
Europäische Arbeitsschutzstrategie 2021 - 2027
Hohe Standards aufrechterhalten, neue Risiken einbeziehen.
SW – 01/2020
Dies hat sich
die Europäische Kommission mit Blick auf die Überarbeitung des strategischen
Rahmens für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz zum Ziel gesetzt. In
ihrer Mitteilung „Ein starkes soziales Europa für einen
gerechten Übergang“ hat sie angekündigt, ihre Arbeitsschutzstrategie zu überarbeiten. Ziel ist es, die hohen Gesundheits- und Sicherheitsstandards, die Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer in der EU genießen, aufrecht zu erhalten.
Neue Herausforderungen für den Arbeitsschutz
Neben den „traditionellen“
Risiken, wie beispielsweise die Exposition gegenüber gefährlichen Stoffen,
möchte sie auch die neuen Risiken einbeziehen, die durch die Digitalisierung
und neue Technologien am Arbeitsplatz entstehen. Roboter und digitale Werkzeuge
können zwar einerseits gefährliche und monotone Aufgaben von Menschen
übernehmen. Andererseits stellen die durch die Digitalisierung entstehenden neuen
Arbeitsmuster, wie die ständige Erreichbarkeit, die zunehmende Online-Arbeit,
die gegebenenfalls mobil und losgelöst vom Sitz des Arbeitgebers von überall
ausgeübt werden kann, oder auch neue Mensch-Maschine-Schnittstellen neue
Anforderungen an Prävention und Arbeitsschutz.
Impulse des Rats für eine neue Arbeitsschutzstrategie
Der Rat hatte
bereits im Dezember seine Schlussfolgerungen für einen „neuen strategischen Rahmen
der EU für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz: bessere Umsetzung des
Arbeitsschutzes in der EU“ beschlossen und die EU-Kommission ersucht, eine
Arbeitsschutzstrategie für den Zeitraum 2021 – 2027 vorzulegen.
Mit Blick auf tödliche
Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten mit tödlichem Verlauf fordert der Rat die EU-Kommission
auf, in den neuen strategischen Rahmen „Vision-Zero“-Ansätze aufzunehmen.
Hierdurch möchte er insbesondere eine Präventionskultur fördern und die Kultur
der Sicherheit am Arbeitsplatz verbessern.
Die EU-Kommission
wird ersucht, sich im Rahmen der neuen Arbeitsschutzstrategie mit folgenden Schwerpunkten
zu befassen:
- die
Bewältigung der Herausforderungen einer sich wandelnden Arbeitswelt,
- der
Unterstützung von KMU und Kleinstunternehmen,
- der
Beseitigung von Gefahren und der Vorbeugung von Krankheiten, auch von Krebserkrankungen,
die auf den Umgang mit gefährlichen Stoffen am Arbeitsplatz zurückzuführen,
- psychosoziale
Risiken und arbeitsbedingte Unfälle und Krankheiten einschließlich Muskel-Skelett-Erkrankungen,
- und
mit Aspekten der Geschlechtergleichstellung im Rahmen von Sicherheit und
Gesundheitsschutz bei der Arbeit sowie der Bekämpfung von Belästigungen,
einschließlich sexueller Belästigungen, und Mobbing am Arbeitsplatz.
Der Rat fordert
die EU-Kommission auf, gemeinsam mit den zuständigen nationalen Behörden, den
zuständigen Unionsagenturen und dem beratenden Ausschuss für Sicherheit und
Gesundheit am Arbeitsplatz, die mit den neuen Formen der Arbeit einhergehenden
Probleme des Arbeitsschutzes anzugehen. Zur Bewältigung der Herausforderungen
der sich wandelnden Arbeitswelt soll die EU-Kommission auch weiterhin die
Mindestanforderungen an die Sicherheit und den Gesundheitsschutz am
Arbeitsplatz verschärfen und Arbeitsschutzvorschriften, wie die Richtlinien
über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz in Arbeitsstätten
oder bei der Arbeit an Bildschirmgeräten, aktualisieren.
Investitionen in OSH lohnen sich
Der Rat hebt in
seinen Schlussfolgerungen auch hervor, dass Investitionen in Sicherheit und
Gesundheit am Arbeitsplatz dazu beitragen, arbeitsbedingte Erkrankungen,
Unfälle sowie körperliche und psychosoziale Überlastungen zu vermeiden. Dies
habe eine spürbare positive Auswirkung auf die Wirtschaft, weil eine bessere Arbeitsleistung
und ein längeres Arbeitsleben gefördert würden. Und auch die EU-Kommission
weist in ihrer Mitteilung darauf hin, dass jeder investierte Euro in den
Arbeitsschutz mindestens eine Rendite von zwei Euro generiere. Die Deutsche
Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) und die Berufsgenossenschaft Energie,
Textil, Elektro und Medienerzeugnisse (BG ETEM) waren in einem gemeinsamen Forschungsprojekt zu Kosten und Nutzen von Investitionen
in den betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz mit der Internationalen
Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS) zu dem Ergebnis gelangt, dass der
„Return on Prevention“ 2,2 beträgt.
Ausblick
In ihrer
Mitteilung stellt die EU-Kommission auch den Zeitrahmen vor, in dem sie die Initiativen
vorlegen wird, mit dem sie ein soziales Europa „fit“ für den digitalen Wandel machen
möchte. Der Fahrplan enthält Initiativen unterschiedlichster Art, die auch im
Zusammenhang mit Fragen des Arbeitsschutzes relevant sind, wie z.B. ein
Demografiebericht sowie ein Grünbuch zum Thema Altern, eine Strategie zugunsten
von Menschen mit Behinderungen, einen europäischen Plan zur Krebsbekämpfung,
ein Gipfel zum Thema Plattformarbeit oder, ganz grundlegend, einen Aktionsplan
zur Umsetzung der Europäischen Säule sozialer Rechte. Den konkreten Zeitrahmen
für die Vorlage des neuen strategischen Rahmens der EU für Gesundheit und
Sicherheit am Arbeitsplatz und der vom Rat geforderten EU-Strategie für
psychische Gesundheit hat sie hierbei nicht gegeben.