt einer regelmäßigen vertieften Zusammenarbeit zwischen Rentenversicherungsträgern verschiedener Länder und Zweige.


Einen eher nachdenklichen bis kritischen Blick auf die Debatte um die Renteninformation warf Prof. Yves Stevens von der Universität Löwen. Noch vor ca. fünf Jahren sei man sich relativ sicher gewesen: Information und Aufklärung sollen die Einsicht in die Legitimität von Rentenreformen fördern und dem Bürger die Notwendigkeit ergänzender Vorsorge vor Augen zu führen. Heute wisse man, dass es eher um eine “ideologische“ Begleitung einer Politik gehe, die konsequent die Vorsorge für das Alter entsolidarisiert und alle Risiken dem Einzelnen aufbürdet.


Man habe sich zu fragen, inwieweit der Bürger – trotz aller Aufklärung – überhaupt fähig sei, vernünftige Entscheidungen zu treffen. Unter den gegebenen Umständen sei es schwieriger geworden, Vertrauen zu schaffen. Die Herausforderung bestehe nun darin, auch im Rahmen von Projektionen ein angemessenes Bild über die Risiken von kapitalgedeckten Altersvorsorgeprodukten zu vermitteln, etwa durch die Schaffung von „Auszeichnungen“.