Europäisches Parlament billigt FTA mit Singapur
Abkommen wird von Befürwortern und der EU-Kommission als „Win-Win-Szenario“ und „historischer Moment“ bewertet.
GD – 03/2019
Das Freihandelsabkommen (FTA) der EU mit Singapur hat im Europäischen Parlament eine
Mehrheit gefunden. Im Vorfeld hatte
es, insbesondere von den europäischen Grünen einige Kritik, etwa an mangelnden
Sozialstandards – diese seien eher auffällig „weich“ abgefasst – oder
speziellen finanzpolitischen Hintertüren gegeben.
Die Befürworter verwiesen stets auf die enorme wirtschaftliche
Macht der asiatischen Handelsmetropole mit rund 10.000 dort präsenten
Unternehmen und die Signalwirkung einer „wettbewerbsfördernden Öffnung“ in
Zeiten, in denen etwa die USA – gerade im Verhältnis zu Asien –
auf Abschottung setzten. Wie das Handelsblatt meldet, habe der niederländische
Analyst Centre for Research on Multinational Corporations (SOMO)
herausgefunden, dass sich im weitläufigen Kleingedruckten des neuen Abkommens
interessante Schlupflöcher für Großinvestoren verbergen würden.
Konkret gehe es dabei um „Art. I“ der
Investitionsschutzvereinbarung der EU mit Singapur. Neben Handel mit Waren und
Austausch von Dienstleistungen liberalisiere das Abkommen auch „wechselseitige
Kapitalströme“. Dies gelte für alle Arten von „Anleihen, Schuldverschreibungen
und Krediten“. Mithin also auch für den Handel mit Staatsanleihen.
Sollte, so die Beobachter, erneut ein
Eurozonen-Mitgliedstaat in ernsthafte Refinanzierungsprobleme geraten und im
Ernstfall ein Schuldenschnitt unumgänglich sein – dies war im Frühjahr 2012 in
Griechenland im Umfang von rund 100 Milliarden EUR der Fall, als Forderungen
aus griechischen Anleihen um mehr als die Hälfte gekürzt wurden – kämen Investoren
aus Singapur dabei möglicherweise erheblich besser weg als andere.
Im Grundsatz seien staatliche Umschuldungen zwar laut dem
Abkommen von den Investoren hinzunehmen, jedoch müssten im Falle Singapurs
mindestens 75 Prozent der dort ansässigen Gläubiger dem Schuldenschnitt
zugestimmt haben. In den üblichen Regelungen für die Eurozone wird lediglich
eine Mehrheit von 66,6 Prozent der Gläubiger für eine Schuldenrestrukturierung
verlangt.
Als Folge müssten Investoren aus Singapur diesen
Schuldenschnitt nicht hinnehmen. Im Streitfall könnten sie sogar vor einem
internationalen Schiedsgericht Schadenersatz einklagen. Gerade Großinvestoren
dürften sich dies zu Nutze machen, insbesondere weil vor dem Hintergrund nach
wie vor steigender Verbindlichkeiten der Eurozone in vielen Staaten die
Probleme von einst nicht dauerhaft verschwunden sind. Im Gegenteil, trotz Wachstumsphase gelang
vielerorts keinerlei substantielle Verbesserung der Überschuldungssituation.
Die Ratifizierung des Abkommens in den Parlamenten der
Mitgliedstaaten steht noch aus.