
Gewandert wird immer
Die gegenseitige Anerkennung von Berufen ist kein Treiber für die grenzüberschreitende Mobilität von Arbeitskräften. Eine Nicht-Anerkennung von beruflichen Qualifikationen kann aber zu schlechteren Jobs führen.
UM – 11/2019
Ein
Drittel der Wanderarbeitnehmerinnen und Wanderarbeitnehmer fühlen sich für ihren Job überqualifiziert. In
der Pflege sind es sogar 40 Prozent. Der Grund: Fehlende Sprachkenntnisse, aber
auch eine mangelhafte Anerkennung ihrer professionellen Qualifikationen.
Anerkennung von Berufsqualifikationen im Fokus
Dies ist ein Ergebnis der Studie „Labour
mobility and recognition in the regulated professions“, die im Auftrag des
Parlamentsausschusses für Arbeit und Soziales (EMPL) von der Parlaments-Generaldirektion „Interne
Politikbereiche der Union“ erstellt worden ist. Diese hat zum Ziel, den
Mitgliedern des Europäischen Parlaments einen aktuellen Überblick zu geben, zu
welchen Ergebnissen die im Jahr 2013 überarbeitete Richtlinie über die
Anerkennung von Berufsqualifikationen vom 7. September 2005 bislang geführt hat
und wie das europäische System der Anerkennung von beruflichen Qualifikationen
arbeitet. Am 5. November wurde dazu im Ausschuss berichtet.
Bei Medizinerinnen und Medizinern läuft es gut
Haupterkenntnis der Studie ist, dass das automatische
Anerkennungsverfahren, welches für Berufe eingerichtet worden ist, für die ein
Mindestmaß an beruflicher Erfahrung EU-weit einheitlich vorgeschrieben wird,
gut funktioniert. Das gilt zum Beispiel für Ärztinnen und Ärzte, aber auch für Krankenpflegerinnen
und -pfleger.
Bei Tischlerinnen und Tischlern läuft es nicht so gut
Da wo harmonisierende Vorgaben fehlen, wird es schwieriger.
Hier schlagen die Unterschiede durch, die an Ausbildung und berufliche Anforderungen
national gestellt werden und behindern die gegenseitige Anerkennung von Job-Qualifikationen. In der Folge geraten Menschen, die wegen der Partnerschaft, Arbeitslosigkeit,
Verdienst oder sonstigen Gründen im EU-Ausland eine neue Berufsperspektive suchen,
in Beschäftigungsverhältnisse, die unter ihren Möglichkeiten liegen. Verfügbares
und wertvolles Potential bleibt ungenutzt.
Transparenz erforderlich
Eingeräumt wird, dass die Evidenz und die verfügbaren Daten
zur Beurteilung der Wirkungen der Berufsqualifikationsrichtlinie begrenzt sind.
Das ist auch Ausfluss des relativ kurzen Betrachtungszeitraums. Die überarbeitete
Richtlinie 2013/55/EU ist erst im Jahr 2016 durch die Mitgliedstaaten
vollständig umgesetzt worden. Informationen und Transparenz seien erforderlich,
um abschließend zu beurteilen, wie die Richtlinie über die Anerkennung von
Berufsqualifikationen effektiv in der Praxis umgesetzt werden kann und zwar auf
europäischer wie auf nationaler Ebene.
Die Anerkennung von Berufsqualifikationen liegt in der
Kompetenz der Mitgliedstaaten. Die Ergebnisse der Studie sind auch als ein Appell
zu verstehen, auf diesem Feld mehr europäische Gemeinsamkeit zu wagen.
Quantitativ mag das nicht zu Buche schlagen – die Menschen wandern mit und ohne
gegenseitige berufliche Anerkennung. Im Zweifel finden sie aber die besseren
Jobs.