Neue Leitlinie für eine vertrauenswürdige Künstliche Intelligenz
Expertengruppe veröffentlicht Empfehlungen für Politik und Investitionen.
SW – 07/2019
Eine von der
Europäische Kommission eingesetzte Expertengruppe hat am 26. Juni 2019 Leitlinien für Politik und Investitionen für eine
vertrauenswürdige Künstliche Intelligenz (KI) vorgelegt. Die Experten sprechen
hierin 33 Empfehlungen aus, die eine vertrauenswürdige KI in Richtung
Nachhaltigkeit, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit sowie Inklusion lenken und
gleichzeitig Menschen stärken, fördern und schützen sollen.
Die Experten empfehlen allgemein einen risikobasierten Ansatz
der Regulierung von KI unter Berücksichtigung von Verhältnismäßigkeit und
Vorsorgeprinzip. Je höher die Auswirkung und / oder je größer die Wahrscheinlichkeit
eines durch KI verursachten Risikos sei, desto stärker solle die Regulierung sein.
Der Begriff „Risiko“ solle dabei weit gefasst werden, um alle nachteiligen
Auswirkungen sowohl auf den Einzelnen als auch auf die Gesellschaft zu erfassen.
Für
KI-Anwendungen, die ein inakzeptables Risiko bergen, sollte nach Ansicht der
Experten hingegen ein vorbeugender "prinzipienbasierter" Ansatz gelten, d.h. Regulierungsbehörden
sollten Vorsichtsmaßnahmen treffen, wenn z.B. wissenschaftliche Erkenntnisse
über eine Gefahr für die Umwelt oder die menschliche Gesundheit vorliegen.
Fragen zu den Arten von Risiken, die als inakzeptabel einzustufen seien, müssten
nach einer offenen, transparenten und rechenschaftspflichtigen gesellschaftlichen
Diskussion unter Berücksichtigung des europäischen Rechtsrahmens einschließlich
der Charta der Grundrechte der Europäischen Union beraten und entschieden werden.
Auch im Bereich
der Sozialversicherung - sei es im Bereich der Medizinversorgung oder im
Bereich des Leistungsmanagements - wird die Bedeutung von KI zunehmen und eine Auseinandersetzung mit ihren Chancen, aber auch mit ihren Risiken
sowie die Überprüfung der ethischen und rechtlichen Rahmenbedingung erforderlich
machen.
Die
veröffentlichten Empfehlungen ergänzen die im April vorgelegten Ethik-Leitlinien für eine vertrauenswürdige KI und
erheben nicht den Anspruch, vollständig zu sein. Die Experten möchten hiermit
lediglich die dringendsten Handlungsfelder angehen. Die Leitlinien enthalten Politik-
und Investitionsempfehlungen für eine vertrauenswürdige KI, die an
EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten gerichtet sind. Die Expertengruppe ist
der Ansicht, dass den EU-Institutionen und den Mitgliedstaaten als zentrale
Akteure in der Datenwirtschaft, als Beschaffer vertrauenswürdiger KI-Systeme
und als Maßstab für eine solide Regierungsführung eine Schlüsselrolle bei der
Erreichung dieser Ziele zukommt.
Hintergrund
Die Europäische
Kommission hat in ihrer Mitteilung „Künstliche Intelligenz für Europa“ ihre
Vorstellungen für eine vertrauenswürdige und auf den Menschen ausgerichtete KI
dargelegt. Die Vorstellungen der Kommission beruhen auf drei Pfeilern:
- der
Erhöhung der öffentlichen und privaten Investition in KI, um ihre Akzeptanz zu
steigern,
- der
Vorbereitung auf die mit der Nutzung der KI verbundenen sozioökonomischen
Veränderungen,
- die
Gewährleistung eines angemessenen ethischen und rechtlichen Rahmens zum Schutz
und zur Stärkung der europäischen Werte.
Die Kommission
hatte daher eine Expertengruppe für Künstliche Intelligenz ins Leben
gerufen. Die Expertengruppe soll die Umsetzung der europäischen Strategie für
künstliche Intelligenz unterstützen und hierzu Ethik-Richtlinien sowie
Strategie- und Investitionsempfehlungen im Zusammenhang mit KI erarbeiten.
Zu den im April
veröffentlichten Ethik-Leitlinien hat die Europäische Kommission ein Anhörungsverfahren gestartet, mit dem allen
Interessierten die Möglichkeit gegeben werden soll, Rückmeldung zur
Bewertungsliste mit den wichtigsten Anforderungen an eine vertrauenswürdige KI
zu geben. Das Projekt, an dem bereits über 300 Organisationen Interesse
bekundet haben, läuft noch bis zum 1. Dezember 2019. Anfang 2020 möchte die
Expertengruppe auf der Grundlage der Ergebnisse des Projektes die Bewertungsliste
überprüfen und der Kommission gegebenenfalls weitere Schritte vorschlagen.