Dienste für Menschen mit Behinderungen in Zeiten der Pandemie
Bericht über die Auswirkungen von COVID-19 zeigt aktuelle Defizite.
TR – 05/2020
Der Ausbruch
des Coronavirus betrifft auch die Pflege und Unterstützung von Menschen mit
Behinderungen, dabei handelt es sich in Europa um mehr als 80 Millionen. Als
Dachorganisation für europäische Einrichtungen, die Menschen mit Behinderungen
fördern, wurde 1996 der Europäische Verband der
Leistungserbringer für Menschen mit Behinderungen (englisch European Association
of Service Providers for Persons with Disabilities, EASPD) mit Sitz in Brüssel
gegründet. Er vertritt über 17.000 Dienstleister aus mehr als 30 europäischen
Staaten.
„COVID-19
hat das Leben vieler Menschen mit Behinderungen und ihrer Familien mehr als die
meisten anderen beeinflusst“, erklärt Generaldirektor Luk Zelderloo. „Es ist
jetzt dringende Aufmerksamkeit erforderlich, um sicherzustellen, dass Menschen
mit Behinderungen unter gesunden und sicheren Bedingungen im Einklang mit den
Menschenrechtsverpflichtungen der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten
Zugang zu den von ihnen benötigten Unterstützungsdiensten haben.“
Dies
entspricht dem 2008 in Kraft getretenen Übereinkommen über die Rechte von Menschen
mit Behinderungen (UN- Behindertenrechtskonvention) und der Europäischen Strategie zugunsten von
Menschen mit Behinderungen 2010-2020.
Umfrage in 23 Ländern
Im
Zeitraum vom 16. bis 23. April 2020 führte die EASPD eine Erhebung durch, um
einen Überblick zu erhalten und die Situation analysieren zu können. Die
Antworten von 47 Mitgliedern und Partnern aus 19 Mitgliedstaaten der EU, dem
Vereinigten Königreich und drei weiteren Ländern lieferten folgende wesentliche
Resultate:
1. Überwiegend
fehlen persönliche Schutzausrüstung und Corona-Tests.
2. Die
Arbeitsbelastung ist stark angestiegen, die meisten arbeiten länger als vor dem
COVID-19-Ausbruch.
3. Finanzielle
Schwierigkeiten entstehen durch geringere oder schwankende Einnahmen bei
gestiegenen Kosten.
4. Es
mangelt an Planung und Organisation durch Behörden für die Bedürfnisse der
Menschen mit Behinderungen.
5. Pflegeheime
bleiben in der Regel weiterhin geöffnet.
6. Bei
anderen Dienstleistungen wird der persönliche Kontakt weitgehend unterlassen,
mit Ausnahmen bei häuslicher Pflege von Personen mit sehr hohem Unterstützungsbedarf
und bei Tagesstätten für Kinder von systemrelevanten Arbeitskräften.
7. Um
vollständige Schließung zu vermeiden, werden Dienstleistungen teilweise
verlagert, zum Beispiel online bereitgestellt. Dies ersetzt jedoch nicht die
individuelle Betreuung vor Ort.
8. Bei
häuslichen Pflegediensten wurden Beschäftigte neu eingestellt, um die erhöhte
Arbeitsbelastung zu bewältigen. Arbeitsplatzverlust und Kurzarbeit stellen sich
hier nicht als problematisch dar.
9. Dagegen
bestehen große Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen der Krise auf die
Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen.
10. Bei Dienstleistungen in
Pflegeheimen existiert weiterhin ein erheblicher Personalmangel. Die Fachkräfte
arbeiten oft zusätzliche Stunden, um die Dienstleistungen sicherzustellen.
Welche Maßnahmen sollen umgesetzt werden?
Auf allen Ebenen sollten Behörden aktiv daran arbeiten, Lösungen für
diese Probleme zu finden und Dienstleister für Menschen mit Behinderungen vor
den Folgen der COVID-19-Krise zu schützen. Den politisch Verantwortlichen
werden fünf Prioritäten empfohlen: Dienstleistern für Menschen mit Behinderung muss
eine höhere politische Dringlichkeit eingeräumt werden, sie müssen bevorzugt
auf persönliche Schutzausrüstung und Tests zugreifen können, ausreichend mit
Personal ausgestattet sein, vor Einkommensverlusten geschützt werden und in die
Planung von Szenarien besser einbezogen werden.
Zur
Verwirklichung dieser Ziele will die EASPD in den kommenden Monaten weitere
Daten sammeln und mit der Forschung zusammenarbeiten, um Behörden und
Dienstleistern für Menschen mit Behinderungen dabei zu helfen, auf die
COVID-19-Pandemie bestmöglich zu reagieren.
Den EASPD-Bericht
„Auswirkungen von COVID-19 auf Dienste für Menschen mit Behinderungen in Europa“
finden Sie hier (verfügbar in englischer Sprache).