Italien: 280 Euro monatlich für Bedürftige
Durch Sozialhilfe als elementare Grundversorgung werden Personen bei Bedarf finanziell unterstützt.
GD/AD – 05/2019
Die mit erheblichen
politischen Diskussionen befrachtete Einführung einer Existenzsicherung für
ökonomisch besonders benachteiligte Personen in Italien begann im April mit der
obligaten Registrierung in verschiedenen Ämtern, etwa Postbüros oder Zentren
zur Beratung in Fiskalsachen für unständig Beschäftigte (CAF) mit geringen Einkünften.
Bedürftige, die sonst kein eigenes Einkommen haben, erhalten dort als
Einzelperson rund 280 Euro monatlich aus der Staatskasse.
Das nationale statistische Amt beziffert, gemessen an einem Standard mit relativ
realistischen definitorischen Vorgaben, die Anzahl der betroffenen Personen auf
rund 5,1 Millionen für das Jahr 2017. Als „amtlich arm“ gilt jede Person, deren
Einkünfte nicht dazu ausreichen, einen alltagsnah komponierten Korb aus Waren –
insbesondere Lebensmittel, Hygieneartikel und Kleidung – sowie elementare
Dienstleistungen zu erwerben.
Im Unterschied zu nahezu
allen anderen EU-Industriestaaten war eine bedürftigkeitsgeprüfte
Sozialhilfe als elementare Grundversorgung in Italien bis zu diesem Schritt
unbekannt. Als Folge sanken viele Personen, darunter insbesondere solche,
die sich auch durch Schwarzarbeit mangels Fähigkeiten, infolge Krankheit oder
aus anderen Gründen kaum, oder nur schwer über Wasser halten konnten, in eine
Armutsstufe ab, die es anderswo – zumindest in westlichen Staaten – nicht gab.
Die Resonanz auf das neue
Sozialeinkommen, dessen nicht-italienischsprachige Bezeichnungen gelegentlich
zu Verwechslungen mit dem anderswo diskutierten „bedingungslosen“ Grundeinkommen bzw. Bürgergeld führte, dürfte der neuen Regierung in anstehenden Wahlen zu mehr
Stimmen verhelfen. Vorherige italienische Regierungen hatten zaghafte Versuche
für ein Bedürftigeneinkommen gestartet, die jedoch niemals zur Ausführung kamen
und mit einem jährlichen Volumen von zwei Milliarden Euro von Sozialökonomen
als unzureichend eingeschätzt wurde.
Die Haushaltsbelastungen
von vielen Milliarden Euro für die Sozialhilfe waren Gegenstand konfliktreicher
Auseinandersetzungen der italienischen Regierung mit der EU-Kommission, bis
letztere, auch im Lichte der ausufernden Neuverschuldung in Frankreich als
Folge der Konzessionen Macrons an die Gelbwestenbewegung, nachgab.
In Brüssel waren und sind
viele Experten der Meinung, dass das in Italien vorhandene Privatvermögen,
welches pro Bürger und Bürgerin durchschnittlich höher ist als zum Beispiel in
Deutschland, einen weitaus höheren nationalen Umverteilungsspielraum lasse für die Gegenfinanzierung
sozialpolitischer Leistungen, ohne die Staatsverschuldung erhöhen zu müssen.