Anpassungen des Arbeitsplatzes zahlen sich aus.

SW – 11/2019

Etwa ein Viertel der erwerbstätigen Bevölkerung in der Europäischen Union (EU) gibt an, an einer chronischen Krankheit zu leiden. Dies bedeutet einen Anstieg um acht Prozentpunkte von 19 Prozent in 2010 auf 28 Prozent in 2017. Ein Trend, der sich im Zuge des demografischen Wandels fortsetzen wird, da Erwerbstätige über 50 mehr als doppelt so häufig an einer chronischen Krankheit leiden wie diejenigen unter 35 Jahren. Aber auch der Anteil jüngerer Erwerbstätiger im Alter von 16 bis 29 Jahren, die von chronischen Erkrankungen berichten, ist gestiegen; von elf Prozent in 2010 auf 18 Prozent in 2017. Zu diesem Ergebnis kommt die Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen (Eurofound).


In einem Kurzbericht untersucht Eurofound, inwieweit Anpassungen des Arbeitsplatzes dazu beitragen, die Arbeit von Beschäftigten mit chronischen Erkrankungen nachhaltig zu gestalten, das heißt diese bei der Bewältigung ihrer Krankheit zu unterstützen. Sie sollen trotz der Erkrankung weiterarbeiten oder – nach krankheitsbedingter Abwesenheit - gegebenenfalls ihre Arbeit wieder aufnehmen können (der Bericht liegt nur in Englisch vor).

Chronische Erkrankungen haben Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit der Arbeit, da betroffene Personen mit größerer Wahrscheinlichkeit aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden und inaktiv werden. Über 40 Prozent der Beschäftigten, die berichten, dass sie an einer chronischen Krankheit leiden, geben an, dass sie nicht bis zum Alter von 60 Jahren arbeiten können.


Eine Anpassung der Arbeitsumgebung an die Bedürfnisse der Beschäftigten mit chronischen Erkrankungen könne sich erheblich auf deren Arbeitsqualität und die Nachhaltigkeit der Arbeit auswirken. Ein Fünftel der Beschäftigten mit einer chronischen Krankheit geben an, dass ihr Arbeitsplatz oder ihre Arbeitstätigkeit an ihre Gesundheitsprobleme angepasst wurde. Unter denjenigen, deren tägliche Aktivitäten (einschließlich der Arbeit) aufgrund der Erkrankung eingeschränkt sind, profitierten nur 30 Prozent von Anpassungen ihres Arbeitsplatzes. Zweidrittel der Beschäftigten mit eingeschränktem Gesundheitszustand erhalten keine solche Unterstützung.

Die Anpassungen können dabei „physischer“ Art sein, zum Beispiel die Verbesserung der Zugänglichkeit des Arbeitsplatzes, ein höhenverstellbarerer Arbeitstisch oder andere technische Hilfen wie etwa Spracherkennungsprogramme. Sie können aber auch in einer räumlichen oder zeitlichen Flexibilität bestehen, beispielsweise einer Anpassung der täglichen Arbeitszeit oder der Einräumung der Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten.


Die häufigsten chronischen Erkrankungen seien Erkrankungen des Bewegungsapparates, gefolgt von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, chronischen Atemwegserkrankungen und psychischen Erkrankungen. Es sei zu beachten, dass chronische Krankheiten durch Arbeit verursacht (oder verschlimmert) werden könnten oder nicht. Prävention spiele daher auch eine wichtige Rolle bei der Verringerung der Entwicklung und der Auswirkungen chronischer Krankheiten am Arbeitsplatz.

Die steigende Zahl von Menschen mit chronischen Erkrankungen erhöhe die Dringlichkeit der Frage, wie die Betroffenen nachhaltig arbeiten können. Dies gelte umso mehr, wenn man die Kosten durch Krankheitstage und durch ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben berücksichtigt. Da eine schlechte Gesundheit einer der Hauptgründe für einen frühen Ausstieg aus dem Arbeitsmarkt sei, sei ein ganzheitlicher, lebenszyklusorientierter Ansatz erforderlich, um chronischen Erkrankungen vorzubeugen sowie eine wirksame Prävention und die Erhaltung beziehungsweise Wiedereingliederung von chronisch kranken Personen im Arbeitsmarkt sicherzustellen. Dieser sollte die Politikbereiche Gesundheit, Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, Sozialschutz und Beschäftigung umfassen und mit Arbeitsrechts- und Nichtdiskriminierungsvorschriften in eine Gesamtstrategie zur Bewältigung des demografischen Wandels eingebunden werden.

Ausblick

Die Ratsarbeitsgruppe „Sozialfragen“ arbeitet gerade an einem Entwurf von Schlussfolgerungen des Rates zu einem neuen strategischen EU-Rahmen für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (der Entwurf liegt nur in Englisch vor).


Im Entwurf der Schlussfolgerungen wird ebenfalls darauf hingewiesen, dass Arbeitspraktiken und -methoden es gegenwärtig älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Personen mit teilweiser Behinderung oder chronischen Krankheiten oftmals nicht möglich oder attraktiv machen, weiter zu arbeiten oder wieder zur Arbeit zurückzukehren. Eine längere berufliche Laufbahn müsse gefördert werden, um alle verfügbaren Arbeitskräfte zu nutzen, darunter auch immer mehr ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die Mitgliedstaaten sollen angehalten werden, durch nationale Arbeitsschutzstrategien und -maßnahmen die Arbeitsfähigkeit aufrechtzuerhalten und zu verbessern, um ein Arbeitsleben zu erreichen, das für alle Altersgruppen und für Menschen mit Gesundheitsproblemen und Behinderungen inklusiv ist.