EU-Richtlinie in Kraft getreten.

SW – 09/2019

Am 1. Juli 2019 ist die Richtlinie (EU) 2019/1158 zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige in Kraft getreten. Mit der Richtlinie soll der bestehende EU-Rechtsrahmen zum Urlaub aus familiären Gründen modernisiert und flexiblere Arbeitszeitregelungen ermöglicht werden.

Die Richtlinie sieht insbesondere folgende Mindestregelungen vor:


1.      Vaterschaftsurlaub

Väter oder, soweit nach nationalem Recht ihnen gleichgestellte zweite Elternteile, haben Anspruch auf zehn Arbeitstage Vaterschaftsurlaub, die anlässlich der Geburt des Kindes genommen werden können. Hierbei erhalten sie eine Vergütung mindestens in der Höhe des Krankengeldes. Der Anspruch auf Vaterschaftsurlaub selbst ist nicht abhängig von einer bestimmten Beschäftigungsdauer, die Bezahlung des Vaterschaftsurlaubes kann jedoch von einer vorherigen Beschäftigungsdauer von bis zu maximal sechs Monaten abhängig gemacht werden.


2.      Elternurlaub

Es besteht ein individueller Anspruch auf Elternurlaub von vier Monaten, der bis zu einem bestimmten Alter des Kindes – maximal bis zum achten Lebensjahr – genommen werden kann. Dabei sollen zwei Monate nicht zwischen den Eltern übertragbar sein. Die Höhe des Entgelts wird von den Mitgliedstaaten oder den Sozialpartnern festlegt.


3.      Pflegeurlaub

Ein Pflegeurlaub wird eingeführt. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich um pflegebedürftige Angehörige kümmern, können einen Pflegeurlaub von fünf Arbeitstagen pro Jahr in Anspruch nehmen. Die Mitgliedstaaten können auch einen anderen Bezugszeitraum wählen oder, gemäß den nationalen Gepflogenheiten, weitere Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Pflegeurlaubs einführen.


4.      Flexiblere Arbeitszeitregelungen

Das Recht, flexible Arbeitszeitregelungen zu beantragen, ist ausgeweitet worden. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Kindern bis zu einem Alter von acht Jahren sowie nun auch pflegende Angehörige sollen für Betreuungs-, bzw. Pflegezwecke flexiblere Arbeitszeiten beantragen können.  Hierfür kann eine angemessene zeitliche Begrenzung vorgesehen werden.

Hintergrund

Die Kommission hatte im April 2017 ihren Vorschlag als eine Maßnahme zur Umsetzung der Europäischen Säule sozialer Rechte vorgelegt. Sie will der Unterrepräsentation von Frauen am Arbeitsmarkt entgegenwirken und gleichzeitig eine gerechtere Aufteilung von Betreuungs- und Pflegeaufgaben zwischen Frauen und Männern erreichen.


Die Rate der vollzeitbeschäftigen Männer liege mit 75,5% derzeit 18 Prozentpunkte über der Rate der vollzeitbeschäftigten Frauen von 57,4%. Während 31,1 % der arbeitenden Frauen in Teilzeit arbeiteten, seien es bei den Männern lediglich 8,2%. Bei fast 31% der am Arbeitsmarkt inaktiven Frauen sei die Pflege bedürftiger Angehöriger der Grund für die Nichtteilnahme, bei Männern treffe dies nur für 4,5% zu. Die Modernisierung der Regelungen sei nicht nur eine Frage der Fairness, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen erforderlich. Die Kommission schätzt die durch die geschlechtsspezifische Diskrepanz bei der Beschäftigung verursachten wirtschaftlichen Verluste auf 370 Milliarden Euro pro Jahr.

Nächste Schritte

Der Rat und das Parlament hatten sich im Januar 2019 auf einen Kompromiss verständigt, der vom Parlament in seiner Sitzung am 4. April und vom Rat am 13. Juni förmlich bestätigt wurde. Die Mitgliedstaaten haben nun drei Jahre Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.


Aufgrund des in Deutschland bereits bestehenden Systems an Vereinbarkeitsmaßnahmen erfüllt Deutschland schon jetzt die in der Richtlinie vorgesehenen Mindeststandards und es besteht kein Umsetzungsbedarf. Das deutsche System an Vereinbarkeitsmaßnahmen, so das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, stelle Eltern und pflegende Angehörige aktuell besser, als dies durch die Richtlinie verpflichtend werde.