
Grundskepsis gegenüber allen Parteien
Studie der Bertelsmann-Stiftung „Europa hat die Wahl“ – Spiegelbild der EU?
IF – 05/2019
Viele Unionsbürgerinnen und Unionsbürger gehen mit einer Antihaltung gegenüber
den Parteien zur bevorstehenden Europawahl am 26. Mai 2019. Das ist das
Ergebnis einer aktuellen Studie der deutschen Bertelsmann-Stiftung. Befragt wurden 20.000 Stimmberechtigte in 12 EU-Mitgliedsländern. Die ablehnende Haltung werde das Wahlergebnis maßgeblich prägen und auch die Bildung von
konstruktiv besetzten politischen Mehrheiten im neuen Europaparlament hemmen. Man
gehe von einer „Denkzettelwahl“ aus, welche sich verheerend auf die
Europapolitik auswirken könnte.
Wahlbeteiligung ist entscheidend
Dies bedeutet konkret, dass die
Wahlbeteiligung für die Zukunft der EU besonders entscheidend ist. Auch bei
einigen Wahlen in den Mitgliedstaaten war erkennbar, dass besonders Anhänger der extremen und
europakritischen Gruppierungen stärker mobilisiert werden konnten als
beispielsweise Stammwähler der gesetzten Parteien. Die Wählermobilisierung der mehrheitlich
proeuropäischen Parteienfamilien ist eine der wesentlichsten Voraussetzung für die Bildung arbeitsfähiger Mehrheiten im EU-Parlament.
Identifikation mit Parteien fehlt
Nur etwa sechs von 100 Wählern identifizieren sich positiv mit einer Partei. Jeder Zweite lehnt eine oder mehrere Parteien sogar vollständig ab. Wähler von rechtsorientierten Parteien weisen die größte positive und negative
Parteienidentität auf. Dies bedeutet, dass sich 10,3 Prozent der Wahlberechtigten mit der Partei
identifizieren, während 52,8
Prozent diese komplett ablehnen.
Auch linkspopulistische und linksextreme Parteien werden von über 50 Prozent der Wähler ausnahmslos
abgelehnt.
Sozialpolitik ist positiv besetzt
Im Vergleich zum ständig präsenten Thema Asylpolitik
scheint aber auch die europäische Sozialpolitik ein starkes Anliegen der Wähler
zu sein. Hier ist laut Studie eine tendenziell ideologische Prägung maßgeblich
entscheidend. Linkswähler wollen eine ausgeprägtere Sozialunion, wohingegen
Wähler der rechten Parteien für eine Minimierung der EU-Sozialausgaben
plädieren. Im Ländervergleich sprechen sich Schweden, Österreicher und Niederländer mehrheitlich für eine Reduzierung der Sozialausgaben aus. Spanier und Griechen
dagegen wünschen sich mit Mehrheit eine deutliche Erhöhung der Sozialausgaben.
Jede Stimme zählt!
Es wird oft behauptet, dass die in der Europawahl abgegebenen Stimmen nichts bewirkten und man folglich nicht zur Wahl gehen müsse. Die Studie der Bertelsmann-Stiftung gibt zahlreiche und eindeutige Hinweise, dass
genau das Gegenteil der Fall ist. Jede Stimme zählt!